gewagte Hypothese annehmen. Glauben aber hat die
Sage davon in jeder Zeit gefunden, und in so frühe
Zeit sie auch fallen mag, so überredet doch mancher
Umstand, sie nicht gerade über alle Menschen - Ge*
schichte hinaus zu verweisen, und es scheinen allerdings
vor Jahrhunderten noch Spuren in der Meerenge
sichtbar gewesen zu seyn von dem ehemaligen Zusammenhänge
der beyden Continente; Spuren, welche
die Zeit nur nach und nach mehr verwischt, aber auch
jetzt nicht ganz vertilgt hat. Ja, eine fortdauernde
Veränderung der Ufer- und Boden - Gestalt des dortigen
Meeres scheint bis in nicht gar alte Zeit zu reichen.
Eine alte carthagische Sage giebt dem Meere in
der Strafse eine so geringe Tiefe, dafs sie nur von platten
Schilfen befahren werden konnte. Strabo (x)
(nach Strato und Eratosthenes) und Plinius (2) gedenken
einer breiten Sandbank, die sich in derselben
von einem Continent bis zu dem andern erstrecke.
Ersterer drückt sich darüber deutlich aus in den Worten:
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xal xrjg exxog. Letzterer schildert auf eine eben so malerische
Weise diese unter dem Wasser hervorschimmernde
Bank, und sagt: dafs man sie die Schwelle des
innern Meeres (Limen interni maris) genannt habe.
Auch Edrisi (3) gedenkt noch einzelner Untiefen, die
sich in der Strafse befunden haben sollen. Von jener
Bank, von diesen Untiefen, und überhaupt von Seichtigkeit
der Strafse, welche grofsen Schiften die Duxch-
1) L. 1. T. 1. p. 133.
3) bay Hartmann a. a. O.
3) L. 3. in prooem.
fahrt versagten, wissen unsere heutigen Seefahrer
Nichts; man mufs also entweder die Nachrichten von
diesen vormaligen Verhältnissen als völlig unwahr verwerfen
, wozu man doch nicht hinreichenden Grund
hat, oder man mufs zugeben, dafs Veränderungen dort
vorgegangen sind.
Eine weitere Spur von solchen Veränderungen findet
man in den Inseln, welche von den Alten dort aufgeführt
werden, aber jetzt nicht mehr vorhanden sind,
wie wir im ersten Hauptstücke erwähnt haben. Sind
sie vom Meere zerstört worden, so können sie wohl
die Ueberbleibsel der ehemaligen auf dieselbe Weise zerstörten
Landenge gewesen seyn. Solche Ueberbleibsel
sind vielleicht auch die westlich von Gibraltar, nicht
weit von den Europäischen Küsten liegenden Inseln
Al g e z i r a s , Cucal i s , T a r i f a , und die vom Wasser
bedeckte Klippe Aze i t e r a .
Ein vielleicht minder bedeutender, aber doch hier
nicht mit Schweigen zu übergehender Umstand ist die
Ansicht einiger Alten von der Benennung und Absonderung
der Erdtheile. Einige hielten die Eintheilung
| in drey solche Theile: Asi a , Europa und Af r i c a
j für eine Neuerung in der (alten) Geographie und bemerken:
dafs man früher Eur o pa und Af r i c a zusammen
nur für Einen Erdtheil gehalten habe (1).
Neuere Naturforscher haben auch einen Beweis
des ehemaligen Zusammenhanges der Felsen von Abyl a
und Calpe darin zu finden geglaubt, dafs sich auf
dem letzteren Af f en und Zi b e t h k a t z e n einheimisch
finden; Thiere, welche Euro pa in keinem an-
I dem Theile besitzt, und die nach Af r i ca gehören.
l) Sallust, bell. lug. C. 17. — * Martianus Capella L. 6.
de div. terrae. — Orosius, L. 1. c. 2.