
bezeichnet; für Schatt (Fluss) sagen sie Mä’ el kebir (grosses Wasser) oder
Mä’ es sagbir (kleines Wasser). Ebenso -wollen sie auch nicht, dass man die
Wörter Lubije (eine Art essbarer Bohnen) und vor Allen nicht Chass ausspreche.
Diess ist eine Salatpflanze mit grossen zackigen Blättern. Woher
diess komme, habe ich nicht erfahren können; vielleicht hat der Name von
beiden in dem Kurdischen einen dem des Satan ähnlichen Klang. Wo sie
diese sehen, reissen sie dieselbe aus. Mir wurde in Bagdäd erzählt, dass
einst ein Mann aus Mösul einen Juden zu dem Scheich A ly — denn sie
haben durchgängig moslemische Namen — mit einer Eselsladung von diesem
Lattich sandte. Der Scheich fragte ihn, von wem er diess habe, und
gab dem Juden, der es zurücknehmen musste, 1000 Piaster. Jener Mann
glaubte, ein gutes Geschäft zu machen, und brachte darauf selbst ein gleiches
Geschenk zu ihm, ward aber von diesem, als er sich überzeugte, dass
derselbe auch den Juden abgesendet hatte, geiödtet. Diess war vor ungefähr
20 Jahren geschehen. — Sie selbst nennen sich Däseni Plur. Dawäsen,
scheinen aber keine Abneigung gegen die Benennung „ Je s id i“ zu haben.
Den letztem Namen leiten sie den Moslemen zu Liebe von dem Chalifen
Jesid ab, was aber wahrscheinlich ganz gegen ihren Sinn ist, da er ihrer
Annahme zufolge sicher von Jesd „Gott“ abzuleiten ist, und sie sich also
eigentlich „die Göttlichen“ nennen. Aehnliches sahen wir bei den Man-
däern. Es kann kein Moslem oder Jude, und wohl auch kein Christ in ihre
Religion aufgenommen werden, gerade wie bei den Drusen, mit denen, wie
mit den Nosairi’s, sie manche Verwandtschaft zu haben scheinen. Sie hassen
die Christen, gleich den Juden und Muhammedanern, sagen aber aus Klugheit
zu den Einen, wie zu den Ändern, dass sie ihnen vorzugsweise geneigt
sind. — Die blaue Farbe ist bei ihnen besonders verpönt, Alle IM nicht bloss
die Priester —t; tragen schwarze .Turbans, aber die weisse Farbe schätzen sie
am höchsten. Ih r Hohepriester trägt einen weissen Turban und eine weisse
Abäje (Mantel), aber unter derselben eine- rothseidene Jacke. Sie haben ein
politisches Oberhaupt, jetzt Husein Bey, und ein religiöses, jetzt Scheich
Nasir; beide Würden sind in ihren Familien erblich. Ausserdem haben sie
noch mehrere Klassen von Priestern, zuerst die Pirän, „ d ie Alten“, die
zweite Ordnung ist die der Kawwäl, die dritte die der Musikanten, die vierte
die der Faqir’s. Die Letztem gehen schwarz. Die beiden Oberhäupter woh- ‘
nen nahe bei Scheich Ade. Diess ist ihr grösstes Heiligthum, ihr Haupttempel,
der nach der Angabe der benachbarten Christen ursprünglich eine
christliche Kirche gewesen sein soll, und von Westen nach Osten gerichtet
ist. E r ist in dem Umkreise von 1/2 englischen Meile von vielen ändern
Gebäuden umgeben, bestimmt für die verschiedenen Gemeinden, welche alljährlich
zu dem 8 Tage lang gefeierten Feste hier zusammen strömen.
Diess ist ihr grösstes Fest, welches jeder Jesidi wenigstens 1 Mal in seinem
Leben besuchen muss. Ausserdem haben sie noch 2 andere Feste, von denen
das eine ebendaselbst, das andere in dem Orte ßäscheka, wo ein kleinerer
Tempel ist, nicht weit davon in dem Monat März gefeiert wir* Ueber dem
Eingang desselben ist ein Hirtenstab, welcher den Baum des Lebens darstellen
soll, eine Schlange zur Erinnerung an die Schlange des Paradieses,
eine Hacke, womit jener Baum umgehauen ist (siehe jedoch weiter unten),
und ein Kamm eingehauen, zum Zeichen, dass jeder Jesidi, bevor er in das
Paradies eintreten darf, sich kämmen soll. In dem Tempel, welcher 3 Reihen
Säulen hat, ist ein kleines Wasserbassin, und vor demselben noch ein zweites;
in dem letztem werden die Kinder zwischen dem 8. Tage nach der
Geburt und dem 13. ^Lebensjahre gegen ein Geschenk an den Priester getauft.
In einem Seitengemach ist das vermeintliche Grab des Scheich Ade
mit grünem Vorhang und einer arabischen Inschrift aus dem Qor’än. Es
soll aber eigentlich nichts enthalten. Nur den Muhammedanern zu Gefallen,
um es nicht der Zerstörung Preis zu geben, nennen sie ihr Heiligthum so,
und haben es auf diese Weise ausgestattet. Innerhalb des Tempels ist an
der einen Seite eine Erhöhung. An den Festtagen tanzen und singen die
Männer im Kreise unter Instrumentalbegleitung vor dem Tempel; dann
gehen die Priester in denselben hinein. Jeder muss barfuss hineingehen und
beten. Sonstige Gebete scheinen sie nicht zu haben. Niemand darf dort auf
die Erde spucken, denn es ist ein heiliger Boden. Sie blasen die Lichter
aus, wie Dr. Lobdell selbst gesehen hat. Nach dem Feste ist der Tempel
leer; nur 1 Priester erhält darin das ewige Feuer, und besorgt die etwaigen
Taufhandlungen. Die Priester gehen in den Gemeinden umher, um den
Tribut einzusammeln; das religiöse Oberhaupt hat ein bestimmtes jährliches
Einkommen. Jeder Mann darf 4 Frauen heirathen (wie die Mandäer). Da
sie sämmtlich Ackerbauer sind, so haben sie auch das Sonnenjahr, und verehren
die Sonne als den Sitz eines Erzengels, nicht aber den Mond. Alle
Morgen und Abende sollen sie die ersten und letzten Sonnenstrahlen küssen;
Dr. Lobdell sah jedoch in der ganzen Versammlung bei ihrem grossen Feste,
dem er beiwohnte, nur 1 oder 2, die diess thaten.