
keine Keisfelder waren, überschwemmt. Erst, nachdem ich sehr hart aufgetreten
war, nahmen wir halb mit Gewalt das grösste der Boote, welches
hier vorhanden war, und fuhren um 33/4 Uhr arabisch, gegen 10 Uhr Morgens,
wieder ab. Am linken Ufer lagen einzelne arabische Hütten, in der
Ferne sah man das Dorf Ischän mit einigen Palmen, am rechten, aber ebenfalls
in einiger Entfernung, das Dorf Abu Hammäm, dann am linken Ufer
eine Art Festung, Salma, welche dem Mehödy, einem Scheich der Ghasäi
gehört, 1/i Stunde weiter Abu Naser, welches ganz im Wasser stand, und
nach abermals */4 Stunde am rechten Ufer Altowo. Hier residirte Wadi
Bey in einem Zelt, und eine Anzahl anderer Zelte standen um das seinige
herum. Ich stieg aus, ihn zu besuchen, und meinen Brief abzugeben; man
sagte mir aber, dass er noch schliefe — es war schon gegen Mittag! — Ich
hielt diess für eine Art leere Ausrede; allein später erfuhr ich, dass der
Aermste wegen seiner vielen Feinde, anderer Beduinen-Scheichs, die ihm
stets nach dem Leben trachteten, nur am Tage zu schlafen wage. (Trotz
dieser Vorsicht soll er später überrumpelt und getödtet worden sein.) Ich
ging in das Zelt seines Seeretärs, wo viele Araber versammelt waren, rauchte
dort eine Pfeife, und trank Kaffee, worauf ich mich wieder verabschiedete,
und mit der Uebergabe meines Briefes ihn grüssen liess. Vor dem Zelte
sassen mehrere zur J a g d abgerichtete Falken auf kleinen Stangen. Eine
halbe Stunde davon hielten wir wieder bei einem grossen Dorfe, Namens
Lebäja, an, wo ein bedeutender Basar war, und namentlich viel Seesalz in
grossen Stücken, welches von Basra kommt, verkauft ward. Das Dorf bestand
gleich dem Süq oder Basar aus Strohhütten. Die Männer waren mit
Flinten bewaffnet, und trugen ausserdem kleine Keulen, die, wie es schien,
oben eine dicke Pechkugel hatten. Die letztere Waffe ist von da an allgemein.
Am Wasser grasten viele Büffel, jj— Eine halbe Stunde weiter lag
am linken Ufer Husein. Wir sahen nahe dabei mehrere dem Storch ganz
ähnliche Vögel (Bejädhi „die weissen“ genannt), deren Fleisch die Muhammedaner
essen dürfen, während das der Störche (Leklek genannt) ihnen
verboten ist, ausserdem auch viele wilde Enten und Gänse. Gegen 5 Uhr
erreichten wir Merikba, an beiden Ufern des kleinen Euphrat gelegen, aus
Strohhütten bestehend, mit einer Lehmfestung. In allen diesen Dörfern
wird mit Koth von Kindern und Büffeln gefeuert, den sie zu kleinen, runden
Kuchen geformt an ihre Strohhütten ankleben, um ihn zu trocknen.
Der Euphrat ist hier so niedrig, dass die Leute ihn durchwaden. Um
51/«, Uhr arabisch hatten wir am linken Ufer das grosse Dorf Ischan Chale,
i¡2 Stunde weiter am rechten Schueida oder Seid Aly, 5 Minuten später am
linken Ufer Abu Ktin mit einer Lehmfestung, und nach abermals 5 Minuten
fuhren wir durch Dsehedije. Um Uhr kamen wir bei dem Einfluss des
Nahr el Dschelb (Kelb „Hundsfluss“) vorbei, welcher von der linken Seite
herkommt, und gleich dahinter lag am linken Ufer das Dorf Sa ’dün. Samawät
sahen wir ganz nahe vor uns, und ich war der Meinung, dass wir es
bald erreichen müssten; allein wir hatten noch mehrere Stunden zu fahren,
da der Euphrat hier, wie überall, sehr grosse Krümmungen macht. Sein
Bette wurde dann sehr eingeengt, die Ufer waren zwar lehmig aber hoch,
der Strom wurde reissend, und riss das Boot gewaltsam mit sich fort, so
dass an einer Stelle der Schnabel desselben abbrach; jedoch fügte diess ihm
weiter keinen Schaden zu. Wir steuerten ruhig weiter, sahen wieder einige
Doläb’s- (Ziehbrunnen, wie wir am Tigris gesehen), und gelangten am Nachmittag
noch bei guter Zeit nach Samawät. Diess ist eine ziemlich bedeutende
Stadt, von Schiiten bewohnt, am rechten Ufer des Euphrat, und von
Palmen umgeben. Am linken Ufer sind ebenfalls Palmengärten, und.eine
neu angelegte Festung mit Kaserne an der Stelle eines ehemaligen Palmengartens,
den die Soldaten umgehauen haben. Hier hielten wir an, da ich
Briefe an den dasigen Bataillonsarzt und mehrere Soldaten von Diwanije
abzugeben hatte. Ich ging sogleich zu dem Arzt, und wurde von den Soldaten,
so wie von ihm, als der neue Arzt begrüsst, da er hoffte, in mir seinen
Nachfolger zu sehen, und durch mich abgelöst zu werden. Doch auch,
als er sich getäuscht sah, empfing er mich freundlich. E r war ein Bulgar,
seit 28 Jahren in türkischen Diensten, und hat dabei seine Mutterspiache,
so wie das Griechische vergessen, nur gebrochen italienisch sprach er noch,
am besten aber türkisch, welches ihm seine zweite Muttersprache geworden
war. In letzterer Sprache unterhielten wir uns daher vorzugsweise, und
nur, wenn wir etwas zu sagen hatten, was die Ändern nicht verstehen sollten,
sprachen wir italienisch. In Samawät war er erst seit 3 — 4 Monaten.
Von ihm erfuhr ich, dass diese Stadt, welche grösser als Diwanije ist, nur
von Schiiten bewohnt wird.*) Diese haben nirgends Moscheen, ausser in
Imäm Aly, Imäm Husein und Imam Sämera. Die Stadt hatte früher dem
*) F rü h e r leh ten Hier auch einige jü d isch e F am ilie n , jed o ch g ie h t es j e t z t deren
keine m eh r an diesem Orte.