
gesetzten Seite auf einer schönen, theilweise in Felsen gehauenen Strasse
über den Berg hinauf, und lagerten uns neben einer Kameelheerde auf einer
Wiese. Bailän ist reich an Wasser und Quellen; in der Schlucht sind
2 steinerne Wasserleitungen. Auf dem Berge sahen und begrüssten wir zuerst
wieder die See, das mittelländische Meer. Nach etwa lOstündigem
Ritt langten wir hier gegen 4 Uhr Nachmittags an.
Freitag, den 11. Mai, ritten wir von unserm Lagerplatz in etwa
3 Stunden bis Iskenderün (Alexandrette) über steinige Wege bergab, und
dann durch die damals zum Theil überschwemmte Ebene. Hier fanden wir
Col. Bark er schon vor, der im Begriff war, 3—400 Maulthiere und Wallachen
auf dem vorhandenen englischen Dampfschiffe einzuschiffen. Das französische
Dampfschiff, auf welchem wir nach Behüt fahren wollten, war, abgehalten
von starkem Sturmwind, noch nicht' angekommen. Es kam erst
gegen Abend, und blieb, um Kohlen einzunehmen, bis zum folgenden Abend
liegen. Wir mussten daher unser Zelt aufschlagen, was dicht am Meere, als
dem gesundesten Orte, geschah. Iskenderün hatte sich bedeutend ver-
grössert, enthielt damals etwa 200 Einwohner, und scheint an Bevölkerung
immer mehr zuzunehmen. Der Hafen ist sehr gut, und die malaria könnte
mit wenig Kosten durch Kanäle, die nach dem Meere zugeführt würden,
beseitigt werden. Das Meer soll nach der Versicherung des sardinischen
Consuls einer vieljährigen Beobachtung zufolge jährlich um 1 Fuss zurücktreten,
und die Ufer sind jetzt schon so hoch, dass an eine-Ueberfluthung
nicht mehr zu denken ist.
Wir hatten eine glückliche Fahrt, hielten in Ladakia nur 1 Stunde, in
Tarabolus dagegen 1/2'Tag, und gelangten Montag, den 14. Mai, wohlbehalten
in Beirut an. Ich hatte 19 Fr. Ueherfracht zu zahlen. Nachdem
ich mich von meinen liebenswürdigen beiden Reisegefährten, Mr. Loftus
und Mr. Boutcher verabschiedet hatte, begab ich mich sogleich zu dem Con-
sul, Hrn. Weber, der mich auf die freundlichste Weise zu sich wieder eingeladen
hatte und aufnahm.
Da ich mir vorgenommen hatte, über Aegypten nach der Heimath zurückreisen,
so hatte ich 8 Tage Zeit, bis das nächste Dampfboot dahin abging,
und benutzte diese, um auszuruhen, mein Gepäck nachzusehen, und
wieder in Ordnung zu bringen; auch kaufte ich einige Wurzeln, Sämereien
und Medicamente arabischer Aerzte, von denen ich glaubte, dass sie von
Interesse sein könnten.
Dienstag, den 22. Mai, gegen Sonnenuntergang, fuhr ich wieder ab,
und zwar auf dem Defäsch (Schraubendampfschiff) lTonio von 90 Pferde
Kraft. Der Cónsul Weber hatte abermals die Freundlichkeit, mich auf das
Schiff zu begleiten, und bis zu der Abfahrt bei mir zu bleiben. Meinen
treuen Diener, Tanus, der so lange Freud und Leid mit mir getheilt hatte,
n a hm ich bis Alexandrien mit, um Sorge zu tragen für mein Gepäck und
namentlich für die beiden Thierpärchen, die ich von Bagdad aus mit mir
genommen hatte, 2 Dscherböa (Springhasen) und 2 Mangus. Ich hatte sie
für den zoologischen Garten Berlin’s bestimmt, wo sie, wie ich glaubte, noch
nicht vorhanden sein würden. Unter der Schiffsgesellschaft war der mir befreundete
Kaufmann aus Beirút, Hr. Meyer Rosenthal, welcher bis Cheifa
reiste, und 2 Kauf leute aus Chili, welche die grosse Reise von ihrer Heimath
gémacht hatten, um Sebastopol zu sehen, und nun noch die heiligen Oerter
in Palästina besuchen wollten, daher sie in Jaffa abstiegen. Wir hatten
ziemlich günstigen Wind, so dass wir fast immer die Segel brauchen konnten,
und meist 7, manchmal auch 8 Miglien in 1 Stunde zurücklegten. Mittwoch,
den 23., waren wir kurz nach Sonnenaufgang vor Cheifa, und
Nachmittag'3 Uhr vor Jaffa. Die See ging zu hoch, daher ich mich nicht
an das Land wagte, und Tanus zu dem liebenswürdigen Pr. Vicecónsul
Murad schickte, der mir einen freundlichen Brief schrieb. Gegen 7 Uhr
fuhren wir wieder ab, und entfernten uns mehr von der K ü ste , so dass wir
24 Stunden lang das Land aus den Augen verloren. Erst am folgenden
Abend bemerkten wir in der Ferne die Festung Burlos. Freitag, den 25.,
sahen wir kurz nach Sonnenaufgang Abukír, und kamen mit Hülfe eines
Lootsen und mit bedeutenden Umwegen wegen der Sandbänke und Felsstücke
im Meer erst gegen 9 Uhr Morgens in den Hafen von Alexandria.
Eine Barke brachte uns an’s Land, die Sachen liess ich mit Tanus auf dem
Zollamt, und ritt auf einem Esel nach dem Generalconsulat, wo ich Herrn
Bauernhorst, und bald darauf auch Hrn. Baron v. Pentz traf. Auf meine
Bitte schickten sie sogleich einen Kawass nach dem Kumruk (Zollamt), welcher
meine Sachen mit Tanus nach dem Generalconsulat brachte, von wo ich
mich sodann in das Peninsular and oriental Hotel begab, welches einem
Deutschen, Namens Zech gehört. Hier musste ich für Logis und Kost täglich
10 Fr. für mich, und 5 Fr. für meinen Diener geben.
P e t e r m a n n , Reise im Orient. II. 24