
kamen wir in einen Palmenwald, und dann an Getraide- und Maisfeldern
vorbei; das erstere war schon gemäht, und wurde durch Dreschwagen zermalmt,
die man hier Nörag (im Gegensatz oder aus Corruption von Vlitt)
nennt.*) Es war empfindlich kalt, und ein starker Nordostwind wehte den
ganzen Tag. East immer in nördlicher fi,ichtung fortreitend, kamen wir nach
etwa 1/2 Stunde hei dem Dorfe Kenai'seh vorbei, wo wieder ein Palmenwäldchen
war, und dann steuerten wir durch die mit Waizen, Bamien und
Dürmis (einer Bohnenart) besäete Ebene direct auf die Pyramiden los. Der
Waizen war schon gemäht, die Bamien ziemlich, der Dürmis ganz reif.
Unterhalb der Pyramiden sind 2 Beduinendörfer, beide Kefer (Dorf) genannt.
Kaum waren wir bei dem ersten angelangt, so schlossen sich uns
viele dieser Dorf- oder grösstentheils vielmehr Zeltbewohner an. Die Pyramiden
liegen auf einem ziemlich hohen Sandhügel. Vor der jetzigen ersten
schien mir den Trümmern nach zu urtheilen noch eine gestanden zu haben.
Je tz t stehen noch 4, 2 grosse und 2 kleine, von denen die erste und grösste
allein für Europäer ersteiglich zu sein scheint. So sehr ich mich fürchtete,
als ich die Höhe derselben überschaute, und die Schwierigkeit sie zu ersteigen
ermass, so entschloss ich mich doch dazu, um etwaigen Vorwürfen in
der Heimath zu entgehen. Abdullah verabredete mit dem Scheich, der selbst
hinaufkam, dass ich für 6 Mann Begleitung 22 lj2 Piaster zu zahlen habe.
Diese waren barfuss, und kletterten mit Leichtigkeit die mächtig grossen
Quadern in die Höhe; 2 vor mir gaben mir ihre Hände, und 2 Andere hoben
mich von hinten in die Höhe. In der Mitte ist ein ziemlich breiter Absatz
und eine kleine Höhle. Dort ruhte ich kurze Zeit aus. 3 Knaben mit
Wasserkrügen begleiteten mich ebenfalls, und boten mir fortwährend einen
Trunk an, den ich aber ausschlug, weil ich zu sehr erhitzt war. Als ich
etwa 3/4 der Höhe erstiegen hatte, war ich so erschöpft, dass ich längere Zeit
ausruhen musste, und fürchtete, nicht weiter zu kommen. Ich hatte noch
nichts gegessen, und ass ein Stückchen Brod, welches ich zum Kaffee erhalten
und mitgenommenJ,hatte j aber am meisten quälte mich der brennendste
Durst, daher ich wenigstens Wasser in den Mund nahm, jedoch wieder ausspuckte.
Es wurde mir ganz schwindelig, wenn idi hinunter in die gewaltige
Tiefe sah. Endlich ermannte ich mich wieder, und stieg vollends hinauf.
*) E igentlich ist der ägyptische Dreschwagen der 7 ".“" . d e r sy risch -p a lä stin en sisch e
ab e r der a“iia d e r Bib e l.
Oben ist ein breiter Platz, wo ich genugsam ausruhen, und die schöne Aussicht
über Cairo, das Nilthal, und die Pyramiden von Saqqära gemessen
konnte. Nahe bei dieser ist die 2. grosse Pyramide, deren oberster Theil
noch mit glattem Cement bedeckt ist. Einer der Beduinen machte sich anheischig,
in 10 Minuten von der ersten hinab und auf die 2. hinauf zu steigen,
sofern ich ihm ein Bakschisch von 10 Piastern geben würde. Ich hielt
es für unmöglich, und ging darauf ein. Wie eine Katze sprang er hinunter,
und, ehe die Zeit verstrichen war, winkte er mit einem Tuche von.der
Spitze der ändern Pyramide. Vor dem Hinuntersteigen hatte ich die meiste
Furcht, aber die Araber versicherten mir, dass diess sehr leicht sei. Auf der
nordöstlichen Kante war ich hinaufgestiegen, und stieg nun auf der westlichen
hinunter. In der T h a t ging es weit besser, als ich mir vorgestellt
hatte, da mich die Araber theils stützten, theils trugen. Schon bei dem
Hinaufsteigen, bei jedem Absätze und oben, hatten sie mich wegen des Bakschisch
bestürmt; ich wies sie aber standhaft zurück, indem ich ihnen sagte,
dass davon erst die Eede sein könnte, wenn sie mich mit gesunden Gliedmassen
wieder hinunter gebracht haben würden. Nun aber konnte ich mich
nicht mehr vor ihnen retten. Wie die Habichte drangen sie auf mich ein,
und ich musste tüchtig bezahlen. Dann führten sie mich nach der Nordseite,
wo der Eingang zu dem Innern (der Grabeskammer) ist. Gewarnt in
Cairo von einem Deutschen vor diesem beschwerlichen Gange, bei dem man
noch mehr von den Arabern mit Bitten um Bakschisch belästigt wird, unter-
liess ich es leider, hinein zu steigen, kaufte aber mehrere thönerne, bronzene
und Alabasterfiguren mit und ohne Hieroglyphen, so wie auch einige Versteinerungen,
von ihnen, die sie bei den Pyramiden gefunden hatten. Hierauf
ging ich zu der Sphinx* welche von Mr. Mariette an den Seiten so weit
ausgegraben war, dass man die rohen Quadersteine an ihrem Leibe sah. Sie war
ganz von Sand verschüttet, und nur der kolossale Kopf stand heraus. Hier
finden die Araber sogenannte Sphinxpfennige, die sie verkaufen, runde,
glatte Thonstückchen? Versteinerungen? Die Sphinx liegt gleichsam als
Wächterin vor den Pyramiden. Zwischen den Pyramiden liegen alte Gräber,
aus denen die Araber die Figuren herausholen. Vor der Sphinx hat
Mr. Mariette Gräber ausgegraben, welche in glattem Granit ausgehauen
mehrere Kammern zeigen. Wir gingen zuletzt in das Zelt des obersten
Araber-Scheichs. E r hielt seine Mittagsruhe; als er aufwachte, begrüsste
er Uns, und liess mir Eier auf Butter mit Käse und Brod, und dann Kaffee