
Nisibin nur 1 christlicher Priester, und zwar ein chaldäischer, der in seinem
Hause einen Betsaal eingerichtet hat.
An der Ostseite von Nisibin fliesst der Dschaghdschach, an der Westseite
der Chnes. Beide Flüsse kommen aus 3 Quellen, von denen 2 die
weissen, und 1 die schwarze genannt wird, weil die Steine darunter schwarz
werden sollen (also wohl eine Asphaltquelle?). Anfangs vereinigen sich
diese, dann aber trennen sie sich wieder in mehrere Arme. Diese Quellen
sollen 6 — 7 Stunden nördlich von Nisibin sein. — An der Nordseite von
Nisibin sind junge Pappeln, und dahinter das Dorf Uweise. Südlich von
Nisibin sind 3 Gebirgszüge, der erste, östlichste, ist das Sindschar- Gebirge,
der zweite mittlere der Coeab, der dritte, westliche, wird Abd ul asis genannt.
Nördlich von Nisibin ist das Gebirge Dschebel Omarijän, auf welchem viele
Ballüd wachsen; dieses erstreckt sich bis Maredin, weiterhin westlich heisst
es Dschebel Afs, mit vielen Mellülb^v In dem vorhergehenden Jah re war
hier (in Nisibin) ein Erdbeben gewesen. — Ueber der grossen Kuppel von
Zein nl Abedin ist eine kleinere goldne oder vergoldete mit einer Inschrift,
die ich aber von unten nicht lesen konnte.
Erst gegen l I/2 Uhr Mittags ritten wir von Nisibin fort; nach 21/2 Stunden
sahen wir links am Wege die Ruinen eines alten römischen Qasr
(Festung) auf einem Hügel. An den Seiten stehen noch theilweise die
Mauern von Quadersteinen mit Bastionen, auch in dem Innern sind noch
manche Ueberreste, jedoch Alles sehr zerstört. Hinter diesem Qasr verlies-
sen wir die westliche Richtung, die wir bisher verfolgt hatten, und wendeten
uns rechts, nordwestlich. Der Weg wurde, je näher dem Gebirge, desto
steiniger. Am Tage war es sehr heiss, und es regnete auch in dem Marediner
Gebirge, jedoch nicht in der Ebene; am Abend wurde es empfindlich kalt.
Es wurde stockfinster, wir ritten lange in der Irre, und erreichten endlich
gegen 8 Uhr Abends glücklich die Ruinen von Dära, früher Anastasiopolis.
Ein starker Wind wehte die ganze Nacht durch. Montag, den 16., besahen
wir uns die sehr ausgebreiteten Ruinen, welche aus der frühesten Zeit der
Byzantiner, theilweise vielleicht auch römisch sein mögen.
Dära liegt nicht auf einem Berggipfel, sondern fast am Fusse des Gebirges;
oberhalb der Ruinen ist das gleichnamige Dorf, welches etwa 100
kurdische, und 20 altarmenische Familien enthält.
Das Merkwürdigste in den Ruinen schien mir ein unterirdischer Bau
zu sein. Durch ein halb unterirdisches Gewölbe gelangt man an eine steile,
halb verfallene Treppe, die auf der rechten Seite keinen Anhalt hat, und
nach einem Abgrund führt. Mit Mühe kletterten wir hinab, und kamen zuletzt
in ein hohes gemauertes Gewölbe, welches an beiden Seiten 4 hohe
Bogen hat. Es wird von den Einwohnern Habs (Gefängniss) genannt. Es
ist lang, hoch, aber nicht sehr breit. Als wir die Treppe wieder hinauf gestiegen
waren, wollten uns die Leute nicht wieder in das erste Gewölbe lassen
bevor wir ihnen ein Bakschisch gegeben. Anfangs sagten sie es scherzweise,
und ich war schon dazu bereit; als sie aber Ernst zu machen schienen
steckte ich mein Geld ruhig wieder ein, und wir kamen ohne Bakschisch
durch. Wir betrachteten darauf die alte verfallene Moschee mit sehr hübsch
verziertem Membar. An der Thüre der Ringmauer ist eine arabische In schrift,
auf welcher ich die Jahrzahl 516 (d. H. d. i. 1122 n. C h in a s , die
auf der ändern Seite in Worten ausgeschrieben steht. Daneben ist ein alter
Glockenthurm, woraus hervorgeht,, dass die Moschee ursprünglich eine christliche
Kirche gewesen. Dann gingen wir zu den in den Felsen links gehauenen
zahlreichen Gräbern,. deren viele griechische, aber leider nicht lesbare
Inschriften haben. M) Zuletzt sahen wir noch an der Nordseite 2 hohe
schmale Gewölbe mit Tropfstein, unter welchen stehendes-Wasser ist, un
die Ueberreste der alten, breiten Stadtmauer mit Bastionen. Die Bauten
sind aus einem harten Kalkstein aufgeführt, aus welchem das Gebirge besteht.
Mr. Boutcher wollte die Ruinen zeichnen, daher bestimmt wurde, dass
wir erst'den folgenden Tag um Mittag von da aufbrechen wollten. Diess
war mir sehr erwünscht, da ich das nahe gelegene jakobitische Kloster Der
Sa’ferän besuchen wollte, in welchem, wie mir der melchitische P rie sto
Anton Bulad in Damascus gesagt hatte, ein uralter armenischer Codex mit
syrischen Lettern _ also vor. Erfindung der armenischen Buchstaben
geschrieben sich befinden sollte. Da ich kein Thier für meinen Diener auftreiben
konnte, so war Mr. Boutcher so freundlich, mir das seimge für i
zu leihen,, und ein alter Armenier erklärte sich für eine bestimmte Summe
bereit, mick nach dem Kloster, und von da nach KÖsar zu bringen, wo ic
mit meinen Reisegefährten - Mr. Boutcher war genöthigt, bis .dahin auf
einem Kameele zu reiten - . d e n nächsten Tag wieder zusammenzutreffen
mich verabredete. ■_'
Zuerst ritten wir durch den unterhalb der Ruinen fliessenden Bach,
Mojet ed Dära (das Wasser von Dära), und dann den Berg hinan. Es war
sehr warm; der Weg w a r abwechselnd steinig und eben, zuletzt aber se