
Schiuch wächst, sondern sein Holz durch die Beduinen aus weiter Ferne
der Wüste gebracht wird, eine Art Buche zu sein.
In Bagdad war mir vor dem Klima von Süq esch Schiuch hange gemacht
worden; allein man versicherte mir hier, dass der Ort eine sehr
gesunde Lage habe. Die boutons d’Alep, welche noch in Bagdad sehr gras-
siren, kennt man hier gar nicht; auch braucht man, was für die früher mit-
getheilte Ansicht von deren Entstehungsgrund sprechen könnte, hier kein
Erdsalz, sondern nur Seesalz, welches von Basra kommt. Da die Ufer des
Euphrat, wenigstens auf der rechten Seite, an welcher Süq esch Schiuch
liegt, ziemlich hoch sind, so können hier auch keine Ueberschwemmungen
stattfinden, und damit ist der Erzeugungsgrund der Fieber gehoben, welche
in Basra so verderblich sind, und in den Niederungen zwischen Diwanlje
und Samawät, besonders an letzterm Orte, so sehr grassiren. Die Cholera
hatte zwar im Herbst Süq esch Schiuch gleich allen ändern Orten heurige-
sucht, aber im Ganzen nur 40— 50, unter denen 7 Johannisjünger waren,
hingerafft. Die Pest hatte sich seit 23 Jahren nicht gezeigt, soll aber damals
so furchtbar gewüthet haben, dass 2/3 der Bevölkerung daran gestorben
seien. Unter diesen war auch der Yater des Priesters Jah ja gewesen, welcher
nach des Sohnes Versicherung der Letzte war, der eine gründliche
und umfassende Kenntniss der Sprache, Lehren und Gebräuche ihrer Secte
gehabt hatte.
Süq esch Schiuch ist ein ziemlich bedeutender Ort, eine Stadt oder
vielmehr Marktflecken, welcher aber nach der Versicherung des Priesters
erst seit 50 Jahren gegründet sein sollte. Man sagte mir, dass er eine Bevölkerung
von 10,000 Seelen in sich fasse; doch scheint mir diese Angabe
bei Weitem übertriebeu, und kann vielleicht auf die ehemalige Bevölkerung
passen, welche vor der Pest dort gelebt haben mag; meiner Ansicht nach
belief sich die damalige Einwohnerzahl kaum auf 3000 Seelen. Diese sind'
zur Hälfte Sunniten, zur Hälfte Schiiten; auch eine Anzahl Juden leben
dort mit einer Synagoge, aber nur eine einzige christliche Familie, welche
von Bagdad dahin gezogen war. Die Häuser sind sämmtlich von Lehm
oder Ziegelsteinen aufgeführt, die Zimmer, wenn man sie so nennen darf,
sind nur zu ebener Erde. Ein einziges Haus in dem ganzen Orte hat einen
Serdäb (Kellerraum zum Aufenthalt für den Sommer), weil, wie man mir versicherte,
selbst im Hochsommer die Hitze dort nicht so gross sein soll, als
in Bagdad. Der Chan, in welchem ich meine Wohnung aufgeschlagen
hatte, lag an der Seite des Euphrat, von diesem aber durch einen grossen,
leeren Kaum getrennt, welcher als Getraidemarkt benutzt wurde. Von
dem Dache aus hatte ich also dicht vor mir stets das rege Treiben der
Menge, weiterhin den Euphrat, und jenseits desselben, so wie rechts und
links von mir auf dem rechten Ufer unübersehbare Palmenwälder, hinter
denen zu beiden Seiten die endlose Wüste sich ausbreitete.
Die allgemeine Tracht in Süq esch Schiuch ist die der Beduinen: eine
Kefije gjJtS'a u f dem Kopf, bestehend aus einem dreieckigen Tuche, welches
bei der niederen Klasse von dunkelbrauner Schafwolle oder Kameelhaaren,
bei den Vornehmern buntfarbig, in der Mitte roth, an den Rändern gelb und
weiss von Wolle mit Seide durchwirkt ist, und so auf den Kopf gelegt wird,
dass die beiden langen Enden vorn zu beiden Seiten herunter hängen, das
kürzere über den Hinterkopf herabfällt, durch einen langen braunen Strick,
welcher turbanähnlich mehrere Male darüber gelegt wird, fest gehalten,
eine gegen Sonne, Wind und Regen, wie gegen Hitze und Kälte sehr gut
schützende und bequeme Kopfbedeckung, ferner ein schmuziges grobes
Hemd durch einen ledernen Gürtel in die Höhe gezogen, und darüber die
Abaje ¿bL\£., i¿", langer weiter Mantel, bei den Armen dunkelbraun und
grob, bei den Vornehmern und Reichern feiner mit breiten braunen und
weissen Streifen; die Füsse sind gewöhnlich unbekleidet, nur Vornehmere
tragen an den nackten Füssen Pantoffeln, noch Vornehmere rothe Schuhe.*)
Die Frauen und Mädchen niedern Standes — vornehme habe ich nicht gesehen
— unterscheiden sich durch einen weiten blauen Mantel von Wolle.
Ein blosses Fess oder Tarbusch, wie? man es in Asien nennt, auf dem
Kopfe, die Tracht der türkischen Soldaten und Beamten, sah ich natürlich
an diesem den Beduinen gehörigen Orte fast nie, und nur ausnahmsweise
kamen Soldaten oder Beamte dahin, da der Scheich die Oberhoheit der
Regierung anerkannt hatte; eigentliche Turbans und zwar grüne trugen
einzelne Sé'id’s, wirkliche oder vorgebliche Nachkommen von Muhammed
oder Aly, und einen weissen Turban trug nach arabischer Sitte der Molla
*) So schreiten sie langsam e in h e r ^ - n u r die A rb e ite r gehen schnellen S ch ritte s —
fest g eh ü llt in ih re Abaje, so dass unten n u r die n ackten Beine, oben n u r das Gresicht,
le tz te re s ab e r nur zum T heil sic h tb a r ist. Die Beduinen trag en an der rechten Schulter
noch eine Keule, Spitzhammer, Stock, Speer oder L a n z e ; le tz te re , oben m it e ise rn e r
Spitze v e rseh en , b e s teh t aus einem langen dicken und fe s te n , ab e r beweglichen Rohr,
welches ü b e r B a sra aus Indien kommen soll.