
dickem schwarzem Barte. In seinen Gesichtszügen lag durchaus nichts
Wildes, vielmehr sprach sich darin eine grosse Freundlichkeit, Milde und
Wohlwollen aus. Seine Kleidung hatte nichts Ausgezeichnetes; auf dem
Kopfe trug er eine bunte Kefije, seinen Leib bedeckte eine braun und weiss
gestreifte Abäje, und an der Seite hatte er ein langes Streitschwerdt. Alle
sprangen schnell auf die Beine, auch ich erhob mich langsam. Er eilte auf
mich zu, und begrüsste mich freundlichst. Dann setzte er sich an meine
Seite, wollte sich aber nicht eher niederlassen, als bis ich mich gesetzt hatte..
E r fragte mich wiederholt nach meinem Befinden, ich ihn nach dem seini-
gen, und übergab ihm dann meine Briefe mit dem Bujuruldii des Pascha.
Während er sie las, wurde er unaufhörlich von Leuten gestört, welche zu
ihm kamen, ihn zu begrüssen, und, wenn ein grösser Scheich kam, stand er
jedesmal auf, und umarmte ihn. Nachdem er die Schreiben mit sichtbarer
Freude gelesen, versicherte er mir wiederholentlich, dass er sich sehr freue,
Col. Eawlinson seinen Freund nennen zu können, und dass er Alles, was
ich nur wünsche, für mich thun wolle. Ich dankte, ihm für seine Freundlichkeit,
versicherte ihm, dass ich vor der Hand nichts weiter bedürfe, als
Duldung in seinem Gebiete, und, nachdem ich noch eine Pfeife geraucht
und Kaffee getrunken hatte, empfahl ich mich ihm, und entfernte mich. Er
stand zugleich mit mir auf, und setzte sich nicht eher wieder nieder, als bis
ich aus dem Bereiche seines Zeltes war. Diess ist ein Zeichen von grösser
Hochachtung, welches früher, wie man mir versicherte, kein Beduinen-
Scheich dieses Stammes einem Franken gegeben hatte. Erst, seit einem
Jahre hatte dieser Scheich es gegen die englischen Consuln beobachtet. •
Leider sah ich seinen jüngern Bruder nicht, welcher seiner ungemeinen
Tapferkeit wegen |—■ er soll sich einmal durch 7000 ihn umzingelnde
Araber durchgeschlagen und 7 von ihnen getödtet haben — der-Löwe der
Wüste genannt wurde. E r kam nach meinem Weggang, und liess mir
sagen, dass er selbst zu mir kommen wolle; da er aber bald darauf einen
Kriegszug gegen aufständische Beduinen unternahm, so unterblieb diess,
und ich sah ihn viel später erst in Süq esch Schiuch. Bei meinem Weggang
gab ich der Dienerschaft nach Anweisung des Priesters ungefähr
6 Thlr. Trinkgeld (!), und langte gegen Sonnenuntergang in meiner Behausung
wieder an.
Der folgende Tag, Sonntag der 29. Januar, war einem Besuche bei
dem Priester der Johannisjünger, oder richtiger „Mandäer“, (nicht „Mendäer“
, wie man gewöhnlich schreibt) gewidmet, den ich auf sein Bitten
schon Tags zuvor ihm zugesagt hatte. Er wohnte mit allen seinen Glaubensgenossen
am jenseitigen, linken Ufer des Euphrat, und go nahe, dass
man diese Kolonie füglich als die Vorstadt von Süq esch Schiuch betrachten
konnte. Gegen 8 Uhr Morgens ging ich aus dem Chan durch die Stadt
bis an die Stelle der Ueberfahrt, wo ich mich in einem schmalen, schwankenden
Kahne übersetzen liess. Bald fand ich dort den 12jährigen Knaben
des Priesters, seinen'zukünftigen Nachfolger im Amte, welcher mir entgegen
kam, mich in sein väterliches Haus zu geleiten. Diese Behausung bestand
aus einem sehr geräumigen, grossen Hofraum, der mit einer Lehmmauer
umgeben war. In demselben, dem Eingang gegenüber, war eine Lehmhütte,
nahe dabei ein Stall für seine Kuh, und weiterhin links eine lange
Strohhüte. Ich hatte gehofft, dass er mich in sein Haus führen würde;
allein darin hatte ich mich getäuscht. E r empfing mich a u f die freundlichste
Weise, und sagte mir, dass er in der Meinung, ich würde mich in seiner
niedrigen, schlechten Hütte nicht wohl fühlen, Teppiche und Kissen in der
Ecke seines Hofes ausgebreitet habe, wo ich jedenfalls bequemer sitze, als
im Innern. Ob diess Wahrheit war, oder nur ein Vorwand, um mir nicht
das Innere seines Hauses zu zeigen, und um sein weibliches Personal vor
' meinen Augen zu verbergen, weiss ich nicht. Genug, um nicht neugierig
zu erscheinen, lagerte ich mich an seiner Seite auf dem improvisirten Divan.
Ich war von nun an jeden Sonntag bei ihm eingeladen, und benutzte diess
auch, so oft es das Wetter zuliess, aber nie hat er mich in sein Haus geführt.
Diessmal hatte ich zwar meinen Diener ebenfalls mitgenommen,
ohne welchen ich nie ausging, aber die Pfeife absichtlich zurückgelassen,
weil ich fürchtete, es möchte ihm unangenehm sein, wenn ich bei ihm
rauchen würde. Zum Glück war ich noch in dem Besitz einiger Cigarren,
die ich von Beirut her mir verspart, und zu mir gesteckt hatte. Auf seine
Veranlassung nahm ich diese aus der Tasche, und rauchte sie zur Verwunderung
aller Anwesenden; denn bald hatte sich eine Anzahl Neugieriger
aus seinen Glaubensgenossen um mich her versammelt. Wir plauderten
einige Zeit zusammen; dann wurde auf dem Hofe in derselben Weise wie
bei dem Scheich Kaffee bereitet, und erst mir, hernach den Uebrigen kredenzt.
Der Priester selbst trank nicht, und rauchte auch nicht. Einige Zeit
darauf liess er mir trotz aller Widerrede von meiner Seite ein Frühstück
auftragen, welches in einem in Butter — nicht in F e tt — gebratenen Huhne,
P k t e r m a n n , Reise im Orient. II . 7