
Die Regierung bekümmert sich nur um Einziehung der Steuern, nicht im Geringsten
um den Fortschritt.
In Aegypten z.B., wo nach einigen Zeitungsschreibern der Fortschritt unter
allen Formen sich verbreitet, geschah Folgendes im J. 1845, als ich Director
der praktischen Thierarzneischule in Schubra war. AVir trafen eine Auswahl
unter den Thieren der Domaine Sr. Hoheit, und nahmen alte, gebrechliche, kurz
nur solche, denen man ansah, dass sie bei fortgesetzter Arbeit bald krepiren
würden. Diese brachten wir an einen besondern Ort, um sie zu mästen, und den
Aegyptern den Beweis zu liefern, dass der zum Ackerbau gebrauchte Ochse
bei einiger Sorgfalt auch gutes Fleisch geben könnte. Diess geschah aufBefehl
des Kriegsministers mit Autorisation des Vicekönigs. Es war gegen Ende Juli,
als wir damit begannen, zu einer Zeit, wo die starke, anhaltende Hitze alles
Grün zerstört hatte. Um dem Einfluss der Jahreszeit entgegen zu arbeiten,
setzten wir 10 Ochsen auf folgende Diät: Wasser mit Gerstenmehl vermischt,
gutes wohl gesichtetes Stroh, gekochte Bohnen, Kartoffeln in Stücke geschnitten,
und Wartung auf passende Weise, was Einmal des Tages geschah. Nachdem
wir diess 5 Wochen regelmässig fortgesetzt hatten, waren die Thiere zu
einer beträchtlichen Wohlbeleibtheit gelangt, das Haar war weich und glänzend,
die Haut dünn und geschmeidig geworden, die Herzgrube, die Leiste und andere
Theile, wo das fette Gewebe die Bewegungen des Körpers bestimmt, hatten
sich dergestalt entwickelt, dass alle Welt sich überzeugen konnte, eine Vermehrung
aller fleischigen Theile war augenscheinlich, während das Wiederkäuen,
der Gang, die Haltung, der Blick, die vollständige Gesundheit andeuteten.
Bis dahin schien der Erfolg gesichert; man sollte glauben, dass die
Grossen Aegyptens eine für das Land so nützliche Erfahrung begünstigen und
befördern würden. Keinesweges! Die Türken verändern sich nicht, sie verstellen
sich, sie sehen zu, ohne auf etwas Anderes zu achten, als die Verordnungen
zu vereiteln, welche ihnen gegeben werden, um eine Neuerung einzuführen
und deren Erfolg zu zeigen, bloss, weil diess ihren Stolz beleidigt. Gegen
Anfang September erhielt ich den Befehl, nach Ober-Aegypten zu gehen,
und von da Stuten für die Stuterei von Schubra zu rekrutiren. Vier Tage nach
meiner Abreise liess Osman Bey, der Nasir (Ober-Inspector) der Domaine trotz
allem Widerstreben von Hamond, General-Inspector der Thierarzneischule, die
gemästeten Ochsen Wasser zur Bewässerung der Felder aus dem Brunnen
ziehen, und sie um so mehr arbeiten, weil sie 6 Wochen, ohne krank gewesen
zu sein, ausgeruht hatten. Nach kaum 2 Monaten waren sie sämmtlich krepirt.
Er that diess ohne allen Fug und Recht, ohne Erlaubniss des Pascha, ohne
Einwilligung des Ministers, wurde aber doch nicht getadelt.
Man füttert die Thiere mit dem, was am Wenigsten kostet, ohne Rücksicht
auf die Qualität. In Cypern und einem Theile von Syrien, namentlich in Háleb,
Ladakîa, Antiochien, wo die Rinder sich durch ihre dicken Hörner auszeichnen,
werden sie mit den Körnern der Baumwollenstaude gefüttert. Setzt man diess
lange fort, so erzeugt es stets, besonders unter den Arbeitsochsen, welche
immer eine grössere Ration erhalten, eine grosse Sterblichkeit.^* An und für
sich sind die Baumwollenkörner durchaus nicht schädlich; aber, da man noch
kein Mittel hat, sie vollständig von der filzigen Lage, die von der Wolle daran
bleibt, zu befreien, so bilden sich davon Pfropfen (des mèches) in dem Magen
der Thiere. Diese fremdartigen Körper ballen sich zusammen und verfilzen
sich; und da die Verdauung unvermögend ist, sie zu verdünnen, Zu theilen und
folglich auszustossen, so folgt daraus, dass ihre Anhäufung sich bald zu
beträchtlichen Massen bildet, welche die Organe verstopfen ^ ub« ^ de ’
später machen die durch diese örtliche Störung erregten krankhaften
-schenErscheinungen dieünordnung vollständig,indem sie ein allgemeines Leiden
erzeugen (en irradiant le mal), und der Tod tritt gewöhnlich nach 3 - 4 Tagen
einer fieberhaften Reaction ein. - Es wäre sehr leicht, in Cypern und Syrien
ein besseres Futter zu beschaffen, und man könnte weit mehr Nutzen aus den
Körnern der Baumwollenstaude ziehen. In Amerika bereitet man davon ein sehr
gutes Oel, welches das Olivenöl ersetzt
Von dem B ü ffe l.
Der Büffel kann nur einige.Districte von Syrien bewohnen, nämlich die
niedrig gelegenen, feuchten, sumpfigen Oerter. Er findet sich daher m den
Gegenden von Häleb, el Hule, dann auch in Hasbeya und Ataibe, wo sich vie
Wasser findet, und er sich alle Tage im Sumpfe wälzen kann. Der Preis
eines Büffels ist dem des Rindes ziemlich gleich, ungefähr 4- 500 Piaster (2 5 -
31 Tlilr.) ist der Mittelpreis; die männlichen stehen immer höher imPreise als die
weiblichen, weil diese weniger zur Arbeit tauglich sind; aber
theurer als eine Rinderkuh, weil sie gewöhnlich täglich 5 Rotl d.i.25Pfd. Milch
giebt, wovon man eine in Syrien ihrer gelben Farbe und ^ re s trefflichen Geschmacks
wegen sehr geschätzte Butter bereitet. Die Arbeit des Büffels besteht
im Pflügen. In Aegypten, wo die Büffel überall verbreitet und sehr zahlreich
sind liefern ihre Producte nicht dieselben Resultate, wie in Syrien. Sie geben
allerdings auch Milch in Ueberfluss, aber die Butter ist bleich und fast ohne
Geschmack, obgleich sie ungleich besser als in Syrien gefuttert werden. In
Aegypten wird der Büffel überhaupt zum Wasserschöpfen gebraucht, zuweilen
stellt man ihn auch vor den Pflug, aber er erhitzt sich bei der hohen Temperatur
sehr leicht, und muss oft anhalten, um zu schnaufen, wie die Hunde.
Gewöhnlich ist der Büffel dicker als das Rind und kleiner, seine Farbe
spielt in das Aschgraue, sein Haar ist an mehreren Stellen des Körpers sehr
dünn sein Fleisch ist unschmackhaft, und unterscheidet sich auf der Stelle von
dem des Rindes oder Hammels durch eine eigenthümliche Farbe, die man nicht
mit Worten beschreiben kann, aber augenblicklich erkennt, sein Fett .ist
mattweiss. m
Auch die Büffel-Ochsen und Kühe schlachtet man wie die Rinder nur zum
Verspeisen, wenn sie alt, schwach, zur Arbeit untauglich sind, und die Kuhe,
wenn sie keine Milch mehr geben. Gewöhnlich verbrauchen die Fellah s das
Fleisch unter sich , und verkaufen es fast um nichts ; bringen sie aber oder ein
Schlächter es auf den Markt, so kostet 1 Rotl (5 Pfd.) nie mehr als 2 - 3 Piaster
(4 — 6 Set )■ I n Aegypten ist es etwas theurer.
D e r gewöhnliche Preis einer Büffelhaut ist 4 0 - 50 Piaster (2 Thlr. 20 -
3 Thlr. 10 Sgr.), man präparirtsie im Lande selbst, und verbraucht sie zu Schuhsohlen
wie die der Rinder. .
Ich habe immer von europäischen Büffeln sagen gehört, dass sie wuthende,
unzähmbare Thiere seien, welche viel Unheil anrichten. In Syrien und Aegypten
sind sie gerade das Gegentheil; sie sind sanft wie die Lämmer; die Kinder
lassen sie auf den Bauch legen, um sie leichter besteigen zu können, wid sie
setzen sich nach Bequemlichkeit auf, ohne dass das Thier darauf zu achten
scheint.