
Angstruf an Gott und Muhammed auspresste. Wegen der vielen Krümmungen
des Stromes waren sie alle Augenblicke genöthigt, dem Segel eine
andere Sichtung zu geben, und diess ermüdete sie so sehr, dass sie schon
gegen A1/2 Uhr Abends das Boot an das Land zogen, und dort übernachten
wollten. Diess war eine Stelle, wo niedriges Gesträuch auf sumpfigem Boden
in einer Art von kleiner Bucht stand. Sie thaten diess hauptsächlich auch
desshalb, weil gegen Sonnenuntergang — wie fast immer — der Wind plötzlich
nachliess und bald darauf in Nordwind umschlug, so dass sie genöthigt
waren zu rudern, und das Boot zu ziehen. Ich liess sie ihr Essen bereiten
und geniessen, bestand aber sodann darauf, dass sie nach einer ändern Stelle
fuhren, wo kein Sumpf und kein Gesträuch war; denn ich hatte Furcht vor
Schlangen, die an solchen Stellen besonders hausen. Sie entgegneten, dass
an allen ändern Stellen Beduinen, Löwen und anderes Ungeziefer den Aufenthalt
unsicher mache; ich erwiderte ihnen aber, dass ich mich vor Beduinen
und Löwen nicht fürchte, wohl aber vor Schlangen und Fieber-, Sie mussten
zuletzt sich bequemen, wider Willen abzusegeln; wir fuhren noch 1/2 Stunde
weiter, hielten dann an einer freien Stelle an, und ich legte mich auf mein
Lager, die geladenen Pistolen zur Seite. Ich schlief ganz gut, es passirte
natürlich nichts, und Montag den 8. fuhren wir vor Sonnenaufgang wieder
ab. Der Nordwind hielt an, das Boot musste immer gezogen werden. Nach
einer Fahrt von l i /2 Stunde hatten wir am re ch ten ü fer die. Quelle Ain ibn
Dawud, am linken abermals eine Kubbet el Chidhr (des Elias) und weiterhin
an demselben Ufer die Kubbet ed dhaere (ed dhähere). Gegen 9 Uhr
Morgens kamen wir an die Stelle, wo ein Arm des Euphrat, Schatt el Hille
genannt, oder vielmehr der Euphrat selbst, der sich weiter oben in 2 Arme
getheilt hat, in den ändern Arm wieder einfliesst. Dort liegt eine alte Lehmfestung
el Kröm genannt, und der Arm von Semäwa, Schatt es SemÖwa
(Samawät) genannt, ist dort grösser, weiter oben wird dieser kleiner, und der
Schatt el Hille grösser. Weiterhin kamen wir bei unbedeutenden Ueberresten
von Lehmmauern vorbei, die von einer FestuDg Qal’a (Dschil’a) Ba’aeu herrühren
sollen. Der Euphrat war auch hier überall ausgetreten, wie bei dem
ändern Arm, den ich auf dem Hinwege gefahren war, und hatte theilweise
einen noch viel grössem Umfang. Mehrere Stunden lang sahen wir nur auf
der einen Seite einen fernen, schmalen Streifen Landes; auf der ändern
Seite war nur Wasser, so dass wir uns auf dem Meere zu befinden schienen.
Dabei wehte der Nordwind anhaltend sehr stark. Gegen 3 Uhr Nachmittags
hatten wir am linken Ufer die Festung Dschil’at (Qal’at) Musajjed. Vorher
waren wir bei dem Beduinenstamm Schedschäa vorbei gekommen, welcher
Zelte von Filzdeckeir hatte; zwischen Semäwa und Diwanije war der kleine
Araberstamm Sofrän, welcher 2 —»300 Männer zählt, die in Strohhütten
wohnen. Die Männer tragen meist ihre Haare gescheitelt, und an jeder von
beiden Seiten 2 lange Flechten, die Frauen und Mädchen haben vorn kurzes
Haar. Man unterscheidet hier genau die „Araber“ von den „Beduinen“,
und versteht unter letzterm Namen nur Solche, welche Kameelheerden halten;
alle Ändern werden „Arab“, Araber genannt. Bei einem Araberdorfe
Dschemä ’es Säde war die Gerste schon geerntet. Kurz nach dem Moghreb
hielten wir kurze Zeit still bei Arabern von dem Stamme Benaechdschem,
um Milch zu kaufen, und die Mahlzeit, wie am Mittag das Brod, auf Kuhdünger
zu bereiten; Neben uns lag ein grosses Boot, daher Büt genannt,
auf welchem ein Hadschi (hier heissen Alle Hadschi, weil Alle in dem nahen
Meschhed Aly gewesen sind) mit seinem Sohne war, die in Süq in demselben
Chan mit uns gewohnt hatten, und 2 Tage vor uns abgefahren waren.
Die Benaechdschem sollen 1 — 2000 streitbare Männer zählen, gehören zu
den Beni Saad, und stehen unter dem Scheich Sadün, welcher in Semäwa
wohnt, und wieder dem Scheich der Montefik untergeben ist. Ihnen gehört
alles Land an diesem Ufer des Euphrat bis nach Semäwa. Wir unterhielten
uns eine Zeitlang mit ihnen, und fuhren nach etwa 1/2 Stunde weiter, wo
wir entfernt von den Lagern der Araber die Nacht zubrachten. Der Wind
hatte abermals gegen Abend nachgelassen und der Mond die Luft zum
Abendessen eingeladen (’a9am el hawä), d. h. er hatte einen grossen, weiten
Hof, einen Kranz von schmalen Wolken. Da dieser nach Süden gerichtet
war, so verkündete er für den folgenden Tag Südwind. Wir hatten zuerst
Dienstag den 9., anfangs wenigstens, wieder Nordwind, daher das Boot gezogen
werden musste. Eine Stünde nach unserer Abfahrt passirten wir die
Festung Qal’a Mdscheräni am linken Ufer, dann das Dorf Nischan Said
Mehdy an derselben Seite, welches früher sehr bedeutend gewesen, seit der
letzten Pest aber sehr klein geworden war, 1 Stunde von Wadi Bey entfernt.
Am rechten Ufer sahen wir Strohhütten der Araber von dem Stamme
Ma’dän. Dieser steht unter Mehdy Chandschar, dem Scheich der el Ghasäel,
welcher wieder dem Wadi Bey unterworfen ist. Nahe dabei waren am
linken Ufer, einander gegenüber, bei dem Einfluss eines Armes in den
Euphrat, 2 Lehmfestungen Qal’a (Dschil’a) Scheich Mehdy Chandschar,