
Viertes Kapitel.
Reise von Märedin bis Mosul.
Erst am späten Vormittag ritten wir von Märedin, Sonnabend, den
3. December, ab, und zu dem Bäb es Sür hinaus, vor welchem eine reiche
Quelle ist. Wenn man zu diesem Thore hinauskommt, so sieht man links
am Wege auf der Spitze des hohen Eelsen K lif Sennüni die Buine einer
Festung, Qal’atMarra genannt; darunter liegt nordöstlich ein gleichnamiges
Dorf, 1/2 Stunde davon nordöstlich das Kloster Deir Sa’ferän, und lj2 Stunde
weiter Deir Seidi. Wir ritten den steilen und beschwerlichen Dschebel Tae-
merlenk hinab, rechts von dem — l/2 Stunde entfernten, am Fusse des
Berges liegenden kleinen Dorfe Boire vorbei, J/4 Stunde weiter liessen wir
ein zerstörtes und verlassenes Dorf rechts liegen, und kamen dann fast stets in
südöstlicher Bichtung reitend in die weite Ebene. Nach 2 Stunden gelangten
wir zu dem links an der Strasse liegenden Dorfe Horrin, wo wir die Karawane,
welche vor uns ausgeritten war, einholten. Der Defterdar hatte 20
Baschbosuks in seinem Gefolge, welche bei jedem Dorfe mit Musik vorbeizogen,
d. h. 2 kleine Pauken bei sich hatten, die mit Stäben geschlagen ungefähr
den Ton eines hohlen Topfes gaben; an Melodie war natürlich dabei
auch nicht im Entferntesten zu denken. Wir kamen 1/2 Stunde weiter links
von dem Dorfe Dermasek, nach 11/2 Stunde weiter links von Kalenderän
oder Qasr Kalenderän vorbei, wo noch Ueberreste einer alten Festung sind;
1/2 Stunde später sahen wir links vom Wege Seidije (oder Seitije), wieder
nach l/2 Stunde Dschemik el tachtije (das untere Dschernik) links, und
Dschernik el fokije (das obere) rechts vom Wege, weiter ab links Qala-
dschik oder Qaradschik, und gelangten nach abermals 1 Stunde weiter kurz
nach Sonnenuntergang nach Aamüda (ät>j*.Lc), auch Aamudije genannt,
wo wir bei einem freundlichen Araber ein gutes Unterkommen fanden.
Dieses Dorf hat 150 Häuser, deren eine Hälfte von Arabern, die andere von
■Lrden bewohnt ist. Durch dasselbe fliesst der Bach Nahr Dära, welcher
K Dära kommt, und in den Nahr ChabÜr sich ergiesst; dieser aber fliesst
E d e r in den Euphrat. Nach einer ändern genauem Angabe entspringt
l e r Nahr Dära oberhalb dieses Orts, und ergiesst sich nicht unmittelbar in
Äen Nahr ChabÜr, sondern erst in den Nahr Dschaghdschagh, welcher durch
Nisibin fliesst, und dort Mojet Nisibin heisst; dieser aber vereinigt sich dann BL dem chabür. __ Wenn man von ’Aamüda nach Dära geht, so kommt
taan nach 1.»/* Stunde zuerst an ein kleines, an einem Hügel gelegenes Dorf
Teil ’Aamüda, V4 Stunde weiter nach Ambar, wo mehrere Euinen sind;
iin d höher hinauf in dem Gebirge Omerjän, jedoch an einem medern Bergabhang,
liegt dann Dära, früher eine bedeutende Stadt, Anastasiopolis, die
|b e r jetzt ein unscheinbarer Ort ist. Doch ist noch Vieles von seinem vorig
e n Glanze zu sehen, ein Gefängniss, Säulen und Mauern eines Palastes
|u . g. w. 1 Stunde westlich von ’Aamüda liegt das Dorf Hamdüni. Der
■Nahr Chabür ist 2 Tagereisen von da entfernt, und 4 Tagereisen südlich
t o n ’Aamüda in der von dem Beduinenstamme Schemmär beherrschten
■Wüste liegt dicht am Euphrat der Ort Eechäba, oder, wie man es hier aus-
Ip ra ch , Erchäba, wahrscheinlich die Stadt T O rta tT i der Bibel, welche
■Gen. 36, 37. erwähnt wird. In ’Aamüda wird Waizen und Gerste erbaut,
■auch viel Schafwolle gewonnen; ausserdem hat man hier einen Baum, des-
l e n Same Habbet el Genne genannt, den Kaffeebohnen ähnlich, nur leicht
e r , wenn er gegessen wird, tödtlich sein, aber zerstossen und zerquetscht
■ein gutes Brennöl geben soll. — Nisibin erbaut Sesam und Eeis.
Wir erfuhren hier, dass der Scheich des Stammes Tay im Verein mit
■dem Stamme Schemmär, und wahrscheinlich auch mit den Kurden, an die-
■sem Tage einen wiederholten Angriff auf Dschesire hatte unternehmen
■wollen. Diess nöthigte uns, einen Tag in diesem Dorfe zu verweilen, da
■der Defterdär einen Jüsbaschi (Hauptmann) der Baschbosuks mit 2 seiner
■Leute in der Nacht nach Nisibin zu dem Wekil (Statthalter oder Stellvert
r e t e r ) des Scheich Aly abschickte, um zu fragen, ob wir ohne Gefahr und
■ungehindert die Weiterreise. würden unternehmen können, und ob er uns
■eine Eskorte geben wollte, oder wir zur Eückkehr nach Märedin genöthigt
■wären. Gern hätten, wir die Zeit benutzt, um nach Dara zu reiten; allein
Btlieils war das Wetter zu ungünstig, theils konnten wir nicht berechnen,
■wann dje abgeschickten Boten zurückkommen, und diu Karawane wieder ^