Erörterung bis dahin aussetzen, wenn wir erst Von
anderen auf dieselbe Frage Beziehung habenden Erscheinungen
gehandelt haben werden.
Näher liegt uns jetzt die Frage: ob man wo h l
a n n e hmen d ü r f e , da fs d i e h i e r a n g e f ü h r t
e n phy s i sch - ch emi s ch en und me c h a n i schen
Wi r k u n g e n , we n n man s i ch so l c h e
wä h r e n d g ro f s e r Z e i t r äume for td au e rn d
d enk t , a l l e i n hi n r e i ch end g ewe s en seyn
k ön n t en , um die Ze r e i f s u n g e n der L än d e r
und di e -Bi ldung der Me e r engen und i n n e r
e n Mee r e , we l c h e j e t z t da s i n d , h e r v o r zub
r i n g e n ? O d e r ob man nöt h i g habe, dazu
n o c h ande re Ur s ach e n z u Hül f e z u nehmen,
w e l c h e in k ü r z e r e r Z e i t da sse lbe g anz oder I
zum T h e i l e b ew i r k t hä t ten ? als z. B. Erdbeben,
vulcanische Eruptionen, Bersten des festen Landes, I
Einstürzen innerer Höhlen, Erhebungen, und derglei- I
eben, und zwar alle im gröfsten Maasstabe.
Was die auf uns gekommene Geschichte der Erde
von Erscheinungen dieser Art überliefert, ist so klein
und für das Ganze unbedeutend, dafs dadurch die vor- [
her angeführten Wirkungen gar nicht wesentlich ver- I
stärkt oder vermehrt erscheinen; dafs wir also davon
nur wenig neue Hülfe zu Erklärung der grofsen und
allgemeinen Erscheinung vom Umsichgreifen der Meere
erhalten; obgleich man allerdings annehmen kann, dafs
solche Ursachen dabey hie und da, mehr oder weniger
auch mit im Spiele gewesen seyn, in einigen Fällen
dazu die Veranlassung gegeben, in anderen die Wirkung
davon beschleunigt haben können. Da man
aber durchaus nicht berechtigt is t, Erklärungen physischer
Erscheinungen auf Wirkungen von einer Art
und Gröfse zu gründen, von welchen man gar kein
Beyspiel in der Natur hat, und deren Ursachen willkürlich
angenommen werden müfsten; so mufs man
sich, so lange als man'fiur irgend kann, an die Wahrnehmung
halten, und nur da, wo diese zur Anwendung
auf die Erscheinung schlechterdings nicht hinreicht,
zur Hypothese greifen. Dieser Fäll ist einer von
denen, welche wir bey der in der Einleitung getha-
nen Aeusserung: dafs kleine Wirkungen in grofse Zeiträume
ausgedehnt in der Geschichte der Erdrinde
Vieles erklären: im Sinne gehabt haben.
Wir fühlen hierbey gar wohl, dafs an manchen
Puncten der Erdoberfläche sich jetzt Erscheinungen
zeigen können, welche auf den ersten Blick der W ir-
kung vom Umsichgreifen des Meeres ähnlich seyn und
doch von ganz anderen Ursachen herrühren mögen.
Es können z. B. Inselgruppen durch vulcanische Erhebung
oder durch Polypenbau entstanden seyn, dié
vielleicht einige Aehnlichkeit mit anderen durch Zer-
reifsung eines Landes von den Meeresfluthen entstan-
denen zeigen u. s. w. Hierüber, und wo Ueberhefe-
rung • gar nicht Aufschlufs oder Andeutung gewährt,
beruht die Entscheidung ganz und allein auf der genauen
Untersuchung dér geognostischen Beschaffenheit.
Sehr wenig ist davon auf der Erdoberfläche bis
jetzt einer solchen — und zwar geläuterten und gründlichen
Untersuchung unterworfen worden; und man
mufs sich sehr hüten, eine an sich ungegründete Ansicht,
von der vielleicht auch eine gewisse Allgemeinheit
gelten kann, eher auf irgend ein gegebenes Ver-
hältnifs anzuwenden, als dieses auf eine der Naturwissenschaft
genügende Weise erörtert und dargestellt
ist. Deshalb wollen auch wir unsere Ansicht von dem
Umsichgreifen des Meeres auf die bisher angeführte
und durch Beyspiele belegte Weise, durchaus nicht
Vferänd. d. Erd fl. Bd I. O