
Fünfzehntes Kapitel.
Reise von Ispahän nach Hamadän.
Nach einem Aufenthalt von 15 Tagen verliessen wir Ispahän Montag,
den 28. August, waren aber bis zu unserm Ausritt noch von Verkäufern
überlaufen, namentlich von Biieherhändlern, von denen ich noch, als schon
Alles eingöpackt war, Einiges kaufte, so dass ich fast all unser gemeinschaftliches
Geld verausgabt hatte. Erst gegen 8 Uhr Abends kamen wir fort. Es
war stockfinster, der Weg in Dschulfa sehr schmal, und ging an tiefen Gräben
entlang, daher ein Diener des englischen Agenten uns mit einer Laterne
bis an die oben erwähnte 2. Brücke über den Fluss etwa 1/2 Stunde
lang begleitete. Hier endete Dschulfa, und am jenseitigen Ufer begann
Ispahän, durch dessen Gassen und Basäre wir noch gegen 2 Stunden zu
reiten hatten, ehe wir das äussere Thor erreichten. East die Hälfte dieser
Stadttheile war ganz unbewohnt, und der Sohn des englischen Agenten versicherte
uns, dass 9/10 der Häuser Ispahän’s in Ruinen liegen. Wir waren
sehr ermüdet, die Qatirdschi hatten schlecht geladen, so dass die Lasten zu
mehrern Malen von den Thieren herunterfielen, und der Weg war sehr staubig;
daher wir sehr froh waren, als wir das Dorf Anuschirvän, so genannt
nach Chosrov I. Anuschirvän, seinem wirklichen oder angeblichen Erbauer,
um l't/a Uhr in der Nacht erreichten. Hier fanden wir eine schöne, neue
Karavanserai, welche aber von Pilgern so vollgepfropft war, dass wir kein
Unterkommen mehr darin finden konnten. Vor derselben war eine mehrere
Fuss hohe, allein stehende, breite Estrade von Stein im Viereck erbaut mit
niedriger Brustwehr. Auf diesser Hessen wir unsere Betten ausbreiten, und
schliefen einige Stunden sehr gut. Am Morgen liess ich mir Wasser von
meinem Diener bringen, und wusch mich auf der Estrade. Bald versammelten
sich die Pilger um mich herum, murrend und schmähend, was ich
nicht weiter beachtete, weil ich glaubte, dass sie nur auf diese Weise ihre
ohnmächtige Wuth gegen den Ungläubigen auslassen wollten. Wir Hessen
mittlerweile unser Zelt unter einigen Bäumen, die nahe dabei standen, auf-
schlagen, und unsere Sachen dahin bringen. Kaum waren diese weg, so
kratzten die Perser die SteHe, auf welcher ich mich gewaschen hatte, aus,
und besprengten sie mit Wasser; und nun erst erfuhr ich, dass ich ihnen,
ohne es zu wissen und zu wollen, wehe gethan hatte, da der Ort ein Betort
für sie war. Wir hatten einen Gholäm | | | so nennt man in Persien die
Kawassejgj von dem Gouverneur Ispahän’s zum Schutz erhalten; es war
ein Seid; .ein anderer Seid, welcher unter den Pilgern war, stellte sich zu
uns hin, belästigte' uns, und wollte der Weisung fortzugehn nicht folgen.
Unser Gholäm prügelte ihn daher tüchtig durch, und dieser beschwerte sich
desshalb bei dem Muschtehid, dem obersten Geistlichen von Ispahän, welcher
sich zufällig mit in der Karawane befand, musste aber unverrichteter Sache
wieder abziehen, nachdem der Muschtehid unsern Fermän von dem Gouverneur
von Ispahän gesehen hatte. Derselbe (der Muschtehid). lud uns darauf
zu sich ein, wir aber lehnten diese Einladung mit Rücksicht auf unsere
Reisekleider ab. Er schickte jedoch später noch einmal, und Hess uns zum
Kaffee zu sich bitten. Zum 2. Male konnten wir es nicht füglich abschlagen,
und gingen hin. E r hatte sein Quartier in einer der offenen Hallen der
Karavanserai aufgeschlügen, empfing uns sehr freundlich, und brachte
sogleich das Gespräch auf die christliche Religion. Er versicherte uns, das
neue Testament gelesen zu haben, und in der That bewies er auch seine
Bekanntschaft mit demselben, ob er gleich zuweilen Stellen daraus recitirte,
welche nicht darin stehen. E r war, wie er sagte, Lehrer von Eugène Bore
gewesen, und von diesem, mehr aber noch von einem ändern französischen
Geistlichen, den er Pater Je an nannte, für den Katholieismus eingenommen
worden. Merkwürdig war es uns, von einem muhammedanischen Geistlichen
die Vertheidigung der katholischen Lehre gegen die evangeHsche zu
vernehmen. Freilich kannte er die Letztere gar nicht, und verwechselte sie
mit dem Monopliysitismus der Armenier. Die Bilderverehrung der Katholiken
läugnete er natürlich, und behauptete das Primat des Petrus. Ehe
wir von ihm weggingen, kam Einer zu Pferde in den Hof geritten, und hielt
mit lauter Stimme eine lange Anrede an das Volk, in welcher er das Verdienstliche
der Pilgerreise hervorhob, und zur Unterstützung der armen Pilger
aufförderte. Diese Pilgerfahrt galt den in der Nähe von Bagdäd liegenden
Grabstätten von Husein und ’Aly zu Kerbêla und Meschhed ’Aly, welche