
wir den warmen Südwind gehabt, an diesem schlug er in Nordwind um,
welcher wieder Kälte brachte. Gegen 11 Uhr gelangten wir an das Dorf
Dschesâne, und kurz darauf an ein schiitisches Heiligengrab von Kemäl ed
din oder Dschemäl ed din, um 12 Uhr aber Mittags nach Jenîdsche (türk.
Neudörfchen), wo wir zwischen 2 Palmengärten unser Zelt aufschlagen
liessen. Wir hatten viele Kanäle passirt, und namentlich den Kanal Châles,
welcher der Sage nach dadurch entstanden ist, dass ’Aly einst von der Tijala
(einem Kanal des Tigris) aus diesen Weg ritt, und dabei seine Lanze
nachschleppte, deren Furchen den genannten Kanal bildeten. Von ihm hat
auch der ganze District, der viele Dörfer zählt, und bis Delichba geht, den
Namen Châles erhalten. Die Kanäle hatten sämmtlich Brücken von Palmenholz
mit darüber geschütteter Erde. Von der Ueberschwemmung war wenig
mehr sichtbar, die Gegend meist gut angebaut, und Wiesen mit Gras und
Blumen bewachsen, nur hier und da wüstes Land. In Jenîdsche wohnen
2— 300 Männer, sämmtlich Schiiten, wie alle Bewohner links (westlich) von
der Strasse, während rechts (östlich) fast nur Sunniten wohnen. Die Erstem
machten gerade eine Wallfahrt nach Sâmerâ, wo Tags darauf, am Neumond,
das Pest Eines ihrer Heiligen gefeiert wurde. Am Abende erfuhren
wir, dass es dort viel Diebe gebe, wesshalb wir uns entschlossen, abwechselnd
zu wachen. Später kam noch der Besitzer des grössten Theils des Dorfes
und Scheich zu uns, und lud uns ein, bei ihm die Nacht zuzubringen. Wir
schlugen es ab, da wir unser Zelt schon aufgeschlagen hatten, worauf er uns
nöthigte, wenigstens 2 Wächter anzunehmen, weil die Unsicherheit zu gross
wäre. Diese sangen und sprachen die ganze Nacht durch, und wir legten
uns zu Bette. In der That wurden wir in der Nacht, die ganz finster war,
aufgeschreckt, da einige Leute durch ein Loch in der Mauer des Palmengartens
neben uns gekrochen kamen. Sie wurden aber rechtzeitig von den
Wächtern entdeckt und verscheucht, ehe wir unsere Gewehre gebrauchen
konnten.
Sonnabend, den 17. März, kamen wir in die Kurfe, einen 2 Tagereisen
weiten District, der ganz unbebaut ist, halb Wüste, halb mit Gras
bewachsen, unter welchem viel Gänseblumen, Kamillen, die wohlriechende
blaue Blume Naurus (Neujahr), Butterblumen u. s. w. sind. Wir ritten gegen
5 V-2 Ullr von Jenîdsche ab, und passirten eine Menge Kanäle, die nur zum
Theil mit Brücken versehen waren, bis Nahrewän, wo wir um 7 Uhr ankamen.
Diess ist kein Dorf, sondern nur ein verwüsteter Chän, wo Araber
hausen, die ihn ganz mit Ungeziefer angefüllt haben. Von da an hörten die
Kanäle auf; wir ritten über Strecken, auf denen kein Grashalm wuchs,
theilweise aber auch über gut bewachsene Wiesen, wo Araber von dem
Stamme ’Asse ihre Lagerstätten aufgeschlagen hatten; um 12 Uhr kamen
mir an einem verfallenen Chän vorbei, und l*/4 Uhr lagerten wir uns auf
einer mit Sumpfwasser versehenen Wiese neben einer grossen Kameelheerde,
die dort weidete. Am Morgen wehte ein starker Wind, der sich jedoch bald
legte, worauf wir abwechselnd starken und-schwachen Kegen hatten. Dieser
hielt auch fast die ganze Nacht durch an, wobei Mahmud, Mr. Bruhl s
Diener, noch das Unglück hatte, dass ihm während des Schlafs sein und
Brühl’s Mantel, mit denen er sich zugedeckt hatte, von den Hirten gestohlen
wurden. Am Morgen verliess uns einer der Mucker mit seinem Maul-
thiere, weil er behauptete, dass die seinem Thiere aufgebürdete Last zu
schwer sei, und wir mussten nun suchen, diese anderweitig unterzubringen.
Um 5s/4 Uhr machten wir uns wieder auf den Weg durch ziemlich gut bewachsene
und von räuberischen Arabern mit Ziegen-, Schaf- und Kameel-
heerden bewohnte Wiesen. Es regnete -wieder einige Mal ziemlich stark;
gegen Mittag erreichten wir den Fuss des breiten Höhenzuges, das Hamarin-
Gebirge genannt, welches sich bis an den Tigris erstreckt; unser Weg führte
uns mitten durch und über dasselbe. Dort sollte es, sehr gefährlich sein, alle
Gewehre wurden geladen — ich liess mir meine Pfeife stopfen, und ritt
voran. Vier Araber kamen uns entgegen, gingen aber natürlich friedlich
an uns vorüber. Gegen 2 Uhr hatten wir zur Seite einen verfallenen Chan,
und erst 4U4 Uhr Nachmittags, also nach 101/2ständigem Kitt machten wir
in einem kleinen Thale Halt, wo wir kein Wasser hatten, und es etwa
i/4 Stunde weit holen lassen mussten. Das Wasser bei dem genannten Chän
hatte salzigen Geschmack. Hier wuchs viel wilder Mohn, Kamillen, Viceen
und eine Art Schneeglöckchen; an dem Berge war Marienglas. Montag, den
19. März, brachen wir um 5 Uhr auf, und ritten in nördlicher Kichtung
über ziemlich gut bewachsene Wiesen, stiessen dann auf ein Lager von
Arabern mit etwa 40 Zelten, wo wir unter den Hunden, die bei keinem
Lager fehlen, auch mehrere Windhunde sahen, kamen dann bald an Kanäle
und Felder, mussten durch den ziemlich angewachsenen Fluss von Chormadü
(Chormadü tschaji), der in mehrere Arme getheilt ist, und lagerten uns gegen
Mittag bei Jenidsche auf einer Wiese. Gerade, als wir anlangten, fing es an
zu regnen, und kaum war unser Zelt aufgespannt, als der Regen in Strömen