
stimmt, und waren es namentlich damals gegen die Europäer — die übri-
gens auch bei jener Verfolgung verschont geblieben waren — da sie hörten,
dass Franzosen und Engländer ihnen in dem damaligen Kriege gegen Kussland
beistanden. Darum gingen auch die Europäer, und selbst die Mönche
der verschiedenen Orden, welche dort ihre Klöster haben, unangefochten in
ihren verschiedenen Trachten durch die Stadt, — Der Pr. Viceconsul, Kaf-
faelle Bigiotto, ein ebenso unterrichteter als gefälliger jüdischer Kaufmann,
dem ich meinen Besuch machte, hatte im Auftrag der russischen Regierung,
da er zugleich russischer Consul ist, früher genaue statistische Tabellen
über das Paschalik von Häleb entworfen und zusammengestellt, welche er
mir freundlichst mittheilte. Aus diesen entnehme ich Folgendes:
Das Paschalik von Häleb umfasst- 5 Städte und 1173 Dörfer. In diesen
zusammen lebten im Ja h r 1845: 28,200 Nosairi’s (oder Ansairije), 5535
Israeliten, 60,167 Christen verschiedener Confessionen und 281,143 Mos-
lemen; Summa: 375,045 Seelen. Turkmanen, und zwar von den Stämmen
Rihanlü, Tschakalli und Tschutur, waren 45,000, und die Zahl der unterwürfigen
arabischen Beduinen von dem Stamme der Hadidi: 4500. — Ain-
tab zählte 31,000 Einwohner, nämlich 18,730 Muhammedaner, 280 Israeliten
und 12,000 Christen, von denen 650 orthodoxe Griechen, 11,300 Armenier,
30 katholische Griechen und 20 katholische Armenier waren.’-—
Antäkia (Antiochien) hatte 15,300 Einwohner, darunter 4500 Nosairi’s, 150
Israeliten, 9000 Muhammedaner und 1650 Christen, nämlich 1400 Griechen
und 250 Armenier. — Endlich Häleb selbst hatte im Jah r 1848 eine Bevölkerung
von 78,014 Seelen, und zwar 54,731 Muhammedaner, 6773 katholische
und 612 orthodoxe Griechen, 2980 katholische und 1233 nicht unirte
Armenier, 1533 Maroniten, 2269 katholische Syrer, 17 Jakobiten in 2 F a milien,
992 chaldäische Christen (d. i. Nestorianer, welche zu der katholischen
Kirche übergetreten sind), 19 Protestanten und 4855 Israeliten. Die
Europäer sind dabei nicht mit gerechnet, weil sie, unter ihren verschiedenen
Consulaten stehend, nicht Unterthanen der Pforte sind. Es sind circa 80
Familien, welche seit dem letzten heftigen Erdbeben sich in das westliche,
oder nordwestliche Ende der Stadt in ein besonderes Stadtviertel, Kutäb
genannt, zurückgezogen haben, und dort eine kleine Kolonie bilden. Die
übrigen Christen wohnen vereinigt in einem Stadtviertel am nördlichen Ende
der Stadt, Dschedeide „das neue“ genannt, vermuthlich, weil es erst später
angelegt, auch ausserhalb der ursprünglichen Stadtmauer und des ehemali-
L Stadtgrabens Hegt, der jetzt in kleine Gärten verwandelt ist. Neben
demselben nach Osten zu liegt das Stadtviertel der Juden mit einer uralten
¡Synagoge, welche nach der Versicherung des Pr. Consuls noch aus der Zeit
»es zweiten Tempels sein soll. Auf einer Inschrift an einem Fenster las ich:
"110 r03 r a p n ;T Dieses Gewölbe erbaute Mar (Herr)
"Ü “'S "Py Ali, Sohn des Nathan, Sohnes
fl"litn 13 nW» des Mosche, des Sohnes von . . . .
"li'l'OlOl IW'13 mit eigner Mühe und auf seine Kosten
nbnm A n f a n g ............
. . . y hbhh
SBfl WO im Jahre 481.
Diese Jahrzahl soll nach der Versicherung des Herrn Bigiotto nach der
«eleucidischen Aera zu verstehen sein, so dass dieser Theil des Gebäudes
¿170 Jahre n. Chr. aufgeführt wäre; ich mag jedoch diese Angabe nicht ver-
fbürgen. In derselben Synagoge ist auch ein alter Codex des alten le s ta -
fments in Buchform und in Quadratschrift — Vocale, Accente und Masora
läind später dazu geschrieben worden; ich konnte aber kein Datum darin
■entdecken.
Der Pr. Consul in Jaffa, J . Murad, hatte mir einen Brief an den armenisch
en Erzbischof von Häleb, Nicolaos, mitgegeben. Ich suchte ihn daher
lauf, traf ihn aber leider nicht, da er nach Killis verreist war, auch sein Vi-
ikarius war nicht anwesend. Ich ging nun in Begleitung von S. Durighelio
■ nach der alten Kirche der altgläubigen Armenier, von welcher diese behaup-
■ten, dass die ältere Hälfte derselben noch vor dem chalcedonischen Concil,
■zu der Zeit des Katholikos Ward (?), erbaut, die zweite Hälfte aber in dem
■13. Jahrhundert hinzugefügt worden sei. Leider ist bei der Inschrift über
■ der Thüre die Jahrzahl, wie es scheint, absichtlich ausgekratzt, und weder
■ein Katholikos noch ein Patriarch dieses Namens wird von den Geschichtsschreibern
vorher oder nachher erwähnt; es muss also, wenn überhaupt der
■Name richtig ist, der eines Bischofs oder Erzbischofs von Häleb gewesen
■ sein.*)' Sie haben je tz t eine neue Kirche in demselben Hofe erbaut, und
■dicht neben dieser, so dass die Mauern an einander stossen, liegt die Kirche
■ der Maroniten. Diese, so wie die Kirchen der katholischen Armenier, der
*) An der Schulstube neb en d e r K irch e fand ich eine G rab sch rift m it d e r J a h rz a h l
B.207 der armenischen Z e itrechnung, also 1758 na ch Chr.