welche wir anstaunen, höchstens auf die oberflächliche
Umgestaltung eines Raumes von einigen Quadratmeilen
wirksam gewesen, ein Raum der gegen
den Umfang der phantastischen A t l a n t i s
verschwindet. Eine Gegend , in welcher man, aus
viel gewichtvolleren, physischen sowohl als halb historischen
(von Sprachen und Menschenracen hergenommenen)
Gründen, das ehemalige Daseyn eines jetzt zertrümmerten
Continents annehmen könnte: Aus t r a l
i e n , zeigt eine ganz andere Gestalt als der Raum
den die vermeyntliche At l an t i s eingenommen haben
soll. Dort sehen wir die Reste des Landes in fast unzähligen
verschieden gruppirten gebirgigen Inseln; hier
wogt ein inselarmer tiefer Ocean.
B o r y schweift mit seinen Vermuthungen über die
A t l a n t i s so weit und noch weiter fast umher als
B a i l ly , nur sind seine Phantasien minder angenehm und
minder verführerisch als die dieses berühmten Opfers
derPöbelwuth. Alle Meynungen, Sitten und Gebräuche,
die man bey anderen Völkern findet, viele welche
sich fast bey jedem Volke allmählich und aus ihm selbst
natürlich entwickelt haben, läfst er ihren Ursprung
bey den Atlanten nehmen. Wer mag sich des Lächelns
enthalten, wenn er von ihnen die Stiftung
der Ves t a l in n en ableitet, und zwar um deswillen,
weil nur auf einer übervölkerten Insel eine solche unnatürliche
Stiftung habe ersonnen werden können, um
dort der zu grofsen Vermehrung der Volksmenge Einhalt
zu thun!
Den Gründen, welche man aus der physischen
Beschaffenheit der jetzigen Inseln hat nehmen wollen,
um sie als Trümmer eines ehemaligen Landes zu betrachten,
stehen übrigens neuere genaue Beobachtungen
entgegen. A le x , v o n H um b o ld t (1) der selbst geneigt
ist, an einen Zusammenhang von Af r i c a mit
Amer i c a in der Urzeit zu glauben, sagt doch auch,
dafs die Az or en für neuere durch vulcanische Ausbrüche
vom Boden des Meeres emporgehobene Inseln
angesehen werden müssen. Von den Cana r i en
zeigt L e o p . v . B u c h (2) auf eine überzeugende Weise,
dafs sie auf gleiche Art entstanden seyn müssen (3).
Von Untiefen zwischen diesen Inselgruppen weis
man Nichts; das Meer um dieselben ist vielmehr von
außerordentlicher Tiefe. Das was P lin iu s (wie wir
oben schon erwähnt haben) von Untiefen in der
S t ra f se v o n Gib r a l t a r sagt, gehört hieher gar
nicht, und wir wundern uns, dafs ein neuerer Schriftsteller
(4) diesen, allenfalls für die Sage von einer ehemaligen
Landenge zwischen den Säu len des Hercules
zu benutzenden Umstand, für das ehemalige Daseyn
einer At l ant i s hat anführen können.
Nach allem bis hieher Gesagten, werden wir kaum
nötliig haben, hinzuzusetzen, dafs wir das Daseyn einer
Insel Atl a n t i s , von welcher die Cana r i sehen und
andere Inseln des Atlantischen Océans die Trümmer seyn
sollen, und ihren Untergang zu einer Zeit von welcher
das Menschengeschlecht Berichte haben konnte, nur
für eine Dichtung, nicht aber für eine Thatsache zur
Geschichte der Erdoberfläche halten können.
1) Ansichten der Natur, Th. 1. S. 50. u. 93, u. Journ. de
Physique T. 53. p. 33.
2) Abhandlungen der physical. Classe der Kön. Preus. Acad.
d. Wiss. aus den Jahren 1 gr 8 — 19.
3) s. auch Voyages de découvertes aux terres Australes, red.
par jtf. F. Pérou T. 1. p. 22 — 24.
, 4) Klaiber Mutacionum quas terra et mare subierunt exem'
pla. etc. S. 12.
Verând. d. Erdfl. Bd. J. M