mals tief in das Land eingedrungener Meerbusen zugefüllt
worden.
Schon H e k a tä u s (etwa 150 J. vor H e r o d o t ) sagt:
dafs der Nil durch seine Niederschläge einen Theil
Ae g y p t e ns gebildet habe (x), ohne sich weiter in
eine Erklärung dieser Naturwirkung einzulassen; und
man sieht daraus, dafs zu seiner Zeit diese Meynung
bestand, eine Meynung zu deren Begründung, in jener
sonst eben nicht den physicalischen Beobachtungen gewidmeten
Zeit, nicht nur eine ziemliche Reihe von
Jahrhunderten, sondern auch noch der Umstand erforderlich
war, dafs ein und dasselbe Volk viele Menschenalter
hindurch das Land gekannt oder bewohnt haben
mufste, von welchem eine solche Tradition bey ihm
herrschend werden konnte. Auch die heilige Schrift
erwähnt dieser Sage, da J e sa ia s (2) von dem Volke der
Aethiopier sagt: c u j u s d i r i p u e r u n t f l u m i n a t e r -
r am e j u s .
H e r o d o t , der sorgfältige überall nach Quellen und
Ursachen forschende Geschichtschreiber, fuhrt nicht
nur die Tradition an, indem er Unt e r ä gyp t en ein
Ges chen k des Flusses nennt, sondern erklärt
auch mit Gründen, dafs er sie für wahrscheinlich
und nicht unnatürlich halte (3). Ja, er läfst sich sogar
in eigene physicalische Muthmafsungen darüber ein,
und äufsert: dals er nicht nur das Land unterhalb
Memphis, welches die Aegyptischen Priester für eine
Alluvion des Nil anerkannten, sondern auch das auf
drey Tagereisen weit oberhalb des Sees Mör i s liegende
für eine solche Alluvion halte, obgleich die l) *3
l) Schol. Apoll. Rhod. IV. 259.
23 18 » X u. 7. nach der Vulgata.
3) Euterpe, c. 5 — 14.
MIT T E L L . MEER. ÄGYPT. 237
Priester von diesem Theile des Landes einen solchen
Ursprung ihm nicht angegeben hätten. Die meisten
und angesehensten Geschichtschreiber und Erdbeschreiber
haben in der Folge dieselbe Meynung angenommen.
Aber obgleich an dieser Erscheinung nicht das
mindeste Auffallende oder Wunderbare ist, sondern
dieselbe im Gegentheile mit allen bekannten physischen
Gesetzen und Wahrnehmungen übereinstimmt;
so sind doch hie und da Zweifel gegen die angenommene
Meynung von der Bildung des D e l t a erhoben
worden. Diese Zweifel entstanden gröfstentheils daraus,
dafs man versuchte, auf die von H e r o d o t angeführten
Nebenumstände, Maase und Zeitrechnungen,
eine Berechnung der Gröfse der successiv zunehmenden
Erhöhung des Landes durch den abgesetzten Nilschlamm
zu gründen, und dafs diese Berechnung, so
wie sie angestellt wurde, Resultate lieferte, welche
man mit der heutigen Beschaffenheit Aegyptens nicht
übereinstimmend fand.
Herodot fügt nähmlich hinzu: nach den ihm von
den Priestern mitgetheilten Nachrichten habe zur Zeit
des Königs Mör i s — nicht völlig 900 Jahre vor H e r o -
d o t (so rechneten die Priester) — der Nil nur acht Ellen
steigen müssen, um den unterhalb Memphis gelegenen
Theil Aegyptens überschwemmen zu können;
zu seiner (H e r o d e *>) Zeit aber müsse er sechszehen
oder wenigstens funfzehen Ellen steigen, um für diesen
Theil des Landes eine Ueberschwemmung hervorzubringen.
Ausleger haben sich an diese Angaben
strenge gehalten, haben danach berechnet, dafs der
Boden Aegyptens in jedem Jahrhunderte beynahe um
Eine Elle erhöhet werde, und dafs er dem zufolge, weil
von H e r o d o t s Zeit bis auf die unsrige 22 Jahrhunderte
verflossen seyen, jetzt noch um 22 Ellen höher gewor