4 6 2 % HAUPTST. STEIG. D. MEER. SPlEG.
F r a n k r e i c h Spuren der Abnahme des Meeres sowohl
in den Formen als in den Versteinerungen Wahrneh-
me (i) * dafs auf T e n e r i f f a bey dem Haven Oro t a v a
oder L a Fa 2 eine gegen die Unebenheit des übrigep Bodens
der Insel sehr abstechende Ebene liege, welche man
für ehemaligen Meeresboden halte (2); dafs an der
Westküste des nördlichen A f r i c a etwa acht englische
Meilen vom Meere ein Felsen-Absatz ziemlich parallel
mit der Küste fortlaufe, welcher eine ehemalige Küste
gewesen zu seyn scheine, auehdort sich mehrere trockne
Thäler zeigen', die ehemals Buchten des alten Meeres
gewesen zu seyn schienen (3) und dergleichen mehr.
Sagen vom Steigen des Meeres- Spiegels.
Aus den im vierten Hauptstücke zusammmengestell-
ten Thatsachen ergiebtsich, dafs, wenn eine Verände-
rüng im Wasserstande des Meeres angenommen werden
könnte, solche naturgemäfs eher im S t e i g e n als im
F ä l l en des Spiegels bestehen müfste, vorausgesetzt
däfff die Wasserinasse selbst keine Verminderung erlittet
Es liegt uns daher ob uns umzusehen, ob sich für das
S t e i g e n des Spie g e l s Beweise, und zwar haltbarere
als die auffinden lassen, welche man für das Sinken
desselben hat aufstellen wollen.
Wirklich finden wir mehrere Beyspiele aufgezeichnet,
aus denen das erstere hervorzugehen scheint, und
nahmentiich in denselben Meeren, in denen man die 135
i> v. Zach Correspondance astronomique T. 5. p. 223,
2) Ebend, Aniiee l8ig. 2d. Cahier p. 171.
. 3) Riley Schicksale und Reisen an der Westküste und
im Innern von Africa a. d. Engl. Jena 11818- S. 59, 129.
135- 163- 17^ 28l< 299.
STEIG. D. MEER. SPIEG.
Beweise für das Sinken zu finden geglaubt hat. An den
Küsten vonBed f o rd soll das Meer in Verhältnifs zu
dem Lande jetzthöher stehen, als ehemals. Die Gegend
welche man die Moräste von L i n c o l n s h i r e nennt,
soll in der Mitte des zwölften Jahrhunderts eine fruchtbare
und reizende Gegend gewesen seyn, die theils aus
Wäldern und Seen, theils aus cultivirtem Lande bestanden
haben soll und wo Wein und Obst gebaut, und die
stärksten Eichen und Kiefern, Bäume die nur einem
trocknen Boden eigen sind, gezogen worden seyn sollen.
Diese Gegend hat in den letzten Jahrhunderten
eine .solche Verminderung des Abzugs ihrer Gewässer
in das Meer erlitten, dafs sie zu einem ungesunden,
nicht mehr culturfähigfen Moraste geworden ist, eine
Veränderung welche dengröfstenTheil ihrer Bewohner
daraus vertrieben hat (1). Beyspiele wie dieses genügen
noch nicht, eine wirkliche Erhöhung des Meeresspiegels
zu beweisen. Niedrige Küstengegenden , welche
vieles Wasser von höher liegenden lJuncten und aus
der Atmosphäre empfangen, bedürfen eines starken
Abzugs gegen das Meer um sich dessen wieder zu entledigen
und nicht zu versumpfen. Dieser Abzug kann
sehr leicht durch dieLandanspühlungen aus dem Meere
und durch die welche die Landgewässer selbst mitbringen
gehemmt werden, indem sich dadurch die Abflufs-
canäle verstopfen oder wenigstens ihre Betten erhöhen.
Geschieht dieses, so erfolgt unfehlbar das Versumpfender
niedrigen Gegend, ohne dafs es dazu einer Erhöhung des
vorliegenden Meeres-Spiegels bedarf. Man ist daher nicht
berechtigt von dem Versumpfen einer solchen Gegend
gleich auf diese Erhöhung zu schliefsen, um so weni- 1
1) "^Wlanhy history of St. Davids in Soutlrwales. —- Monthly
Magazine Febr. igid. p. 3.
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