
Nach seiner (Manekdschi’s) Versicherung gieht es keine Secten unter ihnen;
die einzige Differenz zwischen den indischen und persischen Gruebern soll
darin bestehen, dass die Letztem um 1 Monat weiter in ihrer Berechnung
sind. Sie haben das Sonnenjahr mit 365 Tagen, und legen nach je 120 J a h ren
1 Monat zu, welches die indischen 1 Mal unterlassen haben sollen. Jeder
Tag ihrer Monate*hat einen besondern Namen, die Eintheilung nach Wochen
haben sie bekanntlich nicht. -— Da die Parsi vor den Moslems in steter
Furcht leben, so haben sie in Jesd keinen allgemeinen Ateschgah, Feuertempel,
sondern jeder Hausvater hat in seinem Hause einen solchen, vor
welchem er den Gottesdienst verrichtet. Sie halten diess aber sehr geheim,
so dass wir nichts davon gewahr wurden, obgleich in die Zeit unsers Aufenthalts
auch eins ihrer Feste fiel. — Eind- und Schweinefleisch dürfen sie
nicht essen, jenes, weil es von einem heiligen, dieses, weil es von einem unreinen
Thiere kommt. — Pazend ist nach ihnen der Name der spätem Zend-
oder der altern Pehlewisprache. Diese, die Pehlewisprache, wird in der Deri-
sprache Hazwäresch genannt; Deri aber ist der Name der jetzigen Sprache
der Parsi, welche erst seit einigen Hundert Jahren sich unter ihnen gebildet
hat, und ein Jargon des Neupersischen ist, aber auch einige ältere Formen
bewahrt hat.
Jesd soll nach der Versicherung eines Molla, eines muhammedanischen
Gelehrten, welcher uns besuchte, eine Bevölkerung von 100,000 Seelen
haben; mir scheint diese Angabe sehr übertrieben, obgleich der Umfang der
Stadt sehr gross ist, da viele Häuser, wie vielleicht in allen Städten Persiens,
ganz verwaist, ihre Bewohner ausgestorben sind. Die Gassen sind
nicht gepflastert. An vielen Häusern sieht man kleine 4eckige Thürme,
welche in Form eines Parallelogramms etwa 1 Stock hoch über den Dächern
herausstehen, mit vielen Einbiegungen, 3 4 an jeder Seite. Sind diese zu,
so ist es ein Zeichen, dass darunter eine Moschee ist; sind sie aber nach
hinten zu offen, so heissen Sie Bädgir „Windfänger“, und haben den Zweck,
den Gemächern, mit denen sie in Verbindung stehen, Luft und Kühlung zu
bringen. Es war damals noch sehr warm, im Winter C ' dagegen soll es
empfindlich kalt werden, und der Wirth versicherte uns, dass man von Ende
August an schon nicht mehr auf den Dächern schlafen könne. Ausnahmsweise
hatten wir auch schon in der Nacht vom 27. zum 28. Ju li einmal
einen tüchtigen Regenschauer, so dass wir in Begriff waren, unsere Betten
von dem Dache herunter zu bringen. Die Abende und Nächte waren hiei
abwechselnd sehr warm und kühl. Merkwürdig war mir auch, dass ich gar
keine Sternschnuppen sah, wie bei uns; sie waren stets raketen- oder kometenartig
mit einem leuchtkugelähnlichen hellen Punct, der zuweilen verschwindet,
und plötzlich wiederkehrt, und einem langen, feurigen Schweif.
Die Gärten von Jesd liefern viel Obst, namentlich treffliche Pfirsichen
die Aprikosenzeit war schon vorüber — guten Wein und wohlschmeckende
Wassermelonen; sie sind von tiefen Furchen durchschnitten, durch welche
das Wasser aus den Kanälen nach einer gesetzlich bestimmten Vertheilung
geleitet wird, so dass jeder Garten alle 5 — 10 Tage einmal bewässert, wird.
— Es giebt auch hier, wie in dem ganzen Orient, viele Lachtauben mit
grau-braunem Gefieder und einem schwarzen Ring um den Hals, die man Op
uchta nennt; in Hille nannte man sie fuchte, aber das arabische f scheint
man hier gar nicht zu kennen, daher man auch pursi für färesi spricht.
Man sieht hieraus, dass man auch hier, wie in Schiräs, das lange a wie o
oder u spricht; in Schiräs scheint diess nur vor n und zuweilen vor m stattzufinden,
wie ihtirum für ihtiräm, ündscha für ändscha, Ispahün, Teheran
für Ispahän, Teherän, hier aber auch in ändern Fällen.
Unsere Ankunft musste sich, da so selten Europäer dahin kommen, wie
ein Lauffeuer durch die ganze Stadt verbreitet haben; denn schon am folgenden
Morgen kam ganz früh Molla J is ’chak, ein Rabbine, an welchen
Mr. Brühl einen Brief von dem Molla (Rabbinen) aus Schiräs hatte, mit
einem ganzen Gefolge von seinen Glaubensgenossen, um ihm einen Besuch
abzustatten. Kaum waren diese fort, so liessen 9 H in d u s, Kaufleute aus
Sind, und zwar aus Schikarpür, uns fragen, ob sie uns ihre Aufwartung
machen dürften, da sie gehört hatten, dass wir Engländer seien — denn
auch ich reiste als Engländer, weil man in jenen Gegenden nur die Namen
der Engländer und Russen, und hier und da auch der Franzosen kennt, von
Deutschland und Preussen hat man natürlich keine Ahnung. Sie waren
erst seit 5 Jahren unter englischer Botmässigkeit, und des Handels wegen
nach Jesd gekommen. Als wir ihnen grossmüthig ihre Bitte gewährt hatten,
schickten sie uns zuvörderst einen grossen Präsentirteller mit Kandelzucker,
und traten kurz darauf selbst ein. Da sie nur ihre Landessprache verstanden,
so mussten wir mit Hülfe eines persischen Dolmetschers uns mit ihnen
unterhalten. Alle hatten einen grünen Talar, und auf dem Kopfe die persische
Kulah; mitten auf der Stirn waren sie gezeichnet, die Meisten hatten
ein rothes Zeichen 2 , der Eine, der Vorsitzende hatte ein anderes