
äusgetrockneten Nähr Isa, sodann gegen 4 Uhr Nachmittags hei dem Chan
Bir nusf „Chan des Brunnens der Hälfte“ vorbei, ■welcher, wahrscheinlich
zum Schutz gegen die Beduinen von dem Stamme der Ghasä'i und dem der
Anese, von einer mit Schiessscharten versehenen Mauer umgeben war, und
gelangten kurz nach Sonnenuntergang zu dem Chan Iskenderije, wo wir in
Ermangelung anderer Lagerstätten in einer Nische im Stalle neben unsern
Pferden unsere Betten aufschlagen liessen. Ich konnte die ganze Nacht
nicht schlafen, und am folgenden Morgen, Donnerstag, den 12. Januar,
brachen wir schon früh um 3 Uhr bei Mondenschein wieder auf. Der Himmel
war bewölkt, und verkündete Hegen; auch fing es in der That kurz
nach unserm Ausritt an zu sprühen, und regnete abwechselnd fort, jedoch
zum Glück sehr unbedeutend, so dass wir nicht sehr durchnässt wurden;
Noch im Pinstern kamen wir bei dem Chan Nasrije, welcher links liegen
blieb, vorbei; weiterhin rechts lag der Chan Muraib, 2 Stunden später erreichten
wir den Chan Muchawid, und gelangten dann in den Bereich des
alten Babylon. Dr. Oppert, welcher das ganze Terrain genau kannte, und
eine specielle Karte mit genauen Vermessungen davon aufgenommen hat,
war so freundlich, mich mit der Lage des alten Babel bekannt zu machen,
die verschiedenen Ansichten darüber mir mitzutheilen, und dann die seinige,
beruhend auf den Vermessungen mit Berücksichtigung der Nachrichten, die
wir bei den Alten findeny aus einander zu setzen. Wir hatten Tags vorher
in der Perne das berühmte Schlachtfeld Von Cunaxa gesehen; ein Dorf,
welches noch heute den Namen Kunesia führt, ist aber nach Dr. Oppert’s
Ansicht nicht das alte Cunaxa. Am Hände des Horizonts sahen wir vor uns
einen langen Palmenwald, an dessen nördlichem Ende das durch den Talmud
berühmte Sora oder Sura liegt. In der dortigen jüdischen Schule, wie
in dem 2 Tagereisen weiter nördlich gelegenen Nahardea, und in dem nicht
mehr vorhandenen Pumbeditha wurde der babylonische Talmud, oder richtiger,
die babylonische Gemära verfasst. — Wir passirten mehrere Hügelreihen
und mehrere theils ausgetrocknete, theils wasserhaltige Kanäle des
Euphrat, welche theilweise sich noch aus alter Zeit erhalten haben mögen.
Die eine jener Hügelreihen zog sich direct nach einem Berge hin, der den
Namen Bäh el Mudschellebe führt, und nach Dr. Oppert’s Ansicht die nördliche
Burg von Babylon war. Es ist ein länglicher Hügel, wo die französische
Expedition Ausgrabungen versucht, und unter ändern Gegenständen
auch eine macedonische Inschrift gefunden hat. Die genannte Hügelreihe
bildete die äusserste Mauer der alten Stadt.. Eine zweite Hügelreihe weiterhin,
ebenfalls in der Richtung nach dem Bäb el Mudschellebe bezeichnet
wahrscheinlich die zweite Mauer. Etwa */2 Stunde weiter sahen wir auf
derselben rechten Seite einen ändern Hügel Qasr genannt. Diess war die
alte Königsburg, in welcher Alexander d. Gr. starb. Nahe vor demselben,
mehr dem Wege zu, sahen wir einen dritten Hügel, Amran ihn Aly genannt;
auf demselben waren die wahrscheinlich terrassenförmig (wie in
Sanssouci) angelegten, hängenden Gärten der Semiramis, von denen der
Sage nach noch eine Tamariske übrig geblieben ist; den Muhammedanern
zufolge hat jedoch ihr Held Aly dort seine Lanze in die Erde gesteckt,
welche alsbald Wurzel fasste, grünte, und diesen Baum bildete. Dort war
die dritte Mauer, ebenfalls durch eine Hügelreihe angedeutet, und über
diese kam man in die eigentliche, ehemalige Stadt Babylon, welche nach
Dr. Oppert in der Diagonale eine Ausdehnung von 4 Meilen hatte, und ein
Quadrat bildete, von etwa 9 Quadratmeilen im Umfang. Die eigentliche
Stadt war bezeichnet durch eine Masse von Trümmern, Scherben und Stücken
von Backsteinen, die überall herumlagen. Durch einen ungefähr 1 Stunde
breiten Palmenhain gelangten wir endlich nach Hille, welches den Kern der
alten Stadt bildet, und an beiden Ufern des Euphrat liegt. Es hat gegen
6000 Einwohner, worunter 40—50 jüdische Familien, und nur 1 Minaret,
welches von aussen gleich denen von Bagdäd mit kleinen buntfarbigen, verglasten
Ziegeln musivisch ausgelegt ist. Ueber eine Schiffbrücke ritten wir
in den zweiten Stadttheil, und stiegen in dem von der französischen Expedition
gemietheten Hause ab.*)
Die Häuser von Hille sind, wie die des alten Babylon, und auch die
von Bagdäd, aus gebrannten oder an der Sonne getrockneten Ziegeln erbaut.
Die platten Dächer sind gleich den Decken der Zimmer gebildet
durch Balken, über welche Strohmatten gelegt sind; und auf diesen liegen
dann dichte Schichten von Lehm. Viele derselben, jedoch nicht alle, haben,
wie die Häuser in Mosul und Bagdäd sogenannte Serdäbs. Diess sind Kellerwohnungen,
in denen man Während der grossen Hitze, die von dem Monat
*) W ir erfuhren h ie r , dass 1 oder 2 T age vor u n se re r Ankunft in H ille die Cholera,
welche b is dahin längere Z e it .in B ag d äd g ra s s irt h a tte , au sg eb ro c h en , a b e r im Ganzen
sehr milde au fg e tre ten w a r , da sie tä g lic h n u r 2— 3 Opfer fo rd e rte . D a ich an ein e r
h artnäckigen E rk ä ltu n g l i t t , so h a tte ich do p p e lte V e ra n la s su n g , mich in Acht zu
nehmen.