2 9 2 ,1V. HAUPTST. LANDES-VERGKÜSs.
können uns deshalb auch noch auf eine schon oben er
wähnte Abhandlung eines andern französischen Physikers
— Pouget (i) — beziehen, welcher die Bildung
des neuen Landes, wie sie an der Küste von Langue- I
d o c vorgeht, sehr lehrreich beschreibt. Dieser Schriftsteller
entwickelt insbesondere: wie die dortigen Lagu- I
nen oder Etangs an sich zwar schon seit der ganzen hi- I
storischen Zeit bestanden haben mögen, wie sie aber I
immerfort seichter werden, wie man ihrem derein- I
stigen gänzlichen Austrocknen, und dagegen der Bil-
düng neuer ähnlicher Abschnitte im jetzigen Meere mit I
Grunde entgegen sehen kann, und wie die jetzt hinter I
ihnen trocken liegenden Ebenen in früherer Zeit ohne I
Zweifel mit ihnen gleiche Beschaffenheit gehabt haben. I
Ai g u e smo r t e s hat gewifs zur Zeit Ludwigs des I
Heiligen .nicht am Ufer des Meeres gelegen, sondern I
an einem schiff baren Ganal oder Arme des Rhon e , wie I
heute, oder, wie Pouget glaubt, an einem Binnenwas- I
ser oder sogenannten E t cm g der damals noch schiffbar I
war und jetzt zu einem Moraste geworden ist. Die I
Versandung eines solchen Strom-Armes kann stärker I
oder minder bedeutend gewesen seyn, je nachdem von I
Seiten der Regierung oder der Behörden mehr Auf- |
merksamkeit auf das Reinhalten des Fahrwassers gewen- I
det worden is t; daher kann allerdings manchmal die I
Versandung in Einem Zeiträume gröfsere Fortschritte I
in einem Andern einen Stillstand zu machen geschienen I
haben. Nun giebt aber selbst Herr D a x die wirklich I
statt findende Versandung der dortigen Flufsmündungen I
zu; also ist Pitots Aeufserung darüber vollkommen pas- 1
send und richtig, und steht nicht einmal in Widerspruch I *14
j~) Poulet Mém. sur les attérrissemens des cötes du Lan- I
guedoc, im Journal, oder Observations de Physiqne, T. I
14. p. 281.
mit dem was D a x selbst annimmt, woraus er aber nur
nicht den richtigen Schlufs zieht.
An die einzelne Erzählung von dem Einschiffen des
heiligen Ludwig brauchen wir uns daher nicht zu halten,
um die Landbildung an den Mündungen des
Rhone zu beweisen. Wir haben dafür bereits wichtigere
und höher in das Alterthum hinaufreichende
Gründe dargelegt.
Noch müssen wir einen Augenblick bey dem verweilen,
was uns die Ueberlieferung sonst von der Geschichte
derselben bietet; und was ebenfalls die daselbst
allmählich erfolgte Bildung eines verhältnifsmäfsig bedeutenden
Delta beurkundet.
Die Angabe, dafs die Mündung des Rhon e bey der
Stadt Ar l es — die jetzt acht Lieues vom Meeresufer
entfernt liegt — gewesen sey, wollen wir nur anführen,
ohne sie zu beachten. Man bezieht sich dafür blofs auf
die dem Aethicus zugeschriebene Cosmographie (r), dort
ist sie aber nicht einmal deutlich enthalten, da es darin
von den vereinigten Flüssen Rhodanus und Ajrar
nur heifst: in mare ingrediuntur egressi Arelatum; sie
ist aus einer zu jungen Zeit um hier von einigem
Gewichte zu seyn. Strabo (2), sich auf Polybius stützend,
gedenkt zweyer Mündungen des Rhone durch
welche eine Insel gebildet werde, und widerspricht denen
die dem Flusse sieben Mündungen beylegen, oder
einen See der oberhalb seines Ausflusses liege mit zu den
Mündungen rechnen wollen; indessen sagt er doch gerade
nicht, dafs es deren nur allein die zwey gebe, welche
die Insel bilden, auf der der Dianentempel gestanden
habe, und zählt sie überhaupt nicht. Bl ela (3) er- 1
1) Cosmogr. Melae annexa, ed. Gronovii, Lugd. Rat. 1696
in 8vo p. 39.
2) L. 4. T. 2. p. 21. 3) L. 2. c. 5.