
teau aus kahle Felsen. Es drohte den ganzen Tag mit Regen, und war ab-
■wechselnd drückend warm und kalt, regnete aber nur wenig. Am Abend
war ein Gewitter im Anzug; in der Nacht hatten wir wieder starken Regen,
der anfangs von Gewitter begleitet war. E r wurde so heftig, dass er auch
unsere Betten durchnässte, und am Morgen wollten unsere Beduinen wegen
der grossen Nässe nicht fort. Wir liessen aber aufpacken, und machten uns
unter noch starkem Regen, der erst nach 1 Stunde nachliess, um 61/* Uhr
auf den Weg. Wir ritten allmälig in die Tiefe und hatten wieder Basalt
über Kalkstein: Nach etwa 3 Stunden kamen wir bei dem Dorfe Merdsch
oder Merdschlahän vorbei, dessen sämmtliche Häuser eine konische Form
hatten, und ritten bis dahin südlich, von da an aber westlich. Kurz darauf
mussten wir durch den zwar nicht tiefen, aber reissenden Bach Dscholäb,
wo wir unter Pappeln frühstückten. Dann ging es in sumpfigem Terrain —
denn es hatte hier 14 Tage lang fast ununterbrochen geregnet — weiter
bei Indschirle und Jarich dschürün rechts, links Qantara, rechts davon Ulu
bagh und Süriin mit 1 Minaret, yorbei bis Orfa, wo wir gegen 3 Uhr Nachmittags
anlangten, nachdem wir wieder theilweise starken Regen gehabt
hatten. Wir stiegen hier in dem Hause des englischen Agenten, eines, wie
es schien, wohlhabenden Jakobiten, Namens Moksischüa ab, der uns oben
sein Empfangszimmer, und unten ein Gemach für unser Gepäck und unsere
Diener einräumte. Wir wurden genötbigt, en famille mit ihm zu speisen,
was uns nicht sehr behagte, weil wir gleich ihm und den Seinigen mit den
Fingern aus Einer Schüssel essen mussten, und Mr. Boutcher bekam vor
Ekel einen Fieberanfall. -— Hier verliessen uns unsere Beduinen, weil wir
nun in dem Bereich der ’Anese waren. Zufrieden mit ihrer Eskorte gaben wir
ihnen noch ein gutes Bakschisch, und so kehrten auch sie befriedigt zurück.
Zweiundzwanzigstes Kapitel.
Aufenthalt in Orfa, und Reise bis Häleb,
Orfa, das ehemalige Edessa, ist noch immer eine schöne und ansehnliche
Stadt. Dicht unter dem steilen Felsen, auf welchem die Festung und
Residenz der alten Könige war, breitet sie sich an dessen Nordseite aus,
Maulbeergärten schliessen sie namentlich an der Ostseite ein. Die Zahl der
Häuser wird auf etwa 6000 angegeben, unter denen über 4000 muhamme-
danische, mehr als 1000 armenische, gegen 200 jakobitische, 20 — 30 chal-
däische, und ungefähr 30 jüdische Familien wohnen. Es sollen hier 30
grosse und 18 kleine Moscheen.sein. Die Armenier haben nur 1, die Jak o biten
aber 2 Kirchen in der Stadt. Die Basär’s sind zwar nicht breit, aber
überwölbt.
Unser erster Ausgang war nach der armenischen Kirche. Diese ist in
dem J . 1817 ganz neu wiedQ aufgebaut worden, aber nach der Versicherung
des Priesters soll sie im J . 22 p. Chr. (? unter dem König Abgar) gegründet
worden sein. Sie ist der Jungfrau Maria geweiht. Der Hochaltar ist breit
und reich verziert; links davon ist das Urbild der Jungfrau Maria, welches
der Sage nach, als die Kirche vollendet war, von selbst in den Felsen eingegraben
sich zeigte. Rechts von dem Hochaltar ist ein kleiner Altar dem
Addaeus geweiht, dem Schüler des Thaddaeus, der Einer von den 70 Jüngern
war. Von da gingen wir in den Hof der Moschee von Achmed Pascha, an
deren Seite das bekannte grosse ummauerte Wasserbassin mit unzähligen
kleinen den Karpfen ähnlichen Fischchen ist. An der ändern südwestlichen
Seite ist die alte Moschee Chalil er rahman „der Freund des Barmherzigen“ ,
d. i. Abraham (nach Ändern wird sie Chalil Ibrahim genannt, weil bei den
Muhammedanern Abraham W g fo f r der Freund sc. Gottes heisst),
und am Ende des Bassins ein Kiosk, der einzige in Orfa, aus Holz
und Bretern Über das Wasser gebaut. Die Fische gelten den Juden,
23 P e t r r m a n n , Reise im Orient. II.