
viel grösser und kräftiger sind als die Hengste. Da diess eine Ausnahme von
den Kegeln der Natur ist, so muss man annehmen, dass es das Resultat eines
diätetischen Einflusses sei. In der That lassen die Araber von dem Stamme der
Beui-Sahar, welche diese Raçe besitzen, ihre männlichen Füllen fast gar nicht
saugen, sie ernähren sie mit Kameelmilch, eine Diät, welche auf Kosten der
jungen Thiere durch die Sparsamkeit bedingt wird. Denn die Natur hatte ein
für ihre Organisation geeigneteres ernährendes Fluidum für sie vorbereitet. Da
diese Beduinen einen besondern Geschmack für das Erziehen von Stuten haben,
so sorgen sie dafür, dass ihre weiblichen Füllen wenigstens 2 Monate von ihren
Müttern gesäugt werden; dann erst geben sie ihnen Kameelmilch, und pflegen
sie mit einer Sorgfalt, deren allein die Araber der Wüste fähig sind.
Mit Ausnahme von Aegypten, wo Mehemed Ali eine Thierarzenei-Schule
gegründet hat, ist die Kunst, die Hausthiere zu heilen, in der Türkei noch jetzt
in dem Zustande der vollständigsten Kindheit. Sie besteht lediglich aus abergläubischen,
lächerlichen, absurden, oft selbst gefährlichen Praktiken. Die
Säckchen, die Amulete, die man bald längere, bald kürzere Zeit an die Mähnen
oder Schweife der Thiere hängt, spielen eine grosse Rolle in der Thierheilkunde
des Landes; gewisse Zeichen, Grimassen oder Verzerrungen (certains signes,
grimaces ou contorsions) setzen die Heilung fort, und ganz unnütze, oft unkluge
chirurgische Operationen beendigen sie. So nimmt man die Seitenknorpel der
Nase ab, um die Pferde von der Appetitlosigkeit zu heilen, ohne nur im Geringsten
der wahren Ursache dieses vielen Krankheiten gemeinschaftlichen Symptoms
nachzuforschen. Die arabischen Thierärzte lassen auch den Pferden zur
Ader; aber diess geschieht mit so schlechten und so stumpfen Instrumenten,
dass die Haut und die Wände der Ader dabei mit zerrissen werden. Sie wenden
auch das Brennen (la cautérisation transcurrente) an; und man muss zugeben,
dass sie in gewissen Fällen, in denen wir es nicht anwenden, zuweilen schnelle
und dauernde Heilung erzielen, namentlich bei der Behandlung von Ophthalmien,
wenn sie die folgenden Kennzeichen haben: wenn sie in einen chronischen
Zustand übergegangen sind, wenn eine schmerzlose Verstopfung (Verschleimung)
des Zelleng'ewebes der Augenlider mit einem dicken Thränenfluss und
fortwährender Annäherung der Augenlider sich zeigt, so nimmt der Araber statt
der reinigenden, auflösenden, stärkenden Augensalbe einen grossen Nagel mit
stumpfer Spitze mit seiner Zange, macht ihn glühend roth, und zieht einen länglichen
Kreis um das Auge. Dieses Verfahren heilt fast stets in den erwähnten
Umständen. Ich habe diese Operation oft und stets mit glücklichem Erfolge
in Aegypten an Rindern bei dieser Art von Aifection machen sehen; auch muss
ich noch bemerken, dass diese Brennmittel sehr unbequem, schlecht gemacht
sind, und dass die schlechte Façon dieser Instrumente oft die Ursache von Zufällen,
von Fehlern werden, welche auf das Brennen erfolgen. Einigermassen
schwierige Operationen werden fast immer aus Mangel an anatomischen Kenntnissen
verfehlt.
Ueber die Rechtsfälle der thierärztlichen Praxis verdanke ich die wenigen
Anweisungen dem angesehensten Kurschmied in Damascus.
In Frankreich ist die Rückgabe der Hausthiere durch die alten Gewohnheiten
der Provinzen und durch die Artikel 1641^49 des Civil-Codex geregelt.
Die ansteckenden Viehseuchen hatten die Aufmerksamkeit der europäischen
Regierungen in Folge der Unfälle, die sie im Laufe des letzten Jahrhunderts
verursachten, erregt, und der König von Frankreich machte sie zum Gegenstand
einer besondern Gesetzgebung, die durch den Ausspruch des Staatsraths vom
16. Juli 1784 ausgedrückt wurde.
In der Türkei findet man nichts Derartiges, nichts Geschriebenes. Der
Qor’än bleibt stumm, oder, wenn er etwas sagt, so geschieht diess auf eine ausweichende
Art, so dass der Reichste, der Einflussreichste mit einigen Intriguen,
an denen es nie fehlt, stets sicher ist, den Process zu gewinnen. —• Wenn es erwiesen
wird, dass ein Pferd zur Zeit des Verkaufs gesund war, oder doch gesund
zu sein schien, so kann keine Rückgabe stattfinden, wenn es krepirt, selbst in
dem Falle nicht, wenn die Organe Spuren alter Degeneration an sich trügen.
Diess scheint mir sehr vernünftig in einem Lande, wo die vermeintlichen Thierärzte
keine Kenntniss von der beschreibenden, noch weniger von der pathologischen
Anatomie haben, und nur sehr mangelhafte Besichtigungen geben können.
Wenn ein Hengst oder eine Stute nicht seine Ration frisst, hat der Käufer das
Recht, das Pferd zurück zu geben. Dasselbe gilt auch von den Pferden der
Wüste, welche besondere Zeichen ihrer Ra^e und ihrer Qualität an sich tragen,
wenn der Verkäufer den Käufer betrügt, was oft geschieht, sofern der Letztere
nicht die gehörige Kenntniss der Marken oder Zeichen hat.*) Ist der Käufer
in Zweifel, so zieht er eine Person zuRathe, welche im Besitz eines Buches oder
der Wissenschaft der Kennzeichen ist, die im Grossen betrieben wird. Ist der
Käufer betrogen, so macht er dem Verkäufer den Process; dieser muss vor Gericht
erscheinen — das Gericht überlässt die Entscheidung einem in der Wissenschaft
der Zeichen Bewanderten, welcher den Ausspruch giebt — und der Process
ist geendigt. Die Trächtigkeit der Stuten ist auch zuweilen Gegenstand
einer Garantie, worüber man überein gekommen ist; aber sie gewährt nur eine
sehr prekäre Sicherheit, da bei den Besichtigungen der Verkäufer stets wird
sagen können, die Stute habe nach dem-Verkaufe abortirt.
Die thierärztliche Jury in Damascus besteht aus 3 Kurschmieden, von denen
Jeder der Reihe nach 1 Jahr das Präsidium führt.
Die Klage wegen der Zurückgabe muss vor dem Verlaufe von 3 Tagen erhoben
werden. Aber trotzdem, dass gewisse Fehler oder Krankheiten die Rückgabe
möglich machen, so kann man doch nichts darüber feststellen; denn, wenn
auch jene Fehler oder Krankheiten bei dem Verkaufe des einen Pferdes die
Aufhebung des Handels nach sich ziehen, so ist diess doch nicht immer bei dem
ändern der Fall, wenn bei diesem der Verkäufer die Richter gehörig besticht.
Alles geschieht für den Meistbietenden. Uebrigens hat jede Provinz, jede Hauptstadt
ihre speciellen Weisen, die Rechte zu interpretiren.
V on dem E se l.
Die Gattung der Esel theilt sich in 2 bestimmte Raijen, eine grössere und
eine kleinere. Die Grösseren haben die Höhe von 4 Fuss bis 4 Fuss 2 Zoll, zuweilen
auch noch mehr. Sie haben sehr entwickelte Ohren, ihr Haar ist gewöhnlich
schmuzig (mal teint) schwarz, mit und ohne falbe Flecken um das Maul,
ihr Hals ist stark und mit Mähnenhaaren versehen; sie haben sehr breite Unterschenkel
und Kniekehle, das Bein ist wunderbar schön geformt.
Diefee schöne Ra§e soll von Damascus stammen; ich habe jedoch Ursache
*) B e k an n tlich h ab en die Araber bestimmte Merkmale oder Kennzeichen (als weisse
F le ck e an d e r Stirn etc.), welche th e ils a ls glückliche, th e ils a ls u n glückliche angesehen
werden. P fe rd e mit den le tz tem (unglücklichen) Malen kan n man d ah e r in der Regel
sehr b illig kaufen.