geblich beobachtetes Steigen des A d r i a t i s c h e n Meeres
zu entkräften. Im J. 1661 wurden beym Aufgraben
eines Feldes ganz nahe bey der Stadt Ad r i a die
Fundamente und das Pflaster eines uralten prachtvollen
Theaters gefunden (welche Ottavio Bocchi in Kupfer
stechen liefs und mit kritischen und geschätzten Anmerkungen
erklärte). Es ist, nach der Gestalt, den
Baustoffen und verschiedenen Inschriften die sich da-
bey fanden', zu urtheilen, gar nicht zu zweifeln, dafs
dieses Theater Etrurisch war, und dafs es in der Zeit
von dem höchsten Flor der Stadt Adri a erbaut worden
seyn mufste, welche als eine ansehnliche Stadt
und Colonie der alten Einwohner T o s c a n a ’ s anerkannt
ist. Die Zeit des Glanzes dieser Stadt, von welcher
das Adr i a t i s che Meer seinen Nahmen erhielt,
gieng aber ungefähr da zu Ende, als die Macht Roms
ihren Anfang nahm. Das Theater kann daher nicht
viel später als vor ungefähr 2500 Jahren erbaut worden
8eyn. Nun weis man auch, dafs die Stadt A d r i a
Weit von allen Anhöhen in einer Lagune des Meeres
lag und einen berühmten Haven hatte, folglich ihr Boden
höchstens um einige Fulse über der Meeresfläche
erhaben seyn konnte. Wäre es daher gegründet, dafs
der Spiegel des Adr i a t i s c h e n Meeres stiege, und
zwar — wie behauptet worden ist — um einen halben
Fufs in hundert Jahren; so müfste der Boden jenes
alten Theaters und der ganzen Stadt jetzt fast 20 Fufs
unter der Meeresfläche liegen. In der That aber ist
heutzutage die Fluth oder der höchste Wasserstand des
Meeres dort, wo ex durch den Canal Bi anco bis
zur Stadt reicht, 8 ÄMSi niedriger als der Boden derselben,
und Einen und einen halben Fufs niedriger als
das aufgegrabene Pflaster des alten Theaters. Uns dünkt,
diese Thatsache sey entscheidend.
Nach diesem Allen, und so lange uns nicht vielleicht
aus anderen Gegenden der Erde Thatsachen von
stärkerer Beweiskraft, als die bisher angeführten haben,
für ein wirklich wahrgenommenes Steigen des
Meeres-Spiegels aufgestellt werden, müssen wir zuge *
ben, dafs dieses, anscheinend durch physische Gesetze
nothwendig werdende Steigen, doch in der That bis
jetzt wirklich nicht hat beobachtet werden können; ja
dafs sich sogar Beweise für die unveränderte Fortdauer
eines gleichen Wasserstandes des Oceans durch viele
Jahrhunderte beybringen lassen.
Noch einige Beweise für die Unveränderlichkeit
des Wasserstandes des Oceans während mehrerer
Jahrhunderte.
Mehrere und sehr wichtige dieser Beweise haben
wir bereits im Vorhergehenden da angeführt, wo eie
L in unmittelbarer Verbindung mit den Behauptungen
über Erscheinungen von entgegengesetzter Art erwähnt
werden mufsten. Hier haben wir nur noch
einige nachzutragen, welche uns ohne jene Verbindung
vorgekommen sind.
Die Felsen am östlichen Theile des alten Alex andria
(in Aegypt en) und alle Felsen am dortigen
I Ufer, in welchen Bäder ausgehöhlt sind, und die, w e lche
den Eingang in den Haven und das Ankern darin
erschweren, zeigen, dafs das Meer dort seit weit
mehr als achtzehen Jahrhunderten keine bemerkbare
Abnahme erlitten hat (x).
1) Dureau de la Malle, Geogr. phys. de la Mer noiro*
Ch. 3. p. 26,