
bei uns die Kastanien, am Feuer geröstet und gegessen. Diess geschieht
auch in ganz Arabistan und Syrien; hier aber bäckt man auch Brod davon.
Sie sind länger als die unserigen, und die Kapsel, in der sie liegen, hat
stachelartige weiche Auswüchse. — Auf einer der Hochebenen begegneten
uns Hirten, die einen abgerichteten Bären mit sich führten, und uns seine
Kunststücke zeigten. E r tanzte auf den Hinterfüssen, nahm einen Stock in
die Tatzen, hielt einen Stein auf dem Kopfe, machte Burzelbäume, lief auf
den Vorderfüssen u. s. w. Dazu trommelten 2 auf ihren topfahnlichen Instrumenten,
und sangen. — Die Gegend galt für sehr unsicher; die Pilgerkarawane
holte uns ein, da wir eine Zeit lang Halt machen mussten, weil
Einer unserer Leute sein Messer verloren hatte, und ritt mit uns, gewisser-
massen unter unserm Schutz, da die Pilger äusserst furchtsam waren, und
die Europäer für furchtlos gelten, bis Kerind, wo wir gegen 12 Uhr Mittags
anlangten. Es sollte nur 5 Farsach von Harünabad entfernt sein, wir hatten
ziemlich 8 Stunden dazu gebraucht. Hier kamen wir zuerst wieder in
ein Thal, welches gut bewässert ist, und mehrere Dörfer hat, in denen theil-
weise auch jüdische Familien wohnen. Hechts und links ist das Thal von
hohen, steilen Felsen eingeschlossen. Kerind liegt romantisch an einem
Felsen, und in einer Felsecke an der Kette rechts terrassenförmig gebaut.
Nach dem Thale zu sind Wein- und Obstgärten; eine Quelle, welche oberhalb
des Ortes entspringt, und Kerind mit schönem frischem Wasser versorgt,
fliesst mitten durch das Dorf. Unten, am Ende desselben ist die alte,
elende Karavanserai, bei deren Anblick wir sogleich entschlossen waren,
von dem Anerbieten unsers Qatirdschi, welcher hier seinen Wohnsitz hatte,
Gebrauch zu machen, und in seinem Hause uns einzuquartiren. Wir hatten
ihm naehgegeben', 1 Tag hier zu rasten. Da er uns aber dicht hinter
Kermanschäh plötzlich verliess, und einiger Geschäfte wegen dahin zurückkehrte,
so waren wir genöthigt,' auf ihn zu warten, und mussten volle 4 Tage
hier liegen bleiben. Diess würde mir sehr willkommen gewesen sein, wenn
ich Gelegenheit gefunden hätte, hier Ankäufe für die königliche Bibliothek
oder das königliche Museum zu machen, oder auch,'wenn ich etwas Sicheres
über die Religion der Kerinder hätte erfahren können. Aber an Handschriften
war hier gar nicht zu denken, und auch Antiken gab es nur wenig,
da die Juden, deren einige Familien hier wohnen, und von denen allein
man kaufen kann, weil sie Alles sogleich an sich zu bringen wissen, bis auf
Wenige ihrer Feste wegen nach einem ändern Orte, wo sie eine Synagoge
haben, gegangen waren; was aber die Religion der Kerinder anlangt, so
scheiterte meine Hoffnung, wie in Jesd bei den Parsi’s, an der Verschwiegenheit
der Einwohner. Sie sind nämlich - und unser Qatirdschi desgleichen,
ein Mann von barbarischem Aussehen und herkulischer Kraft, m Gum e
aber gutmüthig, wenn auch im höchsten Grade jähzornig eine u am
medaner, weder Schiiten noch Sunniten, ob sie gleich auf l ren ra s ein
die Namen von Muhammed und ’Aly mit der schiitischen Glaubensformel
haben und sich Schia nennen. Man nennt sie ’Aly ilähi s, d. h. Solche i
dem ’Aly göttliche Ehre erweisen. Diess scheint jedoch nur ausserlich der
Fall zu sein. Sie haben keine Moscheen, und gehen vielleicht nur wenn
sie müssen, in dieselben. Sie sollen auch keine Gebete haben, keine uc er,
und nur zum Schein die moslemischen Gebete lesen. Ihre Heiligen so en
sein Benjamin - und unser Qatirdschi sagte einst, als er sich über die Pilger
ärgerte: „Gott möge alle Moslemen mit Hülfe Benjamin’s, des Sohnes Jacob s
vertilgen' “ - ferner Dawud d. i. David, den Einige auch für den Satan
halten, daher sie mit den Jesidi’s verwechselt werden (wenn man nicht etwa
Dawud mit Tawüs „Pfau“ hier verwechselt), und dann noch einen Dritten,
Namens Jazikär. Ihr Hauptort soll Gawära sein, zwischen Kerind undKer-
manschäh, aber nicht an der Strasse gelegen, wo sie auch ein H a u s fu r le
sen letzten Heiligen haben sollen. Dort kommen sie, wie uns der Rabbm
sagte jährlich 1 Mal zusammen, und dort wohnt auch ihr geist ic es er
haupt. Gegen die Juden sind sie sehr freundlich gesinnt, und unser Qatirdschi
sagte einst zu einem Juden unserer Begleitung, dass ihre Religion
und die seinige eigentlich gleich seien. Diess ist möglicherweise auch nicht
so ganz unrichtig, da sie nach Allem, was wir über sie erfahren konnte
ein verzerrtes Judenthum haben, und vielleicht von den Juden derGefang |
schaft abstammen. Jedoch muss man zugeben, dass ihre Physiognomie
durchaus keine jüdische ist.*) Kein Schiit wird von einem Christen, g ■-
schweige von einem Juden einePfeife annehmen, aus welcher dieser gerauch
hat; hier aber sah ich, dass die Hausfrau die Nargile (Wasserpfeife), aus
welcher der Rabbiner und ein anderer Jude geraucht hatten, vollends ausrauchte.
Sie legen Gott 1000 verschiedene Namen bei, der eigentliche Name
D e r n ersische Arzt Sadiq in Kermanschäh, welcher in E d in b u rg stu-
d irt h a tte , b eh au p te te , die K e rin d e r'se ie n eine drusische Secte, u n d gehören zu
sa iri’s.