zeigt uns, dafs diese Abnahme seit Jahrhunderten beobachtet
worden ist. Wir haben oben angemerkt, wie
verschieden die Angaben der Alten von der Gestalt und
Gröfse des Caspischen Meeres sind, und zwar Angaben
aus Zeiten viele Jahrhunderte jünger als der muth-
mafsliche Durchbruch des Schwarzen Meeres. Die
Natur der Sache ergiebt auch, dafs eine fernere Verminderung
des Wassers im Caspischen, nach seiner
Absonderung von jenem, durchaus besondere den Verhältnissen
des Caspischen Meeres eigenthümliche und
mit dem Schwarzen in keiner Beziehung stehende Ursachen
gehabt haben mufs. .
Die Anwohner des C a s p i s c h e n Mee r e s , die
Perser , und neuerlich auch die Rus s en haben seine
Abnahme deutlich wahrgenommen, und die physische
Beschaffenheit der Steppen, die es umgeben, beweist sie
sehr genügend , wie wir schon oben zu zeigen versucht
haben,
Dafs der Verluft, welchen es, seit es nicht
mehr mit dem S c hw a r z e n Mee r e verbunden
war, am Zuflufs von Strömen, die jetzt blofs dem
S c hwa r z e n Me e r e zufallen, erlitten hat, nach
Verhältnifs des ihm noch gebliebenen ansehnlichen
Umfanges zu grofs war, als dafs durch die ihm
allein gebliebenen Ströme der atmosphärischen Verdünstung
von seiner Oberfläche das Gleichgewicht
hätte gehalten werden können, ist wahrscheinlich,
und mag einer der Gründe seiner Verminderung seyn.
In den, von den Flüssen welche sich in dieses
Meer ergiefsen an seinen Küsten bewirkten Alluvio-
nen könnte man zwar eine Ursache der Verkleinerung
der Oberfläche finden, aber nicht des Sinkens derselben.
Die höchstbedeutenden Alluvionen, die daselbst
gebildet werden, haben schon die Aufmerksamkeit der
Alten erregt (1).
Aber es zeigen sich Erscheinungen bey diesem grös-
sesten aller Landseen, welche noch auf ganz andere
Ursachen des Sinkens seiner Wasserfläche schliefsen
lassen. Man hat nähmlich an mehreren Puncten desselben
bemerkt, daf s di e T i e f e des Wa ss e rs zug
enommen hat (2), wä h r e n d do ch de r S p i e gel
selbst g e f a l len ist. Man hat an der Insel
Ida k an der Südostküste, nördlich von As t r a ba t
bemerkt, dafs diese Insel, ehedem ein hohes Land,
jetzt ganz niedrig ist. Man mufs daher auf den Gedanken
kommen, dafs der Boden des Ca spi s ch en
Meer es selbst Veränderungen erleide, welche das Sinken
des Wasserspiegels nach sich ziehen. Engelhard
und Parrot glauben daher, dafs Einsinkungen und Spaltungen
im Boden des Meeres statt gefunden haben
könnten, welche nicht nur seinen Wasserspiegel erniedrigt,
sondern selbst einen Theil seines Wassers in unterirdische
Tiefen abgeleitet haben müfsten. Die Entstehung
solcher in der Folge wieder geschlossenen Spalten
möchten diese Naturforscher v u l c a n i s c h e n Er-
c i g n i s s c n zuschreiben, "wozu die vulcanische Beschaffenheit
mehrerer Küstengegenden des C a s p i sch
e n Mee r e s und die daselbst so häufigen Naph-
taquellen zu berechtigen scheinen.
Wir kommen endlich zu demjenigen, was g e g en
die Hypothese vom Durchbruche des Bo spo r s und
eine dadurch hervorgebrachte Ueberschwemmung der
Küsten um die äufseren Meere aufgestellt worden ist,
und zu anderen Erklärungsweisen des veränderten
1) Strabo L. II. T. 4. p. 420.
2) Engelhard' u.» Parrot angef. Reise Thl, i* S* 257 “ 2(>4*