
Siebzehntes Kapitel.
Reise von Kerind bis Bagdad.
Wir kamen endlich Montag, den 2. October, aber erst früh gegen 7 Uhr
fort, und ritten in nordwestlicher Richtung die Anhöhe hinunter in das etwa
1 Stunde breite Thal. Nach 3/4 Stunde sahen wir rechts am Abhange der
Felsenkette ein Dorf, Namens Hajir; 3/4 Stunde weiter lagen links dicht am
Wege einige Häuser, von denen mehrere verfallen waren; sie gehören zu
dem Dorfe Hälädä, welches i (4,~ K Stunde weiter rechts dicht an der
Felsenkette liegt. An dem Wege auf der rechten Seite war ein Begräbniss-
platz, und auf demselben ein pyramidalisch geformtes Grabmal gleich denen
in Kerind. Ein Kerinder, der mit uns ritt, hielt dort einige Momente an,
und betete, jedoch ohne Gesticulationen, und ohne den Mund oder die Lippen
zu bewegen. Wir hörten später, dass dort Einer ihrer Heiligen begraben
liege. — P ir Kerem, unser Qatirdschi, sagte, wenn er uns etwas betheuern
wollte, bedinet „bei deinem Glauben, deiner Religion! “, oder, was ihm noch
mehr galt, bepiret „bei deinem Alten!“, und der Sohn, als er einmal mit
einem blinden Schiiten, der uns begleitete, in Streit gerieth, liess diesen
ruhig auf seinen Glauben fluchen; so wie er aber anfing, „seinen Alten“ zu
verfluchen, schlug er so unbarmherzig auf ihn los, dass wir uns in das Mittel
legen mussten. — Um 10 Uhr waren wir am Ende dieses Thaies, und ritten
dann durch eine enge, beschwerliche Bergschlucht. Um 1 Uhr kamen wir
an ein Dörfchen, Mijäni Täk genannt, mit einer schlechten Karavanserai,
wo der Sohn des Qatirdschi — der Alte war abermals zurückgeblieben —
das Nachtquartier aufschlagen wollte. Mr. Brühl zwang ihn zur Weiterreise.
Wir ritten einen ziemlich hohen Berg hinan, und mussten auf der ändern
Seite einen höchst beschwerlichen Weg wieder hinunter, so dass wir genö-
thigt waren, ihn zu Fusse zu machen. Der Weg ging dann an dem Abhange
des jenseitigen Berges entlang. In der Mitte des Weges, gegen 3 Uhr kamen
wir an ein offenes Gewölbe, wie in Täki Bo st an, von Quadersteinen erbaut,
mit verziertem Gesimse, 8 Schritt im Innern lang, und 4 Schritt breit von
hinten nach vorn. Es waren aber weder Figuren noch Inschriften darin zu
sehen. Um 4 Uhr Nachmittags erreichten wir -endlich den Fuss des Gebirges
Pa i Täk, wo wir uns nahe bei einem kleinen, gleichnamigen Flüsschen
im Freien lagerten. Am jenseitigen, linken Ufer waren überall Zelthütten
aus Strohmatten mit Filzdecken, in denen kurdische Nomaden lebten. Am
Fusse des Gebirges sahen wir von Weitem noch mehrere solcher Gewölbe, so
wie eine Brücke mit mehrern Bogen neben einander. Wir hatten im Ganzen
4 — 5 Farsach zurückgelegt, und dazu beinahe 8 ’/2 Stunden gebraucht.
Dienstag, den 3. October, brachen wir um 6 Uhr Morgens wieder auf
—: der Qatirdschi war mittlerweile angekommen — ritten in dem Thale
fort um das Gebirge herum, sahen viele Nomadenlager mit Schaf- und Ziegen
oder Rinderheerden — das Thal war gut bewässert, theilweise auch
selbst sumpfig, auch viele Getraide- und Baumwollen-Felder, und eine Art
hochstengeligen Hanf mit Blüthen der Baumwolle ähnlich, arabisch Dsche-
dschul genannt — und kamen um 9 Uhr durch das medische Thor, Zagros
pylae (die Zagri pylae des Ptolemaeus) — die Strasse geht zwischen 2 Felsen
hindurch, an deren linken die ganz verwitterte Figur eines Reiters zu
sehen war — gleich darauf aber über eine Brücke, an deren linker Seite die
Ruinen einer alten Stadt lagen, nach Serpül, auch Serpll genannt, vielleicht
eine Verstümmelung von Zagros pylae (?), einem unansehnlichen Dorfe. Es
sind hier 2 Karavanserai’s, eine alte, verfallene, und eine ziemlich neue. In
einer Nische der letztem unter dem Thore lagerten wir uns. Wir hatten nur
einen kurzen Ritt von 2 Farsach gemacht, die wir in 31/2 Stunde zuruck-
legten. Auf den Bergen vor Serpül, und namentlich bis zu Pa i Täk, sahen
wir viele, und ziemlich grosse Eichbäume, daneben auch Bottom, dessen
kleine Früchte gleich den Sesamkörnern auf das Brod gebacken werden,
und Särür. Viele Mädchen trugen hier wieder Knöpfe in dem rechten
Nasenflügel. Die Bewohner sind Kurden, und wir bemerkten auch hier
Grabmäler, ähnlich denen in Kerind.
Den folgenden Morgen machten wir uns um 1 Uhr wieder auf den Weg.
Die lange und lebhafte Unterhaltung neben, die Ratten über uns, Hunde
und Katzen vereint mit Mücken und Sandfliegen um und auf uns, und ein
unruhiger Hengst dicht vor uns, hatten, verbunden mit der Hitze, mich gar
nicht, und meinen Reisegefährten nur wenig schlafen lassen. Wir zogen in