hunderte müfste sich selbst nach Celsius Hypothese die
Gestalt des Landes ja bereits gänzlich verändert haben.
Wir haben diese Nachrichten der berühmtesten
alten Erdbeschreiber hier so ausführlich um deswillen
beygebracht, weil sie eben diejenigen sind, auf welche
die Vertheidiger der allmählichen Erniedrigung
des Wasser-Spiegels im Ba l t i s chen Meer e, die Annahme
stützen, dafs die Alten S c a n d in a v i en noch
als Insel gekannt haben sollten.
Wenn man aber bedenkt, wie dunkel und unbestimmt
eben diese Nachrichten sind, welche die genannten
Schriftsteller über jene ihren Landsleuten ganz
unbekannten Gegenden geben; wenn man erwägt,
dafs sie höchstens von den südlichen Theilen derselben,
von den allerdings beträchtlichen Däni s chen
In s e ln, von Schonen u. s. w. einige wenige doch,
höchstentstellte und fabelhafte Notizen haben konnten;
dafs man zu ihrer Zeit nicht bis über den P o l
a rk r e i s , der No rwe g e n und S c hwe d e n durch-
.schneidet, vorgedrungen war; dafs die Süd- und West-
Küsten von No rwe g e n von grofsen und tiefen Buchten
(F i o rde n) eingeschnitten sind, welche die in
das Innere nicht vorgedrungenen Seefahrer leicht für
Meerengen halten konnten, ja bey dieser den Scandi-
navischen Küsten ganz eigenthürnlichen Gestaltung halten
mufsten, und dafs es ihnen an Nachrichten aus
dem Innern dieser Länder gänzlich mangelte; so wird
man auf diese älteren vagen Angaben gewifs kein solches
Gewicht legen, dafs man daraus beweisen möchte:
Sc andina v i en müsse zu jener Zeit eine insularische
Beschaffenheit gehabt haben. Ein aus diesen Nachrichten
genommener Grund für ein Sinken des Meeresspiegels,
durch welches die Verbindung Scan di na-
v i e n s mi tRuf s l and erst hervorgetieten wäre, ist
folglich ganz unzulässig, und was JDalin (1) darüber
keck auszusprechen und darauf zu bauen gewagt hat,
ist — Nichts.
Wir setzen noch hinzu: Wenn das Sinken desMee-
res-Spiegels, oder die Erhebung des Landes, nach Celsius
und JDalin's Vorstellung, wirklich erfolgt wäre,
und S c andina v i en noch zur Zeit des Plinius oder
Ptolemaeus aus mehreren Inseln bestanden hätte; so
müfste es in dem kurzem Zeiträume von dem Zeitalter
des letztem an bis zu dem neunten Jahrhunderte ungefähr,
wo die ganzen West- und Nord-Küsten Scan dinavi
e n s, und sein Zusammenhang mit Ba rmi a
(dem nördlichen Europäischen Ruf s f and) durch
Others Reise längst diesen Küsten bekannt wurden, aus
einer oder mehreren Inseln zu einem Theile des Con-
tinents geworden seyn. Nachher müfste wirklich ein
Stillstand in diesem vermeyntlichen successiven Sinken
des Meeres-Spiegels bis in die neuesten Zeiten eingetreten
seyn; denn wäre es in den seit Others Zeit
verflossenen Tausend Jahren eben so fortgegangen wie
in den zwischen Plinius und Other verflossenen Achthundert,
so würden doch ohne Zweifel bessere und
reichhaltigere Notizen aus allen Zwischenzeiten über
diese allmähliche Veränderung in einem schon in der
Cultur fortgeschrittenen Lande auf uns gekommen
seyn; und man würde sich nicht blofs an so armselige
Traditionen haben halten müssen, um darauf eine
Träumerey von der Wasserabnahme zu gründen, wie
die Erzählungen ungebildeter Bauern und Fischer aus
der vorletzten Generation sind, welche erst in der l)
l ) G e s ch ich te des R e ich s S chw ed en . T eu ts ch e (Jebers. T h . i.
S. 12. u. 13.