
wir hatten Südwind — doch rasch von Statten. Noch etwa 1 Stunde lane-O
hatten wir zu beiden Seiten Palmenwälder, dann kam die trostlose Wüste
mit kleinem Gesträuch und niedrigen Gräsern. Nach etwa 3 Stunden erreichten
wir die Stätte, wo ehemals einander gegenüber an beiden Ufern
die 2 Haupt- und Eesidenzstädte der Seleuciden wie der Sasaniden, Se-
leucia und Ktesiphon — jetzt el Madäin „die 2 Städte“ genannt — gestanden
hatten, erstere am rechten, letztere am linken Ufer, obgleich es wegen
der bedeutenden Krümmungen, die der Tigris macht, uns umgekehrt erschien.
Von Seleucia ist keine Spur mehr übrig geblieben; nur eine niedrige
mit Sand überdeckte, zum Theil auch mit Gras bewachsene Hügelreihe, unter
welcher Ruinen von Gebäuden oder wahrscheinlicher von der Mauer der alten
Kapitale verborgen sein mögen, bezeichnet noch ihre Stätte. Die Ueber-
schwemmungen des Tigris, dessen Ufer auf der ganzen Strecke sehr niedrig
sind, haben vielleicht hinweggespült, was die Zerstörungswuth der Eroberer
übrig gelassen hatte. Auch auf dem linken Ufer, auf welchem Ktesiphon
stand, sieht man solche Hügel, und ausser diesen nur noch nahe dem Ufer
den Rest eines grossen Gebäudes, Palastes, eine hohe Yorderwand mit Thor
und 2 kleinern Pforten zur Seite, und dahinter ein Gewölbe, dessen hintere
Seite ebenfalls durch eine Quermauer verschlossen ist. Dies» ist Alles, was
von dieser Residenz noch übrig ist. Nomadisirende Araber weideten in der
sumpfigen Nähe ihre Heerden. Sic transit gloria mundi! Hinter dieser
Ruine ist das Grabmal eines muhammedanischen Wely (Heiligen) mit einer
einsam daneben stehenden Palme, und vor derselben ein anderes Heiligengrab.
Am späten Nachmittag hielten wir an, um Holz einzunehmen, und
blieben wegen der Schwierigkeit der Fahrt auf dem breiten, viele, seichte
Stellen enthaltenden Strome gegen 8 Uhr Abends liegen. Da es in der Kajüte
zu heiss war, so betteten wir uns auf dem Verdeck, und schliefen sehr
gut bis kurz nach 3 Uhr Morgens, da die Fah rt weiter ging. Beduinen mit
Kameel- und andere nomadisirende Araber mit Ziegen-, Schaf- und Rinder-
heerden von dem Stamme Sobeid waren am rechten Ufer zerstreut; einige
Lehmfestungen arabischer Häuptlinge sahen wir nahe am Ufer, und um
2Va Ghr Nachmittag hielten wir bei Küt el Ammära am linken Ufer, um
abermals Holz einzunehmen. Diess ist eine kleine Araberkolonie mit erbärmlichen
Strohhütten und 2 am rechten, wie am linken Ufer erbauten
Lehmfestungen des Gouvernements. Von da aus geht ein Kanal, welcher
oberhalb Süq esch Sehiuch in den Euphrat fliesst. Gegen 8 Uhr Abends
rasteten wir wieder, und litten in dieser Nacht gewaltig von Mücken und
Muskito’s.
Sonnabend, den 27. Mai, brachen wir zu derselben Zeit wie am vorigen
Tage wieder auf. Schon Tags vorher hatten wir in südöstlicher Richtung
die Ausläufer des Puschti kuh gesehen, einer Gebirgskette, welche jetzt
die Gränze zwischen Persien und der Türkei bildet. Von dem Ende derselben
geht diese in gerader Richtung bis nach Muhammera, dessen Besitz
noch streitig ist, und dann weiterhin dem Strom entlang. Am diesem Tage
hatten wir den Puschti kuh im Osten. Wir kamen bei mehrern Lagern der
Araber von dem Stamme Albu Muhammed vorbei, und kurz nach Sonnenuntergang
sahen wir das Grab Esra’s, von den Arabern ’Osair genannt. Es
liegt.dicht am Ufer, und besteht aus einer theilweise mit glasirten Ziegeln
überdeckten hohen Kuppel in einem ummauerten Hofraum, welcher einige
Palmen in sich schliesst. Ausserhalb desselben stehen ebenfalls 3 Palmen
Wir fuhren bis gegen 10 Uhr in der Nacht, und hielten in der Nähe von
Qurna, welches ich aber wegen der Dunkelheit nicht sehen konnte. 2 Stunden
südlich davon ist der Einfluss des Euphrat in den Tigris, welcher letztere
von Küt el Ammära aufwärts Didschlat, von da bis zu dem Einfluss
des Euphrat „Ammära“ (weil sein Lauf von da.an.geregelter ist), und von
dieser Stelle bis zu seiner Mündung Schatt el ’Arab genannt wird. Sonntag,
den 28., landeten wir früh um 8 Uhr in Kü t, nördlich von Basra gelegen,
bei dem Hause des englischen Viceconsuls, John Taylor. Küt, ein
Name, welcher in dieser Gegend öfter vorkommt, bezeichnet ein Quadrat
Lehmboden dicht am Flusse. Hier ist blos das geräumige Consulat, von
dem Vater des gegenwärtigen Consuls, welcher früher die Stelle des Sohnes,
und dann die eines ostindischen Residenten und englischen Generalconsuls
in Bagdäd bekleidet hatte, erbaut, weil Basra einer der ungesundesten Orte
der Welt ist. Wir fanden hier: ein grosses Kriegsschiff, the Queen, einen
Dampfer von 500—540 Pferde-Kraft, und 1400 Tonnen Gehalt, mit vielen
68-Pfündern und einer zahlreichen Schiffsmannschaft. Das unserige, der
Comet, hatte nur 40 Pferde-Kraft, zwei 9pfündige und sechs 4pfündige Kanonen,
4 Flinten zu pfundigen Kugeln, 2 Röhren zum Abfeuern von
Brandraketen und 40 Flinten, alles Gewehre mit Schlössern. . Cap. Trouth
machte, da er ein jüngerer Kapitän als Cap. Jones war, gleich nach unserer
Ankunft mit Consul Taylor unserm Kapitän einen Besuch auf seinem Schiffe.
Wir frühstückten noch am Bord, und begaben uns sodann in das Consulat,