
Sechzehntes Kapitel.
Reise von Hamadän über Kermanschäh nach Kerind.
Wir verweilten hier nur bis Sonnabend den 16. September, und mie-
theten uns gleich von hier aus einen Qatirdsehi aus Kerind bis BasOj däd5
welchem wir für jedes Thier his dahin 16 Qrän (5 Thlr. 10 Sgr.) gaben.
Kurz vor Sonnehuntergang ritten wir fort, es wurde bald sehr finster, wir
blieben in der Ebene, und machten nach etwa l */2 Earsach oder 2 Stunden
bei dem Dorfe Mariana wieder Halt. Wir kamen kurz vor 8 Uhr dahin,
und Hessen auf dem Begräbnissplatze unsere Betten ausbreiten. Hier schliefen
wir bis gegen 3 Uhr Morgens, und t/a Stunde später setzten wir uns
wieder zu Pferde, und machten nun den weitern, läng-ern, aber weniger beschwerlichen
und gefährlichen Weg über den Eiwend, erst noch eine gute
Strecke nördlich in der Ebene fort, dann westlich über einige Hügel, und
zuletzt über einen hohen, steilen Berg, der auch ziemlich steil auf der ändern
Seite wieder abfiel. Es waren 8 Earsach, wozu wir ziemHch 11 Stunden
brauchten. Erst kurz vor 1 Uhr Mittags langten wir in Saidabad oder
Absadabad (?) an, welches am Eingang einer grossen, fruchtbaren Ebene
liegt, und rechts und Hnks viele Fruchtgärten hat. Eine verfallene Kara-
vanserai ist i/4 Stunde vor diesem Orte (Stadt oder Dorf?), in dem Orte
selbst nur ärmbche, elende Hütten. In einer derselben nahmen wir ein Gemach
für uns in Beschlag. Man findet hier gute Weintrauben. Neben den
Muhammedanern wohnen hier auch einige Juden, und zwar 12— 15 Fami-
Hen. Der Eiwend hat dasselbe Gestein, wie der Rasfend, schwarzen
Schiefer mit weissen Quarzadem; weiterhin sind basaltähnliche Felsen und
Glimmerschiefer. Der Anbau besteht ausser dem gewöhnlichen Getraide,
auch hier hauptsächlich aus Baumwolle mit Ricinus. Unter den wildwachsenden
Pflanzen bemerkte ich S.üssholz, Dornenstauden, am Wässer besonders
die Herbstzeitlose Güleh nevrusije d y f „Neujahrsrose“
genannt, ferner jene Pseudo-Kornblume, eine gelbe, trockene, und eine der
Schafgarbe ähnliche Blume. Wir fanden hier auch gute Weintrauben,
Aepfel und Birnen, wie in Hamadän. Um D /2 Uhr in der Nacht, bevor
das Mondlicht zum Vorschein kam, ritten wir weiter, und verritten uns
zweimal, ehe wir aus Saidabad herauskamen. Nach etwa 1 Stunde kamen
wir dicht bei Serabad vorbei, wo ebenfalls gegen 12 jüdische Häuser sein
sollen. 1 Stunde später, als mittlerweile das letzte Viertel des Mondes aufgegangen
war, ritten wir durch das grosse Dorf Menderabad, immer in der
grossen, weiten Ebene fort, passirten nach 1 Stunde eine steinerne Brücke
mit 3 Bogen, unter welcher kein fliessendes Wasser war, und gelangten
über niedrige Anhöhen in ein kleines, ebenfalls fruchtbares, und vielfach bebautes
Thal mit mehrern anmuthigen Dörfern. Wir mussten darauf wieder
einen hohen Berg hinauf, und auf der ändern Seite ziemlich steil und tiefer
hinunter in eine weite Ebene. Nahe am Ende derselben lag unser Mensil
(Station), die Stadt Kengawdr, welche wir nach 91/2 Stunden, gegen 10 Uhr
Vormittags, erreichten. Die Entfernung von Saidabad wird auf 6 Farsach
angegeben. Diese Ebene ist ebenso fruchtbar- und angebaut, wie die vorigen
4—5 Dörfer liegen in derselben herum. In einer kleinen Karavanserai
Hessen wir uns nieder. Kengawdr hat schöne neue Gebäude, aber auch
Ueberreste aus dem Alterthum. An dem alten, berühmten Gebäude (wahrscheinlich
ein Tempel der Artemis, mit dem vieUeicht, da er auf einer zum
Theil künstHchen Erhöhung in der Mitte der Stadt steht eine Festung oder
Palast verbunden war), sah ich — ich glaube — 6 alte griechische Säulen,
von denen aber nur das Piedestal und der unterste Theil des Schaftes noch
stand. Inschriften habe ich hier nicht bemerkt. Ich hatte hier Gelegenheit,
einige geschnittene Steine, so wie Münzen von Seleuciden, Arsaciden und
Sasaniden zu kaufen. Es ist hier 1 Synagoge mit 1 MoUa (Rabbiner), der
hier wohnt; auch eine Anzahl Juden haben hier ihre Verkaufsläden, wohnen
jedoch theils in Nehawend (Näwend gesprochen), welches 8 , theils in
Tusargün, welches 6 Farsach entfernt ist.
Am frühen Morgen war es empfindHch kalt gewesen; den lauen Luftzug,
der uns sonst in den Nächten öfter erquickt hatte, hatten wir seit unserer
Abreise von Hamadän nicht mehr gespürt. Seit unserer Abreise von
Ispahän sahen wir auch wieder Sternschnuppen, wie bei uns, und in dieser
Nacht (vom 17. zum 18. September) deren besonders viele. Etwa 1/2 Stunde
nach Sonnenaufgang wurde es, w ie immer , sehr heiss; später erhob sich,