
machen wollte. — R. P. theilte mir auch die, wenn sie gegründet ist, interessante
Beobachtung mit, dass bei den Beduinen von dem Stamme der
Anese, und zwar nur bei diesen, die Frauen stets von Zwillingen entbunden
würden.
Der Pascha war damals in einer peinlichen Lage; den Kurdenaufstand
hoffte er, wie früher, bald zu unterdrücken, und das Glück begünstigte ihn
auch hier; gegen die Araber verfuhr er mit Strenge und vielleicht theilweise
mit zu grösser Härte. E r sandte 2000 Mann seiner Truppen nach Hindije,
wo ein Araberstamm gegen den früher genannten Wadi Böy im Aufstand
war. Mansur, der Scheich der Montefik, welcher der Regierung stets treu
geblieben war, kam selbst mit Gefolge nach Bagdäd, überreichte dem Pascha
einen mühsam zusammengebrachten Tribut von 80,000 Schami’s, d. i.
40,000 Thalern, machte ihm prachtvolle Pferde zum Geschenk, und erneuerte
das Versprechen des Gehorsams. Dessen ungeachtet musste dieser ihm wie
früher Samawät, so jetz t Süq esch Schiuch übergeben, und ihm auch dort
gestatten, eine Festung zu erbauen, und türkische Truppen hineinlegen zu
lassen. Der Pascha legte ihm dabei noch den doppelten Tribut auf,
und, was der empfindlichste Schlag für ihn war, liess seinen Cousin und
Nebenbuhler, Farräs, frei, welcher sogleich zu Ferhän, dem obersten Scheich
der Schemmär, ging.
Bei den Abendbesuchen, die ich Reschid Pascha abstattete, begleiteten
mich stets Mes’ud Bdy, und der Chef des Sanitätswesens für das Paschalik,
Dr. Duthieul, welchen der Pascha mit Recht besonders bebte und schätzte.
E r war früher praktischer Arzt in Paris gewesen, hatte aber, als der Sohn
eines reichen Grundbesitzers, nur zu seinem Vergnügen praktizirt, und sich
nebenbei vorzugsweise mit Entomologie beschäftigt, auch die dortige ento-
mologische Gesellschaft gegründet. Später hatte sein Vater das Unglück,
geistesschwach zu werden, und vor seinem Tode seiner Umgebung, die diesen O 7
Zustand missbrauchte, in seiner Geisteszerrüttung all sein Vermögen mit
Uebergehung seines Sohnes vermacht. Dieser überbess Jenen grossmüthig
das Ganze, und ging nach Konstantinopel, um in türkischen Diensten sich
seinen Unterhalt zu erwerben. Hier musste er sich nochmals in der medizinischen
Akademie einem Examen unterwerfen, und ward darauf zuerst
nach Galbpoli geschickt, wo er mehrere Jahre als Arzt fungirte. Von da
wurde er nach Bagdäd versetzt. In Mosul traf ich ihn, und er war es, der
mich freundlichst in seinem Kellek aufnahm, so dass wir zusammen in Bagdäd
eintrafen. E r war ein Mann von der edelsten Gesinnung, sehr bescheiden
und liebenswürdig im Umgang, klein von Statur, Zwischen 40— 50 Ja h r
alt, wie es schien, und ein tüchtiger Arzt. Er hatte eine schöne Sammlung
von Arsaciden-Münzen angelegt, und vorzugsweise auch Insecten gesammelt,
von denen er mir freundlichst eine grosse Anzahl für das zoologische
Museum von Berlin mitgab.
In dem Monat Januar kam Murray, der für Teherän bestimmte englische
Gesandte, mit grossem Gefolge nach Bagdäd, und blieb hier 6 8
Wochen, worauf er in langsamen Märschen — vermuthlich um den Persern
zu zeigen, dass die Engländer nicht zu sehr um ihre Gunst buhlten — auf
seinen Posten abging. E r war ein Milchbruder von Col. Rawlinson, und
also in gleichem Alter mit ihm, und sprach gleich Diesem eine Menge von
Sprachen, selbst das Deutsche recht geläufig. In den letzten Jahren war er
in Aegypten gewesen, von wo ihn ein. englisch - ostindisches Dampfschiff
unter Cap. Selves, der jetzt das Dampfschiff, welches zwischen Bagdäd und
Basra geht, commandirt, abgeholt hatte. Seine .Ankunft veranlasste Dr.
Henry Lobdell, Mitglied der amerikanischen Missionsstation in Mosul, in
Begleitung eines ehemaligen chaldäischen, jetzt evangelischen Schemmäs
(Diakonus) nach Bagdäd zu kommen, um dessen Fürsorge für die Station
in Urmia bei dem persischen Hofe zu erbitten. E r war eigentlich Arzt, leistete
aber der Mission die wesentlichsten Dienste. In seinem Lazareth, welches
er eingerichtet hatte, nahm er Jeden auf, welchen Glaubens er auch war,
sorgte unentgeltlich für alle Bedürfnisse der Kranken, machte sich aber zur
Bedingung, dass sie jeden Morgen und Abend mit ihm beten, und der E rklärung
der heiligen Schrift zuhören mussten. Wohl kaum 30 J ah r alt, war
er ungemein eifrig in seinem Beruf, und hatte einen seltenen Durst, sein
Wissen nach allen Seiten hin auszubreiten. Diese grosse Wissbegierde, verbunden
mit übermässigen körperlichen Anstrengungen war wohl auch der
Grund, dass er leider so bald unterliegen musste. E r wohnte bei Mr. Bruhl,
und ihm verdanke ich manche interessante Notizen über die Jesidi’s, über
Mösul u. s. w., welche ich weiter unten Gelegenheit haben werde, mitzutheilen.
Von meinem Freunde, Rev. Brühl, füge ich nur wenige Worte bei, da
ich leicht den Verdacht der Parteilichkeit auf mich laden könnte. Ohne
seine Bekanntschaft vorher in. Jerusalem gemacht zu haben, wäre ich wahrscheinlich
nie auf den Gedanken gekommen, meine Reise bis Bagdäd auszudehnen.
E r hatte mich freundlichst zu sich eingeladen, nahm mich auf