
Semit, wo wir übernachteten. Gegen 91/2 Uhr Vormittags frühstückten
wir, nachdem wir etwa 2 Stunden lang gelinden Eegen gehabt hatten, in
dem Dorfe Bäb el ellm. Dann wurde der Eegen stärker, und hielt mit geringen
Unterbrechungen bis gegen 5 Uhr Nachmittag an, da wir Sambur
erreichten. Wir mussten sehr vorsichtig reiten, da der Ee^en den rothen
fruchtbaren Erdboden ganz schlüpfrig gemacht hatte. Zwei Stunden vor
Sambur hatten wir den Fluss (Bach) von Sadschur — Sadschur Tschai genannt
— durchritten. Das Terrain war dem des vorigen Tages gleich, nur
2 Bäume sahen wir den ganzen Tag.
Mit Tachterin hört die zuckerhutförmige Gestalt der Häuser auf; die
folgenden Dörfer haben sämmtlich platte Dächer, daneben auch überall Zelte,
und dicht bei den Häusern Erdhügel, unter denen Gerste und Stroh*) aufbewahrt
wird. Sambur besteht nur aus 12 Häusern, in denen 20—30 steuerpflichtige
Personen leben, welche jährlich 1240; in diesem Jahre aber wegen
des Krieges 5000 Piaster als Steuern zu zahlen hatten. Dieses Dorf gehört
zu dem Gebiet von Aintäh, während das vorhergehende, Schiwib, und die
folgenden zu Biredschik gehören. Das Gebiet von Aintäb beginnt mit Sadschur,
einem Dorfe mit einer Mühle, welche von dem Sadschur Tschai getrieben
wird. Nicht weit davon, in dem Dorfe Isbaha, residirt der Tyrann
dieses Distriets, Muhammed Bey, der Sanduk Emini „Steuereinnehmer“.
Dieser, wird von dem Pascha von Häleb ernannt. Tschoban Baghi gehört
noch zu Killis. Unter Muhammed Bey stehen 100 Dörfer. Der District
von Isbaha heisst el Baghle. Bis Biredschik sind die Bewohner fast durchgängig
Turkmanen, nur wenig Kurden. 4 Stunden nördlich von Sambur
liegt Nisib, bekannt durch die für die Türken so unglückliche Schlacht
gegen Ibrahim Pascha.
Verfolgt von unbändigen, viel grössern Hunden, als wir bisher gesehen
hatten, einer Art von Bullenbeissern, machten wir uns Dienstag, den 22.
November, erst gegen 7 t/2 Uhr Morgens auf den Weg, kamen nach ,i/s
Stunde rechts an dem Dorfe Isän, 1 */2 Stunde weiter bei Ekisdsche vorbei,
und frühstückten bei Sari kodsch. Alle diese Dörfer sind an Hügel angebaut,
daher ihnen auch gewöhnlich Teil vorgesetzt wird. Wir ritten in nordöstlicher
Kichtung, stets über hügeliges Terrain, und kamen nach 4— 5
*) d. h. Häcksel, da alle s Stroh zu Häcksel g eschnitten w ird ; S tre u b rau ch en die
Orien ta len nie.
Itu n d en über eine schöne steinerne Brücke Kersin köprüsi, welche über den
Kersin Tschai- (Kersin-Fluss) erbaut war. Der erste Kawass zeigte uns
K k s d. h. nördlich, 1 — 2 Stunden von der Strasse einen Olivenwald am
Fusse eines kleinen Gebirges, an welchem das erwähnte Nisib, welches an
igOOO Häuser enthalten soll, angebaut ist. Dann ritten wir bei 2 verlassenen
Dörfern und den Grabmälern von 2 muhammedanischen Heiligen vorbei,
Berührten 1 — 1 Vs Stunde von Biredschik das Dorf Teil mijän, welches
lechts an der Strasse liegt, liessen dann rechts das' Dorf Kefre liegen, und
Belangten darauf an den majestätischen Euphrat, an dessen sandigem Ufer
wir entlang Bireh oder Biredschik erreichten, welches an dem jenseitigen,
lihken Ufer des Stromes liegt, eine nicht unbedeutende Stadt, die an dem
Abhange mehrerer zusammenhängender Berge, Kalkfelsen, malerisch gebaut
ist, und bis an den Euphrat geht. Ein einzeln stehender Kalkfelsen, dicht
an dem Strome, theils von Natur, theils durch Kunst von allen Seiten steil
abgeschnitten, trug die starke Festung, welche aber jetzt eine Euine ist.
AVir liessen uns in einem langen und breiten Boote zugleich mit unseren
Pferden und Maulthieren übersetzen. Am höchsten Eande oben standen die
beiden Fährleute mit langen dünnen Eudern, von denen das eine unten
Ü&ch aufeiförmig war, und zugleich als Steuer diente. So gelangten wir an das
lin k e Ufer, und damit in das Gebiet von Mesopotamien. Gegen 4 Uhr Nachmittags
kamen wir in Biredschik an, und stiegen nahe dem Landungsplatz
in dem Hasan Baba Chani ab, wo wir im obern Stock ein reinliches Zimmer
ferhielten, mit einem Fenster, welches die Aussicht über ein Bad nach dem
fjjEuphrat zu hatte. Am rechten Ufer des Euphrat ist die Quarantäne, wo die
Reisenden, welche nach Mesopotamien wollten, 5 Tage bleiben mussten.
¡¡Damals aber war sie, gleich der zu Smyrna, wegen der Militärzüge glücklicherweise
aufgehoben, so dass wir ohne alle Schwierigkeit direct nach
■Biredschik übersetzen konnten. Auf dem ganzen Wege bis dahin hatten
■wir nichts Grünes gesehen; die Herbstzeitlose war die einzige Blume, die
■wir erblickten, und die fast überall am Wege stand. Auf dem linken Ufer
jdes Euphrat, um die Stadt herum, und selbst innerhalb derselben waren viele
■Bäume, und etwa x/2 Stunde südlich davon, dicht am Euphrat, ein kleines
■Wäldchen. Die Witterung war zweifelhaft, doch kam es nicht zum Eegen.
■Mittwoch, den 23. November, besuchten wir zuerst den Mutesellim, Bekir
■^.gha, welcher uns mit Thee bewirthete, und uns versicherte, dass die Strasse
■lach Orfa (Edessa) ganz sicher sei. Zum Ueberfluss bat sich Mr. Delaporte
i P etermann, Reise im Orient. II. " 2