
Innern. Beide Theile essen, trinken, spielen, und belustigen sich auf verschiedene
Weise. Dann wird der Gansibra gerufen. Die Braut ist mit den
Frauen und Mädchen hinter einem weissen Vorhang, einer Art von Zelt,
der Bräutigam vor demselben. Der Gansibra stellt sich davor, die 2 Tar-
mlde zu seinen beiden Seiten. Er lässt die Brautleute hinkauern, den Bräutigam
vor, die Braut hinter dem Vorhang, und zwar so, dass ihre Schultern
sich berühren. Dann liest er einige Gebete, und giebt zuerst dem Bräutigam,
und dann der Braut hinter dem Vorhang Pechta (das Brod) und darauf
Mambucha (den Wein), und zwar bei dieser Gelegenheit — und n u r bei
dieser, und ausserdem, wenn Einer von Gewissensbissen beschwert Taufe
und Communion besonders verlangt, da die Laien sonst stets Wasser als
Mambucha bekommen — Wein in dem Tempel bereitet. Sodann giebt der
Bräutigam der Braut unter dem Vorhang die Rechte, wobei er einige Worte
sagt, welche diese erwiedert. Hierauf geht er zu der Braut hinein, und giebt
seiner jungen Frau abermals ein Geschenk an Gold oder Juwelen. Sogleich
entfernen sich Frauen und Mädchen, und lassen Beide allein. Damit ist die
Feier zu Ende, aber nach 7 Tagen müssen sie wieder getauft werden.
Früher war, und ist noch jetzt bei Wohlhabenden der Gebrauch, dass diese
ersten 7 Tage als Festtage mit Einladungen gefeiert werden; bei den Meisten
ist jedoch nur der Hochzeitstag ein Festtag. — Es steht dem Vater
frei, seiner Tochter eine Mitgift zu geben oder nicht. Scheidung ist nur gestattet,
wenn die Frau sich des Ehebruchs, Diebstahls, oder der Zauberei
schuldig gemacht; wer ohne diese Gründe von seiner Frau sich scheidet,
gilt für ehrlos gleich der F rau , die diess thut; und ebenso wird für ehrlos
erachtet, wer eine geschiedene Frau heirathet. Beide Theile sind bis in das
dritte und vierte Glied aus der Gemeinschaft der Mandäer ausgestossen.
Einem Manne ist es verstattet, 1 Tag nach dem Tode seiner Frau wieder zu
heirathen, eine Wittwe muss eigentlich 7 Jahre warten; und auch dann darf
sie ein Priester, wenn er nicht ein Poiseq (s. die Anm. 46 „ein verstossener
Priester“) ist, nicht trauen. Wegen dieser strengen Gesetze sind Viele zu
dem Muhammedanismus übergetreten.
Wenn Einer aus der Gemeinde dem Tode nahe ist, so wird er gewaschen
(getauft) und weiss angekleidet. Unmittelbar vor dem letzten Athem-
zuge wird ein von dem Priester in dem Tempel geweihter Myrthenkranz
ihm an der Stirn befestigt. Die Beerdigung findet nach der Landessitte wo
möglich noch an dem Tage des Absterbens wenige Stunden nach dem Tode
Statt. Es darf dabei nicht geweint werden, da dieser Tag mehr ein Tag der
Freude als der Trauer ist. *) Die Leiche wird in zusammengebundene Bohrstangen
ganz eingehüllt aus dem Hause gebracht, auf dem Hofe werden
4 Palmenzweige darunter gebunden, und auf diesen wird sie von 4 weiss-
vekleideten Schgandi, Kirchendienern, getragen. An einer O ° Stelle des Hofraumes
sind 3 Rohrbündel neben einander in die Erde gesteckt, über welche
die Träger schreiten müssen. Der Aelteste von ihnen bleibt dann dort zurück,
kauert hinter denselben nieder, und drückt unter einem kurzen Gebet
um Vergebung der Sünden für den Verstorbenen 3mal das eiserne Siegel
(s. Anm. 46) auf die Erde. Die Träger eilen raschen Laufs nach dem Be-
gräbnissplatz, welcher im Freien am Ende des Ortes ist. Der Priester, weiss
og ekleidet,' den Olivenstab in seiner Hand, geht barfuss ihnen nach. Dort
angekommen sagt der älteste Schganda 3mal dasselbe kurze Gebet, und bezeichnet
bei dem letzten Worte durch 3 Spatenstiche die Stelle und Länge
des Grabes. In einiger Entfernung davon setzt sich der Priester mit der
Gemeinde nieder, das Rauchfass vor sich, und liest die verordneten Gebete
aus dem 2ten Theile des „grossen Buchs“ . Die Gemeinde sitzt im Halbkreis
um ihn, raucht und plaudert dabei, während die Schgandi das
Grab graben. Wenn dieses fertig ist, und der Priester die gesetzlichen Gebete
gelesen h a t, beginnt derselbe stehend den 2ten Theil der Gebete, und
die Schgandi legen die Leiche offen auf den Rohrbündeln in das Grab, in
welchem für Kopf und Brust eine besondere Höhlung gemacht ist, und zwar
mit dem Gesicht nach Norden, nach dem Polarstern gewendet, welcher ja
das an der Pforte der Lichtwelt vor Abatur stehende Brillantkreuz ist. Dann
bedecken sie den ganzen Körper mit Steinen, oder, wie in Süq esch Schiuch,
in Ermangelung derselben, mit Erdklössen, damit die Dämonen ihm nichts
anhaben können. Darüber legen sie Rohrstangen und die in der Mitte durch*)
Ich wohnte dem Leichenbegängniss eines 84jäh rig en Greises bei. Als die Leiche
ans der H ü tte g e trag en w u rd e , fingen die weiblichen Angehörigen an zu w e in en , was
ihnen d e r P rie s te r m it Unwillen stren g untersagte. D e r erwachsene Sohn ging m it a u f den
B e g räb n issp la tz — ab e r kein e F ra u en oder Mädchen w aren dabei - se tz te sich d o rt in
den K re is , ra u c h te , p lau d e rte und scherzte m it den Ä n d e rn , wäh ren d d e r P rie s te r die
Gebete la s , und das Grab gegraben wurde. - Sie d ü rfen auch so n s t kein e T ra u e r zeig
e n , und n amentlich n ich t das H aupthaar wegen eines T odten scheeren. Ich bemerke
noch h ie rz u , dass (v g l. Muradgea d'Ohsson a llg em . Schilderung des othoman. Reichs,
deutsch von Chr. D. B e ck , Th. 1. p. 399 u. f.) auch b e i d en Muhammedanern d e r L e ich nam
m it schnellen Sch ritten nach dem Begräb n issp la tz g e trag en w ird , u n d es ve rb o ten
i s t , dabei zu weinen und zu webklagen.