
Die Orientalen behaupten, dass sie einen jungen Ehemann als Bräutigam
bannen oder binden können. AYenn Einer bei der Traurede des
Priesters einen Ring nimmt, und ihn bei jedem Worte des Geistlichen etwas
tiefer an den Finger steckt, so ist der junge Ehemann so lange gebunden,
bis Jener den Ring wieder abgelegt hat. Mein Diener behauptete, diess
einmal aus Scherz gethan zu haben, und versicherte, der gebundene Ehemann
habe ihm ein grosses Mahl gegeben, um gelöst zu werden. Wenn
aber, sagte er, Einer Mehl in die Hand nimmt, und davon bei jedem Worte
des Priesters etwas auf die Erde fallen lässt, oder Knoten in einen Faden
bindet, und diesen dann verbrennt, so ist keine Lösung möglich.
Wenn Einer ein langes Gebet umgekehrt betet, während ein Molla die
Leichenrede hält, so kann dieser nicht weiter sprechen.
Sie haben bestimmte Regeln für das, was an jedem Tage der Woche
zu thun ist. Der Freitag gebührt der Frau, der Sonnabend ist gut für die
Jagd, der Sonntag für den Beginn eines Baues, der Montag für den Anfang
einer Reise, der Dienstag zum Schröpfen, die Mittwoch zum Einnehmen
von Medizin, der Donnerstag für Besuche, Arbeiten, und Abschneiden der
Haare und Nägel. F ür das Letzte haben sie auch eine bestimmte Regel für die
Reihenfolge. Bei der rechten Hand beginnt man mit dem 4ten Finger, nimmt
dann den Mittelfinger, den Daumen, kleinen, und zuletzt den Zeigefinger ;
bei der linken Hand geht man in umgekehrter Folge von dem Daumen aus,
nimmt dann den Mittelfinger, den 4ten, den Zeige- und zuletzt den kleinen
Finger. Den Arabern ist auch das Weissagen aus den Furchen der hohlen
Hand nach Art der Zigeuner nicht unbekannt, und sie haben dafür einen
besondem Ausdruck „F e rä se “.
Von ärztlichen Mitteln sind mir ausser den früher erwähnten noch
folgende bekannt geworden:
Der alte Molla Säleh gab mir ein vollständiges Recept gegen eine auch
in Persien häufig vorkommende und sehr schmerzhafte Augenentzündung,
welches er als ein Specificum dafür ausgab. Es besteht aus 1 Misqäl
(11/2 Drachme) Theriak (d. i. Opium), 3 Misqäl Drachme) gebrannter
Alaun, und 12 Misqál (18 Drachmen) Temer hendi (indische Dattel). Diess
ist eine der Kastanie ähnliche Frucht mit gleich brauner Schale, aber etwas
grösser, rund, und platt gedrückt. Diese Frucht lässt man 1 Nacht im kalten
Wasser liegen. Dann drückt man das Wasser aus, und lässt es kochen.
Darauf legt man den Theriak dazu, 1/2 Stunde später die kleingestossene
Alaun (Schebl), und lässt das Ganze am Feuer, bis es zu einer festen Masse
wird. Es soll diess ein unfehlbares Mittel gegen die heftigsten Augenschmerzen
sein, die es sogleich stillt. Man nimmt davon ein kleines Stückchen
, etwa so gross wie einige Gerstenkörner, weicht diess im Wasser auf,
und streicht es mit Baumwolle in das Auge, so wie ausserhalb auf die Augenlieder.
Anfangs fühlt man etwas Brennen, welches aber sehr bald nachlässt,
und dann völlige Ruhe hervorbringt. Man nennt dieses Mittel Schaf oder
Schiäf.
Für ein sehr gutes Mittel gegen Magenleiden, und namentlich gegen
Verschleimung gilt Mann es sema „Himmels-Manna“. Dieses ist ein Thau,
der auf Baumblätter fä llt, und gesammelt wird. Am Häufigsten findet man
ihn in Persien, 3 Tagereisen von Kulpägün in dem Städtchen Chonsar. Man
schüttelt den Thau von den Blättern, oder zerstösst die Blätter mit dem
Thau, und legt die Masse in ein Säckchen. Dieses lässt man in kaltem
Wasser vom Morgen bis zum Abend liegen, und dann durch ein wollenes
Tuch von selbst durchlaufen. Darauf wird es am gelinden Feuer gekocht,
so-dass nur das Dicke übrig bleibt, welches man in den Händen zu kleinen
Kuchen macht. Nun nimmt man ein Gefäss , thut zuerst eine Schicht Mehl
hinein, dann eine Schicht von diesen kleinen Kuchen, darauf wieder Mehl
und so fort. Dieses wird persisch kesengübin, arabisch
Haläwa men as semä’, d.i. „Süssigkeit von dem Himmel“ genannt.
Veilchen werden getrocknet, mit Zucker gekocht, und dann als Thee
getrunken, oder sie werden auch mit dem Zucker o > zu einer dicken Masse
gekocht, wie Kandieszucker, und so entweder gegessen, oder mit Wasser
gekocht als Thee getrunken. Diess soll sehr kühlend sein, und wird bei
Fiebern vorzüglich angewendet. Háleb ist in Betreff der Bereitung dieses
Veilchenzuckers berühmt.
In Beirút braucht man die weissen Excremente der grossen, Chardün
genannten Eidechse als Arzneimittel, in Bagdäd ebenso die ganz ähnlichen
Excremente der Springmaus oder des Springhasen, Dscherboa genannt,
welcher dort häufig gefunden wird. *
Aeusserlich wird häufig das Schröpfen, Hedschäme, angewandt, welches
auch in dem Orient die Barbiere verrichten, daher sie Hedschschäm genannt
werden, so wie das Brennen, Kai genannt. Die Araber behaupten, dass sie
ein sehr beliebtes Buch von Iflatún (Plato) darüber besitzen, wo 30 verschiedene
Arten des Brennens, nach den verschiedenen Stellen des Körpers,
P k t b r m a n n , Reise im Orient. IT. 2 0