Mitte des achtzehenten Jahrhunderts dem Celsius den
Stoff zu seinen Muthmafsungen geliefert haben.
Doch wir müssen zu den Sätzen selbst übergehen
welche Celsius (1) dafür aufgestellt hat. Wir folgen ihnen
in der Ordnung in welcher er selbst sie an einander
reihet, obgleich diese ganz willkürlich und weder logisch
noch consequent ist. Zugleich werden wir die Gegengründe
anführen, die sich zu Bestreitung der Hypothese
seinen früheren Gegnern und uns selbst dargeboten
haben.
Celsius sagt: 1) Alle Häven, deren Tiefe nicht zu
jähe zugeht, sind mit der Zeit untiefer geworden
, so dafs man einen grofsen Theil der Seestädte
am Bothnischen Busen von ihren alten
und über die TVasserJläche er höh eien Stellen weiter
nieder an den Seestrand gerückt hat, weil
.die Fahrzeuge nicht mehr so weit hinaufkommen
konnten, als: Hud^i cksw a l l , das
58 Jahre nach seiner Anlegung uhgefähr 44° Fam-
mar (Schwedische Klaftern') tiefer ist gerückt
worden ; P i t e a hat man Fine halbe Meile nach
der See zu nach 45 Jahren gerückt, und Bu-
le a nach 2Q Jahren l Meile tiefer. Fben so
können jetzt zu Tornea keine grofsen Fahrzeuge
mehr landen, die doch 1620, da die Stadt
angelegt wurde, dahin kamen. So sind auch
bey Tanum und Gr ib b e s ta d in Bohus -
lehn Haven, da man, wie sich alte Beute noch
von den Zeiten ihrer Kindheit erinnern, mit
einer Jacht anlegen konnte, jetzt aber kaum
mit einem Boote hinkommen kann.
Alles was hier unter 1) gesagt ist, berechtiget
durchaus 'nicht zum Schlulse auf ein Sinken des Mee-
res-Spiegels, sondern gehört zu den in unserm IV. Hauptstücke
aufgeführten Erscheinungen der Alluvion und
Versandung. Schon die Art wie Celsius die Allgemeinheit
der von ihm an Häven wahrgenommenen Erscheinung
dadurch beschränkt, dafs er sie nur von solchen
gelten läfst, „ d e r e n T i e f e ni ch t sehr jähe zug
e h t ” hätte ihn darauf aufmerksam machen können,
dafs diese Beschränkung seinen Satz selbst geradezu
umstöfst. Denn wenn ein wirkliches Sinken des Mee-
res-Spiegels statt fände, so müfste ein solches ja eben
so gut in Häven die jähe Ufer haben, bemerkbar seyn,
als in anderen. Die Orte die Celsius nahmentlich als
Beyspiele der Erscheinung anführt, liegen alle entweder
an den Mündungen grofser Flüsse, wie Pi tea,
Lul e a , To rn e a ; an Flüssen die einen Lauf von
siebenzig bis hundert Meilen mit beträchtlichem Falle
haben, und daher den mitgeführten Sand nicht oder
in geringem Maase unterweges absetzen, sondern ihn
fast ganz ins Meer schwemmen, wo er Sandbänke und
Untiefen bilden mufs; oder sie liegen, wie Hu-
d i c k swa l l , in Buchten wo das Meer schon allein den
Sand und Schlamm zusammenhäuft.
Herr von Buch — durch die ihm in S chwed en
so häufxg vorgekommene und oft wiederhohlte Sage
vom Zurückziehen des Ba l t i s ch en Mee r e s gleichfalls
hingerissen — will zwar nicht wahrscheinlich
finden, dafs solches dort überall durch Versandung
verursacht worden sey , und- sagt (1): solche Meerbusen
werden nicht durch kleine Bäche verschlämmt und
gefüllt, wie die, welche sich hereinwerfen, und Schlamm 1
1) Reise durch Norwegen u. Lappland, Th. 2. S. 278*
Veränd. d. Erdfl. Bd, I. Dd