
Früher war diese eigentümliche Zierde der Frauen und Mädchen auch in
ganz Vorderasien, wenigstens in Syrien und Palästina — im letztem Lande
bekanntlich seit uralten Zeiten — gebräuchlich, ist aber seit etwa 50 Jahren
dort ganz aus der Mode gekommen.
Freitag, den 25. November, ritten wir gegen 7 Uhr von Hawank aus,
hatten aber nur 4 Eeiter zu unserer Bedeckung. Anfangs versicherte der
Scheich, der fünfte würde bald nachkommen; dann aber sagte er, dass auch
er mit seinen 3 Begleitern genüge, um uns gegen etwaige Angriffe der Anese
sicher zu stellen. Der Eine der Eeiter hatte, eine Lanze, ein Anderer einen
Speer, die beiden Uebrigen waren mit Pistolen, bewaffnet. Sie' belustigten
sich unterwegs durch Scheinangriffe, die sie auf einander machten, und lies-
sen ihre Pferde en carrière laufen. Wir ritten den Bach entlang zwischen
den Bergen und an Obstgärten fort, und sahen nach i/4 Stunde das Dörfchen
Tschadak oder Sehadar, links vom Wege, aber in geringer Entfernung
davon liegen, kamen nach 1 Stunde bei Boghdun, welches rechts lag, nach
3 Stunden bei Merdsehan links vom Wege, dann 1 Stunde weiter bei
Idritsch rechts vom Wege, und 4/a Stunde später bei Aq Dschamesi vorbei,
welches links liegen blieb. Zwischen den beiden letztem Dörfern trafen wir
einen Eeiter mit Lanze bewaffnet, welcher, ein arabischer Bewohner von
Aq Dschamesi, uns bis dahin begleitete. Die Einwohner dieses Dorfes sollen
sämmtlich Eaubgesindel sein. Kurz darauf blieben 3 unserer Begleiter
zurück. Wir liessen sie durch den Scheich auffordern mitzukommen; sie
liessen uns aber durch denselben sagen, dass der fernere Weg zu gefahrvoll
sei, und dass sie nicht gesonnen wären, für einen so geringen Preis ihr Leben
auf das Spiel zu setzen. Offenbar war es nur darauf abgesehen, von Mr.
Delaporte eine grössere Summe zu erpressen. Da sich dieser aher mit Eecht
dazu nicht entschliessen wollte, so blieb nicht lange darauf auch der Scheich,
welcher anfangs die heiligste Versicherung gegeben, uns nicht zu verlassen,
in der T ha t aber mit Jenen sich zu dieser List verabredet hatte, zurück, und
eilte seinen Gefährten nach ; wir aber ritten ohne weitere Eskorte, mit Ausnahme
der beiden Kawasse, welche von Häleb aus uns begleitet hatten,
weiter, ohne dass uns ein Unfall begegnete. Wir ritten über Berg und Thal,
durch fruchtbares, aber wenig bebautes, lehmiges Terrain, theilweise mit
vielen Steinen besäet, und ohne ein Dorf zu sehen. Nur Schäfer, sämmtlich
mit Degen bewaffnet, mit Schaf- und Ziegenheerden, zum Theil auch
Binderhirten begegneten uns. 1 Stunde vor Sonnenuntergang gelangten
i i r endlich, ohne angehalten zu haben — wir hatten zu Pferde Brod und
Smyrnaer Feigen gefrühstückt, mit denen wir uns auf dem Dampfschiffe
le rsorgt hatten — an das ziemlich bedeutende Dorf Qara Tschurün. Wir
waren stets in nordöstlicher Eichtung geritten, und hatten im Norden das
von den Kurden Qäw, von unsern Muckern Dschebal el Malakije genannte
Gebirge stets vor uns. Das Terrain war auch an diesem Tage stets wellenförmig,
nur 2 — 3 Bäume erblickten wir den ganzen Tag, und, wie früher,
sahen wir nur wenig junges Gras und Herbstzeitlosen. Die Witterung war
nicht ungünstig, doch blieb es den ganzen Tag über kalt, da die Sonne nur
Wenig zum Vorschein kam. Qara Tschurün, wo wir blieben, hat 40 — 45
Häuser, sämmtlich von Kurden bewohnt, dabei auch einige Zelte.
Sonnabend, den 26. November, ritten wir gegen 6 Uhr Morgens, etwa
i/2 Stunde vor Sonnenaufgang aus dem genannten Dorfe. Der Himmel war
bedeckt, die Witterung zweifelhaft, es kam aber doch nicht zum Kegen.
Der Weg ging anfangs nach Ost, später aber Ost-Nord gen Ost. Anfangs
.Batten wir in der Ebene fortreitend eine Strecke lang, die nicht über %
Stunde in der Länge und ebenso viel in der Breite betrug, zum Theil auch
bebaut war, viele Basalttrümmer zu überschreiten. Nach 2 Stunden kamen
Im - an den Nahr Mischmuschije („Aprikosenfluss“ ), den wir r - er ging
■¡wischen mässigen Anhöhen hindurch — durchritten, indem wir die steinerne
Brücke links liegen liessen, und an dessen Ufer wir neben einer Mühle
■frühstückten. Oberhalb derselben liegt das Dorf Mischmuschije „Apri-
kosendorf“ , obgleich kein Aprikosenbaum dort zu sehen war, welches links
Ivom Wege liegen blieb. Der genannte Fluss oder vielmehr Bach fliesst von
jfBüd nach Nord. Wir hatten auch an diesem Tage ein wellenförmiges Terrain
zu passiren, und kamen bald hinter Mischmuschije wieder auf Basalt-
Krümmer, die uns von da an mehrere Tage lang nicht verliessen. Dabei war
■der Erdboden röthlich braun, anscheinend sehr fruchtbar, und nicht, wie man
■behauptet, unkultivirt. Wir sahen mitten unter oder vielmehr über den
■Basalttrümmern Kurden mit ihren Ochsen vielfach rechts und links, wenn
■auch nicht dicht am Wege, da auf demselben der Basalt in grössern Stücken
B ag , pflügen. Wir durchritten darauf einen kleinen Bach, Nahr Abdu ge-
Bnannt, kamen bei dem Dorfe Tschurun Eresch links, und bei einem ändern,
■Namens Dscherduk oder Dschelduk rechts am Wege vorbei — letzteres war
B i alb verfallen und zeigte nur wenige Hütten von Stein — und ritten etwa
|3 Stunden von Süwerek durch den Tscham Tschay, einen kleinen Fluss,