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anden, und Kephalides ist geneigt, ihn für einen nunmehr
auch verschwundenen Ueberrest der Verbindung
zwischen beyden Meeren in der Gegend des kleinen
riusses Man y t s c h zu halten.
Auch bis auf unsere Zeit hat sich unter den Bewohnern
der Küsten des Schwarzen Meeres die Sage
Wrn er Verminderung der Gewässer erhalten. Die
Tataren in der Kr ym z. B. behaupten, dar« das Meer
einst die Felsen der einige Meilen von der Küste entfernten
Stadt Kr ym (Esky Ky r ym) erreicht habe;
zeigen auch an diesen Felsen die Stellen, .an denen unverkennbare
Spuren zu sehen seyn sollen, dafs sie in
der Vorzeit zu Befestigung der Schiffstaue daran eingerichtet
waren (i). Clarke (a) erwähnt auch ei-
nes einige Hundert Fufs über der jetzigen Meeres-
ache befestigten Rmges an Felsen eines Engpasses
zwischen B a k t s c h i s e r a y und der Juden - Cokmie
Ds c h o u f o u t k a l e , von welchem ihm dieselbe Tradition
mitgetheilt wurde, deren Tott und Lady Cra-
ven erwähnen. Er findet sie aber lächerlich, und ist
geneigt, einer andern Nachricht zu trauen, nach wel-
C ^ dCr dlesem PanSe gegenüberstehenden Felsen-
wand des Passes ein gleicher befestigt gewesen sey,
und beyde nur dazu gedient hätten, ein Seil daran zu
spannen für Seiltänzer, an denen sich die Khane belustigt
hätten. Indessen findet er doch Schwierigkeit
zu g auben, dafs ein so weit ausgespanntes Seil einen
Menschen hätte tragen können ohne zu reifsen. Derselbe'
Schriftsteller sagt übrigens bey Gelegenheit eines
.
O Milady Craven Voyage en Crimée etc. en i 786. p. 24a.
der franz. Uebers. — Und Le Bar. de Tott Mem. s. les
Turcs et les Tart. T. 2.
2; Travels P. 1. Vol. 2. 4th edit. p. ^7.
t h b a c . b o s p o r . 113
bey El e t z (über Wo r o n e tz westlich vom Don)
vorkommenden und in grofsen Flözen verbreiteten
Kalksteines voll von versteinerten Seethieren: dafs
solche Erscheinung in der ganzen grofsen Östlichen
Ebene wahrzunehmen sey, welche sich vom Ar al (soll
wohl Ura l heifsen) gegen das Ca s p i s che , As sow-
s che und S c hw a r z e Me e r neigt; als eine ächte
Urkunde für das ehemalige Daseyn einer grofsen Wassermasse,
die einst die ganze T a t a r e y bedeckte,
und deren verminderte Menge durch den Abfluls
am B o s p 0 r u s und in den Da r d a n e l l en noch immerfort
abnehme (1).
Endlich erwähnen wir noch der alten Sage, dafs
Midas bey Gründung von Anky r a einen Anker in der
Erde gefunden, und nach diesem merkwürdigen Funde
die neue Stadt benannt habe (2); was doch ohne Widerrede
beweisen würde, dafs der Boden daselbst ehemals,
und zwar zu einer Zeit, in welcher Schiftarth
getrieben wurde, unter Wasser gestanden haben mufs,
wie Holland , Os t f r i e s l an d und solche Gegenden,
in denen gleichfalls Anker in der Erde gefunden worden
sind, ohne dafs irgend ein Genosse unserer in physischen
Gegenständen aufgeklärten Zeit sich darüber
wundert.
Dieses Alles zusammen genommen berechtigt zu
dem Schlüsse, dafs das S chwa r z e Me e r e ins t
n i c h t nur e inen g röf s e rn Umf a n g , s o n dern
auch e i n e n höhern vVasserstand ge habt
haben mufs, als jetzt. Eine Verengerung seines
Beckens allein würde sich aus den durch die vielen sich
in dasselbe ergiefsenden grofsen Flüsse herbeygeführ-
1) Ebendas. Vol. J. p. 255 — 56*
2) Pausanias L. 1. c. 4.
Veränd. d. Erdfl. Bd, I. H