Jumine, Iumn e , Jumne ta, Immu v e t a genannt,
und wahrscheinlich der Ort, aus welchem die heutige
Stadt Wo l l in auf der Insel gleiches Nahmens hervorgegangen
ist, war im eilften und zwölften Jahrhunderte
die ansehnlichste Stadt jener Gegenden und wurde
im Jahre 1170 von dem Dänenkönige FFaldemar I.
verwüstet, und 1177 von dem Rügenfürsten Jaromar
gänzlich zerstört. Alles was das Helmoldsche Chro-
nieou Slavorum von seinem Vin e t a erzählt, pafst
vollkommen auf die Geschichte von J u l i n , und es
ist nicht zu zweifeln, dafs der Nähme Vin e t a entweder
durch fehlerhaftes Ab- und Nachschreiben entstanden
ist, oder dafs der Annalist nur eine Wendische
Stadt (Civitas Veneta) hat bezeichnen wollen. Später,
zu Ende des funfzehenten und Anfang des sechszehen
ten Jahrhunderts schrieb Kranz (1) dem Helmold nach;
jener nennt die Stadt Wi n e t a , erzählt aber das
Mährchen von ihrem Untergange nicht, und bemerkt
noch ausdrücklich, dafs Saxo Grammaticus dieser Stadt
nicht erwähne. Kranzens Ansehen scheint die nächste
Veranlassung zur weitern Verbreitung der Sage von
einem Wine t a gegeben zu haben, welche von da an
von immer mehreren Geschichtschreibern nacherzählt
und erweitert wurde.
Darüber, wie die Sage von dem besondern Untergänge
dieser vorgeblichen Stadt Ipnzugekommen ist,
herrscht gröfsere Dunkelheit; indessen konnte sie
schon darum leicht entstehen und Ansehen gewinnen,
Weil man ohne Zweifel viel und vergebens danach
forschte, wohin eine solche vielgerühmte Stadt, von
welcher sich keine Spur mehr fand, gekommen, was
aus ihr geworden seyn möge? Andere, wenn gleich
f) Vandalia. L. 2. C. ip. u . 20.
minder beträchtliche Verwüstungen der dortigen Küsten
durch das Meer, und die in der See gesehenen
Felsenstücke können dem Mährchen zu Belegen für
Leichtgläubige gedient haben. Die erste Erzählung von
diesem Funde giebt Chytraeus (1), welcher berichtet,
Johann Lubechius, Bürgermeisterzu T r e p t o w an
der R e g a im J. 1564 die Ruinen von V in e t a unweit
Dame r ow auf Us edom im Wasser gesehen habe.
Diese und alle bey späteren Schriftstellern noch vorkommenden
Nachrichten hievon sind aber so dürftig
und unzureichend, dafs ihr Gewicht gegen die neueren
gründlicheren Untersuchungen und Localbeobachtungen
zu Nichts yverden mufs.
Gebhard (2), Schlözcr(3), Zöllner (4), und JWre-
de (5) haben ausführliche kritische Prüfungen desMähr-
chens von Vi n e t a geliefert, die auf historischen Forschungen
und Localbesichtigungen gegründet sind, und
aus denen der Ungrund der ganzen Sage, so wie die
Wahrscheinlichkeit des so eben erwähnten Ursprungs
derselben hervorgeht. Diese würdigen Forscher haben
gezeigt, dafs Fischer und Storch bey ihren Untersuchungen
durchaus nicht gründlich zu Werke gegangen
sind, sondern in einem etwas blinden Vertrauen, älteren
Vorgängern nachgeschrieben haben.
Von Gammi n bis an den Meerbusen von Da n z
i g zeigt zwar die glatte Gestalt der Küste, dafs auf
dieser Strecke das Ansetzen von Land das Uebergewicht 1 2 3 * 5
1) In Prooemio TVLetroipoleos etc. de Episc. Camminenis. p, 32.
2) Geschichte der Wendischen Staaten. S. 47*
3) Im Neuen Teutschen Mercur 180I. Bd. 3. S. 179.
4.) In der oben angeführten Reise. S. 503.
5) In v. Zach's Monatl. Cpfresp. Bd.5. S. 440 folg.