
durch die Rueha und ihre Geschöpfe, überschritt bei der Bildung der Erde den
väterlichen Befehl, indem er auf derselben auch allerhand schädliche Thiere
und Pflanzen schuf. Zur Strafe dafür wurde er von Abäthur, seinem Vater, aus
der Lichtwelt verbannt, und erhielt nun seinen Sitz, seine Mattärta, unterhalb
derselben. Als er den Menschen gebildet hatte, vermochte er nicht, ihn über
die Thiere zu erheben. Da brachte Hibil Siva aus dem Innersten des Lichtreiches,
von Mana rabba selbst, eine männliche und eine weibliche Seele für
Adam und Eva, die er heimlich in ihre Körper legte. Rucha, welche sah, dass
dadurch der Mensch zum Herrn der Schöpfung geworden, gebar von ihrem Sohne
Ur zuerst 7 Kinder, nämlich Sonne, Mond und die 5 Planeten, sodann 12, die
Zeichen des Thierkreises, und endlich 5 Sterne, unter denen der Sirius zu sein
scheint. Diese bestimmte sie, den Menschen theils allerlei Kummer und Pein
zu bereiten, theils sie zum Bösen zu verführen. Nach ändern Relationen wurden
diese Dämonen lange vor dem Menschen und vor der Erschaffung dieser Erde
geboren, an welcher sie selbst Theil nahmen.
Die Mandäer sagen, unsere Erde habe mit den über sie ausgespannten Himmeln
die Form eines Eies, von welchem also die Erde die untere Hälfte sei. Sie
ruht nach ihnen auf einem Ambos, weicher auf den Leib des Ur gelegt ist. Die
Oberfläche der Erde hat die Form einer Scheibe mit einer merklichen Neigung
nach Süden zu. Rund um diese geht das Weltmeer, welches nur an der Nordseite
durch ein grosses Felsgebirge aus dem reinsten Türkis abgeschnitten ist.
Unmittelbar an dieses Gebirge schliesst sich die höher hinauf gegen Norden
liegende reine Welt an, welche Meschunne kuschta genannt wird. Dort wohnen
in steter Glückseligkeit Tausende von Jahren die frommen Aegypter, welche
unter Artawan und seinem königlichen Bruder Pharao dahin entrückt wurden,
mit ihren Nachkommen, bis sie in das Lichtreich hinübergehen. Diese Erde mit
der unserigen zugleich wird von dem „grossen Meer der Gränze“ Jamma rabba
de Süf umgeben, welches Norberg fälschlich durch „mare Erythraeum“ übersetzt
hat, indem er es mit dem Jam Süf „Sehilfmeer“ der heiligen Schrift verwechselte.
Aus den Lichtwelten fliesst durch dieses grosse Weltmeer, ohne sich
mit dessen Wasser zu vermischen, der Jordan in die Meschunne kuschta, und
durch das Türkisgebirge auf unsere Erde, wo er sich (nach den 4 Strömen des
Paradieses) in 4 grosse Ströme vertheilt, t— Am Ende des grossen Weltmeeres
ist auch das Ende der Himmel, deren sie 7 annehmen. Ihre Firmamente bestehen
aus dem reinsten, weissen, dünnen und durchsichtigen Wasser, welches aber
zugleich so fest ist, dass kein Diamant es durchsehneiden kann. Die Bläue des
Himmels wird durch den Wiederschein des Türkisgebirges erzeugt.*) Auf
Schiffen fahren, von Osten nach Westen gehend, die Sterne, als böse Dämonen
an sich dunkel, aber erleuchtet durch Brillantkreuze von Engeln getragen, umher,
und erscheinen uns, je nachdem sie in einem nähern oder fernem Himmel
wandeln, grösser oder kleiner. Unter diesen sind auch die Sonne, der Mond,
und die 5 Planeten. Diese haben oberhalb des Gränzmeeres hinter einander
ihre Wachposten, Stationen, Mattarätha genannt. Alle diese 7 Wachposten,
gleichsam eine Art Absteigequartiere, von ihren, d. h. ihnen untergebenen Dämonen
bewohnt, ruhen zugleich mit der Meschunne kuschta und unserer Erde
*) F a s t dieselbe Ansicht findet sich b e i den Muhammedanern, w elche sagen, dass
die E rd e von einem Berge aus Smaragd umgehen werde, den sie Qäf nennen, und dass
dessen Wiedersehein den weissen Himmel uns blau erscheinen lasse. Wahrscheinlich
haben die Mandäer also ihre Ansicht von diesen en tleh n t.
auf dem Körper des Ur, dessen Rachen hinter der letzten Mattarta stets aufgesperrt
ist, die Seelen der Verstorbenen zu verschlingen.
Wenn ein Mensch stirbt, so fliegt seine Seele zuerst auf das Türkisgebirge,
und von da durch die Meschunne kuschta bis an das grosse Gränzmeer. Dort
ist ein Charon, welcher sie überfährt. Die Seelen der frommen Mandäer werden
sogleich übergesetzt; Andere müssen lange auf die Geneigtheit des I ährmanns
warten. Wenn sie über das Meer kommen, so müssen sie der Reihe nach die
7 Mattarätha durchwandern, in deren jeder neue Qualen und Martern ihrer harren,
wenn sie sich vieler Sünden auf Erden schuldig gemacht haben, und jede
Mattärta ist für besondere Arten von Sünden bestimmt. Gleich bei dem Eintritt
in die erste schnaubt ihnen der zweiköpfige Cerberus entgegen, zwischen dessen
2 aufgesperrten Mäuleru sie hindurch müssen. Am Eingang jeder Mattärta werden
sie gefragt, wer sie sind? und, wenn sie dann antworten können, dass sie
getauft sind auf den Namen des „ersten Lebens“ und des Manda de hajje, und
dass sie Almosen gegeben haben, so werden sie ohne Weiteres durchgelassen;
auch jener Ilöllenhund verschliesst. vor ihnen seine Rachen; im entgegengesetzten
Falle aber werden sie längere oder kürzere Zeit in jeder Mattärta gemartert.
Haben sie alle diese durchwandert, so müssen sie bei dem aufgesperrten
Rachen des Ur vorbei, welcher täglich 3000 Seelen verschlingt; und die
Seelen der Bösen sterben da den zweiten Tod. Dieser Rachen wird auch das
Scheol, die Gehenna, und das grosse Gränzmeer genannt. Wenn die Seele eines
frommen Mandäers vorübergeht, so verschliesst Ur seinen Rachen, und schläft.
Diese geht dann höher hinauf in die Mattärta des Petähil, von da zu Abäthur,
welcher ihre Thaten wägt, und, wenn er sie' vollkommen erfunden, sie einlässt
in die Lichtwelt, in welcher sie durch die Welten des zweiten und ersten Lebens
wandert, und bis zu dem Anschauen des Mana rabba gelangt.
Von dem Sündenfall Adam’s wissen sie nichts; nur an einer einzigen Stelle
des Sidra räbba findet sich eine Anspielung darauf. Sie sagen vielmehr, Adam
habe durch Hibil Siva ihre heiligen Bücher erhalten, sei darin von demselben
unterrichtet worden, und habe gleich seinen Nachkommen wie die Sprache und
Schrift, so auch die reine Lehre bewahrt. Alle Menschen waren ursprünglich
fromme Mandäer, wurden aber dennoch, weil ihrer zu Viele geworden waren,
nicht nur Ein, sondern drei Mal vertilgt, so dass jedes Mal nur Ein Menschenpaar
übrig blieb, das erste Mal durch Schwerdt und Pest, das zweite Mal durch
Feuer, das dritte Mal durch die Sündfluth, bei weicher nur Nu (Noah) mit seiner
Familie gerettet wurde. Der erste falsche Prophet, Diener des Adunai, der
Sonne, war Abrahim (Abraham), der zweite Mischa (Moses). Zu des Letztem
Zeit waren die Aegypter im Besitz der wahren Religion, und Pharao ihr König
und oberster Priester, da ihr König stets auch ihr geistliches Oberhaupt sein
muss. Dieser verfolgte gegen den göttlichen Willen Moses (Mischa) und die
Juden, daher sein Bruder Artawan sich mit 60,000 Aegyptern von ihm trennte,
welche sämmtlich nach ihrem Tode in die Meschunne kuschta versetzt wurden.
Aber auch Pharao kam nicht im rothen Meere um, sondern gelangte mit den
Seinigen nackend wieder heraus, und sie wurden ebenfalls in die Meschunne
kuschta entrückt. Mit ihnen waren alle Mandäer von der Erde verschwunden,
und die Religion der Juden, welche den Adunai, die Sonne verehrten, blühte.
Diese, die Sonne, ist aber gleichsam Stellvertreter des Petähil, welcher die ganze
Erde beherrscht, und dem alle Sterne unterthan sind. Petähil gab nun dem Salomo,
als er Mitregent des David war, eine Wolke, auf welcher er in der ganzen
Welt schnell herumfliegen konnte. Als er König ward, gab ihm Petähil seinen