Schwarzen Meeres durch den Bospor nicht in die
historische Zeit fällt, wenn er gleich aus physischen
Gründen nicht zu läugnen seyn möchte, und dafs die
Fluth, welche er vielleicht veranlafst haben kann,
nicht die zwischen den Jahren 1524 und 1548 vor
C. G. erschienene gewesen ist. Dafs aber die allmähliche
Verminderung des Schwarzen Meeres noch in der
historischen Zeit fortgedauert haben mufs, scheint sich
aus mehreren der oben angeführten Umstände zu ergehen.
Gegen die p h y s i s c h e n für den Du r c h b r u c h
a u f g e s t e l l t en Gründe, und folglich gegen die
Thatsache selbst, abgesehen von ihrer Epoche, hat
man zwar auch einige Einwendungen gemacht, sie
sind aber theils nicht so erheblich als die gegen die historischen
Angaben vorgebrachten, theils beruhen sie
auf anderen Hypothesen, durch welche man die vorhandenen
Erscheinungen lieber erklären mochte. So wollen
Einige den Durchbruch des B o s p o r u s von dem
Drucke des Wassers des Mi t t e l l ä n d i s c h e n Meeres
bewirkt wissen, als der Einbruch des Oc eans
in dasselbe erfolgt war, » und durch die von der
St r a f s e vo n Gib r a l t a r herkommende Fluth soll
das S c hw a r z e und Ca sp i s ch e Meer bis z.u der
Höhe, auf welcher sie sonst standen, angefüllt worden
seyn. Die Vertheidiger dieser Hypothese berufen sich
unter anderen darauf, dafs Plinius (1) dieselbe Ansicht
aufstelle, und sie glauben dadurch das Dä s e y n der
Me e r f i s c h e u n d P h o k e n im Ca spi s chen Mee-
r e erklären zu können. Abgesehen davon, dafs die
Sage vom Durchbruche der Strafse von Gibraliar wo
möglich in noch gröfsere Dunkelheit gehüllt ist, als
fr
1) L. 6. c. 1.
die vom Durchbruche des Bo spo r ; so kann man sich,
wenn man 'den letztem durch den erstem bewirken
läfst, nicht erklären, w as den hohen Wasserstand in
dem nicht geschlossenen Schwarzen Meere eine Zeitlang
erhalten haben, und welcher Ursache die nachher
erfolgte Verminderung desselben zugeschrieben werden
könnte ? Daher scheint uns diese Erklärung ganz verwerflich,
und wir müssen Alles, was die erste Bildung
und Füllung jener inneren Meere, ihre Bevölkerung mit
lebenden Geschöpfen und dergleichen angeht, in das
Gebiet der geologischen Erscheinungen verweisen, in
eine vorhistorische Zeit, in eine Zeit der Erdgestaltung,
in welcher gar nicht die Rede davon seyn kann, ob
diese oder jene unbedeutende Land- oder Meer-Enge
yorhanden war oder nicht.
Andere haben die Vermuthung aufgestellt, dafs die
g ro f s en Flüs s e , besonders der Don und die Wo l ga,
durch Zuführen von Schlamm und Sand, die beträchtliche
Anhöhe in dem Boden der vereinigten
Schwarzen und Caspischen Meere gebildet hätten,
welche sich immer mehr erhöhend endlich zum Isthmus
zwischen beyden geworden sey, und sie auf immer
getrennt habe (1). Daraus würde sich nun wohl
diese T r e n n u n g allenfalls, und auch die nachher
erfolgte Abnahme des Ca sp i s chen Me e r e s erklären
lassen, weil diesem bey der Trennung die geringste
Masse des vormals gemeinschaftlichen Zuflusses
zugetheilt wurde; aber auf die Ab n a hme des
A s s ow s e h e n und S c hwa r z e n Mee r e s konnte
die blofse Bildung eines solchen Isthmus keinen Ein-
flufs haben, und diese Hypothese läfst daher die hinl)
Dr. A. yj/ilh. Kephaliaes de Historia Maris Caspii. Got.
tingae. 1814.