
derûn bleiben, ritten jedoch aus Furcht vor den dort herrschenden Fiebern,
und weil die Jahreszeit schon zu weit vorgeschritten war, schon am Nachmittag
um 3 1/2 Uhr ab. Nach 1 Stunde erreichten wir das Gebirge*), und
ritten stets in südöstlicher Richtung fort bis Bailân, wo wir um 6 Uhr ankamen,
und bei einem Armenier, Namens Boghos (Paulus), einem französischen
Protégé, übernachteten. Bailân ist terrassenförmig an 2 einander
gegenüber liegenden Bergen erbaut, so dass ein Haus über dem ändern liegt,
und man von der Schwelle des einen unmittelbar auf das Dach des ändern
kommt. Durch dièsen Ort geht die_Post von Konstantinopel und die Pilgerkarawane
nach Mecea, welche von hier über Antakia nach Hamah, Homs
und Damaseus sich wendet. Von Antdkia führt aber auch ein anderer Weg
nach Ladakîa. In Bailân sollen 150 armenische und 400 türkische Familien
wohnen, deren erstere 500, letztere aber 1200 steuerpflichtige Männer zählen.
Die Abgaben der Armenier (der Charadsch) belaufen sich halbjährlich
auf 8800 Piaster, die der Türken jährlich auf 34,000 Piaster. Es hat 3
Wassermühlen. Man'findet hier Waaren von Hdleb und aus Europa. Viel
Weinbau wird getrieben, und aus den Beeren theils Rosinen, theils ein
Traubenhonig, Bökmes o der^UXj), bereitet, welcher wohlschmekkender
ist als der Dibs in Damaseus und Umgegend. In diesem Jahre 1853
hatte hier die Krankheit sämmtliche Trauben ergriffen, und die ganze Ernte
vernichtet. Bailân soll nach der Versicherung unseres Wirths einen Ort
bezeichnen, der zwischen 2 Bergen liegt. Sollte in diesem Namen nicht
vielmehr eine Verstümmelung von Pylae oder von Bajae zu suchen sein?
Denn diess ist ohne Zweifel der Pass, durch welchen Darius Codomannus
vor der Schlacht von Issus mit seinem Heere zog. Es hat einen Mutesellim.
Die Luft ist sehr gesund, nur selten zeigen sich Fieber, erzeugt durch den
Genuss unreifer Früchte. Die meisten Bewohner werden 7 0— 80, selten
auch 100 Jahre alt. Ausser den armenischen Bewohnern von Bailân, welche
sämmtlich der alten Kirche angehören, sind nur noch 5 armenische Dörfer
in der Umgegend, welche sämmtlich jenseits Antdkia liegen, und zwar:
Kesab, Joghun Oghlu, Kebse, Hadscha Kabli und Bitias; über alle zusammen
ist 1 Bischof gesetzt, welcher bald an dem einen; bald an dem ändern
. *) Mit Jo hannisbrodbäumen, Zwerge ichen und My rthensträuche rn b ed e ck t, wo wir
gleich am E ing än g e rechte vom Wege die Ruinen eines Schlosses, wahrscheinlich des
K a s te lls von Gottfried von Bouillon, e rblickten.
Urte sich aufhält. In Bailän haben die Armenier 1 Kirche, an welcher 3
geistliche (sc. Weltgeistliche) und 1 Wardapet (Dr. theol.) angestellt sind.
Sie stammen der Mehrzahl nach aus Tarsus, Adana und ändern Orten Cili-
ciens; nur die Familie unseres Wirths stammte aus Maredin, ihre Vorfahren
4aren zur Zeit des Sultan Murad (IV?) hierher gewandert. Das Haus, in
welchem wir logirten, stand an der Stelle einer alten Kirche, und zeigte noch
theilweise Spuren eines musivischen Fussbodens; die Nebenhäuser waren
an der Stelle des zu dieser Kirche gehörenden Kirchhofes erbaut.*)
Donnerstag, den 10. November, machten wir uns schon vor Sonnenauf-
Jk n g auf den Weg, ritten über 1 Stunde lang auf dem Bergpass fort, wobei
wir, wie auch am vorigen Tage, öfter eine alte, durch grosse, glatte Pflastersteine
bezeichnete Römerstrasse passiren mussten, und begegneten mehrern
Zügen von Kameelen, welche, mit Waaren aus Hdleb beladen, nach Isken-
derün gingen. Rechts von der Strasse, etwa 1 Stunde von derselben entfernt,
sahen wir die Ruine einer alten Festung und Kirche, Baghras genannt,
(vielleicht das ehemalige Pagrae?) auf der Spitze eines einzeln stehenden
Hügels, welcher rings von höhern Bergen umgeben ist. Von da soll eine
¡Quelle ausgehen, deren Gewässer unterhalb Bailan fliesst. Als wir den
ljetzten Berg hinunter ritten, luden alle unsere Leute — wir hatten deren
10, da Mr. Delaporte allein 9 Maulthiere für sein Gepäck und seinen Diener,
einen Armenier, den er auf dem Schiffe gemiethet hatte, brauchte ihre
Gewehre, und schossen sie theilweise ab, weil sie'versicherten, dass dort die
Gefährlichste Stelle sei. Scheinbar friedliche Hirten überfallen da oft die
Reisenden. Wir sahen deren Mehrere in unserer Nähe, welche uns aber
iu h ig vorüberziehen liessen, weil wir zu stark waren. Dann ritten wir den
Berg hinunter, und frühstückten an einem von dem Gjaur Tagh kommenden
¡Bache Soük Sü „das kalte Wasser“ genannt, welcher in den südlich davon
liegenden, nach Antdkia zu sich ausbreitenden, See von bedeutender Aus-
iidehnung, Baghras Bol (Gol?) „See von Baghras“ genannt, sich ergiesst.**)
W eiterhin kamen wir über mehrere Hügel, bei einem ehemaligen muhamme-
■ianischen Dorfe vorbei, von welchem nur noch die Ruinen einer Moschee
*) Vor etwa 45 J a h re n h a tte ein tu rkman isch e r H äu p tlin g , T schoban Oghlu, den
t a n z e n O rt v e rh e e rt, und die H äu se r der Armen ie r v e rb ra n n t, d e ren Grun dm au e rn zwar
t o n Stein sind, a lle s Uebrige a b e r von Holz u n d B re te rn .
1 * **) E r wird auch Ak Denis ,*das weisse Meer“ gen an n t, und is t ganz von Sümpfen
Ipingeben, v e ru rsa ch t durch die Bäche, welche von m eh re rn S eiten hineinfliessen.