
aufbrechen würde. Ich benutzte daher den unfreiwilligen Ruhetag, um die
oben mitgetheilten Notizen zu sammeln, und schrieb mir einige kurdische
Wörter auf, welche unser freundlicher Wirth, der arabisch und kurdisch
gleich geläufig sprach, mir auf meine Fragen angab. *5).
Die Ahl el Kafseha oder Tschiräk söndüren (Lichtauslöscher) haben
eine besondere Sprache, Sas genannt*), welche Niemand versteht. Eigen-
thümlich ist auch die Sprache der Kurden von Märedin und weiter nördlich,
Dümbeli genannt, welche ebenfalls unverständlich ist; auch Christen und Mos-
lemen sprachen sie dort. Lesan Turani ist die Sprache der nestorianischen
Christen. Sie nennen: Brod Uachmu — Fleisch Chobsu (nicht umgekehrt?)
Zwiebel Baslu - Waizen Cheitu ff-sSGerste Saüri. — Die Kleidung
der Kurden besteht aus folgenden Stücken: Aba, der Mantel, darunter es
Sebün der Kaftan, unter diesem el Kamis das Hemde, darunter Schirwal die
Beinkleider, und endlich Schuhe Sob (?). Auf dem Kopfe tragen sie den
Tarbuseh oder el Gumma von weisser Wolle, von den Kurden meist Taqije
genannt, das Tuch um denselben heisst Tschidaje oder Mechame (für
Maehrame).
Die Weiber der- Beduinen tragen einen blauen Kittel, keine Beinkleider,
und ein seidenes Tuch, el Ma’sab genannt, über dem Kopfe.
Montag den 5. Deceimber- brachen wir mit der ganzen Karawane früh
7 Uhr von Aamuda auf. In unserer Begleitung war auch ein Pilger aus
Maiocco, welcher von da zu lu s s e nach Mecca gewallfahrtet war, und nun
auf dieselbe Weise nach Bagdad zu dem Grabe des von den Moghrebinern
hoch verehrten Heiligen Abd ul Qäder wallfahrtete. E r hatte sich uns in
Biredschik angeschlossen, und blieb von da an immer in unserer Gesellschaft.
Es hatte die ganze Nacht hindurch geregnet, und regnete auch noch
den ganzen Tag. Nach 1 Stunde kamen wir an das Dorf Hasdeh, nach 2 ,(2
Stunde ebenfalls rechts bei einer Ruine vorbei, von der noch einige Mauern
auf einem kleinen, länglichen Hügel stehen, und darunter ein kleines Dorf
(nach der Ruine) Qasr genannt. Rechts und links sahen wir eine ziemliche
Anzahl Dörfer, sämmtlich an Hügel angebaut, und gelangten nach 6 Stunden
nach Nisibm. Vor der Stadt, wenn man sie noch so nennen darf, sind
) D am it is t wohl das Zaza gemeint, welches nach L esch ’s F o rschungen ü b e r die
K u rd en u. s. w. 1. Abth. St. P e te rsb . 1857. S. XXI auch u n te r dem Stamme Dümbeli
v e rb re ite t sein soll.
B rä rte n mit Tabak bepflanzt. Am Eingänge derselben ist eine grosse, schone,
B b e r wie Alles in der Türkei schon theilweise in Verfall gerathene Kaserne,
K sie gleich noch ziemlich neu ist, mit 30 Fenstern sc. ohne Scheiben im
A fte rn Stock, und vor derselben nach der Stadt zu eine kleine Moschee mit
K h ö n em Minaret. Der Ort selbst war höchst schtfiuzig, von dem genannten
iriü s s c h e n Nähr Dschaghdschagh oder Mojet Nisibin durchschnitten, der I^ fP e g in den Gassen wegen des vielen Regens theils bodenlos, theils unter
Wasser gesetzt. In einem miserabeln Chan und Kaffeehause fanden wir
L c h langem Umhersuchen endlich eine Ruhestätte neben Eseln, Maulthie-
|en Pferden u. s. w. Wir mussten, da wir ganz durchnässt waren, auf dem
■Boden vor uns ein Feuer anzünden von nassem und grünem Holze, dessen
■Rauch uns fast erstickte, da er nirgends einen Ausgang fand.
Dieser höchst ungesunde Ort, dessen sehmuziges Wasser wegen seiner
I [schädlichen Eigenschaften überall berüchtigt ist, war die frühere Residenz
I Lmenischer Könige. Sanatruk, der zweite Nachfolger von dem bekannten
I [Abgar, so erzählen die armenischen Historiker, hatte sie mit königlichem
I [Aufwand e restaurirt, und so viel darauf verwendet, dass ihm nur noch 1
I [Dirhem in seinem Schatze übrig blieb. Daher liess er vor seinem dortigen
I [Palaste eine Statue, die 1 Dirhem in der Hand hielt, errichten, und nannte
I die Stadt darnach „Mnatz min“ d. i. „Einer blieb übrig“, woraus der Name
I Medsbin wurde, mit welchem die Armenier noch heute Nisibin benennen.
Wir erwarteten hier die Nachricht und Eskorte von dem Scheich des
I [Stammes Tay, an den sich die Boten des Defterdär selbst gewendet hatten.
I [Früher hatte dieser Scheich Nisibin selbst im Besitz, doch war es ihm von
■ der Regierung wieder genommen worden, die einen Mutesellim dort einge-
I I setzt hatte, gegen welchen natürlich der Scheich feindselig gesinnt war. Es
I [ regnete die ganze Nacht hindurch, und auch noch am nächsten Morgen,
| Dienstag:, den 6. December, an welchem die Nachricht DJ 7 anlangte, dass wir
[reisen könnten, und der Vetter des Scheich uns erwartete. Unter starkem
| Regen veriiessen wir Nisibin, und trafen mit einem jungen Engländer, Mr.
[ Boutcher, zusammen, welcher auf den Defterdär gewartet hatte, um eben-
| falls unter seiner Aegide die Weiterreise vorzunehmen. E r hatte 4 Tage
[ an diesem schrecklichen Orte zugebracht, und erzählte uns, dass er daselbst
| noch die Ruine eines alten Tempels, von welchem noch 5 korinthische Säulen
stehen, und die einer alten Kirche, die ehemals auch ein Tempel gewe-
[ sen sei, gesehen habe. E r ist Maler, und reiste nach Bagdäd, um sich Mr.