
andere weisse und blassrothe mit inwendig geschlitzten kleinen Blättern,
viele kamillenartige und andere Blumen. — Um Mittag kam ein Trupp von
225 geflogenen Kurden, die von 50 Soldaten escortirt wurden Es war
bejammernswerth, mit welcher Brutalität sie von den Soldaten, die zu Pferde
waren, zum Marsche mit Peitschenhieben getrieben wurden. Ihre Hände
waren mit Hölzern zusammengebunden; vor Hunger, und Durst, wie vor
Mattigkeit vermochten sie kaum in der brennenden Sonnenhitze sich noch
fortzubewegen, nur wenige Kranke sassen oder lagen vielmehr auf Eseln,
sie schrieen nach Brod, Einer von ihnen war schon unterweges gestorben,
3-—4 starben, wie wir später hörten, noch auf der kurzen Strecke bis Altün
Köprü. Die escortirenden Soldaten nahmen einer neben uns lagernden
Karawane sämmtliehe Esel mit Gewalt weg, um die Schwächsten darauf zu
s e t z e n .W i r hörten hier, dass am vorhergehenden Tage eine Karawane
von 30 Personen zwischen Altün Köprü und Erbil gänzlich ausgeplündert
worden sei, und schickten daher Mahmud mit dem Empfehlungschreiben
zurück nach der Stadt zu dem Gouverneur. Dieser liess uns sagen, dass
jene Escorte von 50 Mann am Abend nach Erbil zurückkehre, dass wir aber
auch den nächsten Tag, wenn wir warten wollteu, eine gleiche Escorte haben
könnten. Wir wählten die erstere, und der Jüsbaschi (Hauptmann), welcher
Mahmud begleitet hatte, wartete, bis diese vorbeikam, und übergab uns dem
sie befehligenden Jüsbaschi. Kurz vor Sonnenuntergang um 5,/2 Uhr ritten
wir fort, und kaum war die Dunkelheit eingetreten, so entstand ein gewaltiger
Lärm, die Soldaten sprengten hin und her, und machten sich zum
Angriff bereit, da sie in der Ferne einen Trupp kurdischer Reiter zu sehen
glaubten, oder vielmehr zu glauben vorgaben; denn es war eine friedliche
Karawane, welche vor uns desselben Weges zog; und wahrscheinlich war
das .Ganze nur ein Gaukelspiel gewesen, um uns ihre Wachsamkeit und
ihren Muth zu beweisen, und dadurch ein grösseres Bakschisch zu erlangen.
Wir ritten ziemlich jasch, und wurden bald müde, da wir die vorige Nacht
wenig geschlafen, und auch am Tage keine Ruhe gehabt hatten; dabei war
es empfindlich kalt. Nach etwa */2 Stunde kamen wir bei einer zerstörten
Festung vorbei, die rechts auf einem einzeln stehenden Hügel lag, gegen
101/2 Uhr sahen wir auf der linken Seite ebenfalls eine alte Lehmfestung
auf einem Hügel, an dessen Fusse die Ruinen eines Dorfes zu sehen waren,
und hielten um l l 1/2 Uhr, bevor der Mond untergegangen war, auf. einer
Wiese. Um 3 1/2 Uhr zogen wir weiter, das Terrain blieb hügelig, und um
61/2 Uhr Morgens erreichten wir Erbil, das alte Arbela. Es liegt anmuthig
auf und um einen breiten Hügel, auf dessen Spitze die Qal’ah mit dem Serai
steht. Wir schickten Mahmud voraus zu ’Aly Büy, dem Waly, Gouverneur,
einem Neffen von ’Aly Pascha in Kerkük, um uns eine Wohnung von ihm
nachweisen zu lassen. Wir wurden zuerst in eine Art Chan gebracht, wo
nur miserable Ställe waren, dann, da wir diesen Aufenthalt refüsirten, in
das daneben liegende hübsche Haus eines ehemaligen Kol Aghasi (Garde-
Offiziers), wo wir uns jedoch nicht heimisch fühlten. Nachdem wir gefrüh-
stückt hatten, gingen wir fort, und lagerten uns auf einem mit einer verfallenen
Mauer umgebenen Platze, wo leider wenig Futter wuchs. Uns gegenüber
sahen wir ein halb verfallenes Minaret, welches nach dem über dem
Eingänge eingegrabenen Datum im J . d. H. 372 d. i. 982 — 3 n. Chr. von
einem (mir unbekannten) Sultan Muzäffer erbaut worden ist. — Erbil soll
nach unsers Wirths Versicherung 5-—-6000 Häuser enthalten, ist aber um
i/g oder l/2 kleiner als Kerkük, welches nach seiner Angabe an 10—12000
Häuser (! ) umfasst. Beide Zahlen sind offenbar bedeutend übertrieben, und
ich glaube nicht, dass Erbil mehr als 2000, Kerkük aber viel über 3000
Häuser enthält. In Erbil sind nur 2—3 christliche Familien, und 160—80
jüdische. Ich hatte hier Gelegenheit, einige Münzen und einen schön geschnittenen
Stein mit Kopf und Pehlewi-Inschrift zu kaufen. Da unsere
Lagerstätte wenig Futter für unsere Thiere darbot, so ritten wir um 4 Uhr
Nachmittags weiter, sahen 1 Stunde von Erbil rechts das chaldäische Dorf
Ain Keba, und hielten nach 1 lj2 Stunde auf einer gut bewachsenen Anhöhe
rechts von der Strasse; links gegenüber lag das ehemalige Dorf Reschkin,
jetzt in Ruinen.
Schon um 31/4 Uhr Morgens brachen wir bei empfindlicher Kälte wieder
auf, ritten immer in nordwestlicher Richtung über mehrere Hügel fort,
kamen nach etwa 3 Stunden bei der alten Festung Kerdeuschir vorbei, um
welche früher Gärten und fliessendes Wasser gewesen sein soll, und gegen
10 Uhr an den grossen Zäb. Durch den ersten Arm desselben musster wir
bis auf eine Sandinsel reiten. Hier waren Kellekdschi’s , welche uns überfahren
sollten, aber einen enormen Preis dafür verlangten. Unter ihnen war
auch ein Araber von dem Stamme T a i, welcher zwischen dem grossen Zäb
und Erbil umherstreift, und der Regierung bald ergeben, bald im Aufstande
gegen sie ist. Dieser war von seinem Scheich dahin postirt, um zu sehen,
was für Waaren übergeschifft würden. Mit ihm war der Hauptstreit, der
P e t e r m a n n . Reise im Orient. II. 21