
nordwestlicher Richtung durch das lange, gut bewässerte Thal, über 2 gebrechliche
Brücken, durch mehrere Kanäle, und endlich dicht neben einem
Dorfe durch den ziemlich tiefen Fluss Alwän (Holwän). Dann kamen wir
in Hügelland, stiegen aber, zum Theil sehr steil und über steinigen Boden
bedeutend mehr ab als auf, und stiessen um 5 Uhr Morgens auf eine Mauer
aus Quadersteinen, welche den Anfang einer Wasserleitung bezeichnete, die
bis Qasri Sehirin geht. Bedeutende Ueberreste, anfangs rechts, dann links
von der Strasse, und auch noch ziemlich viele Bogen sieht man davon bis an
den genannten Ort hin, wo wir um 8 Uhr Morgens anlangten. Die Kara-
vanserai und das gleichnamige Dörfchen liegen aber noch eine gute Viertelstunde
weiter. Die erstere sah von Weitem sehr einladend aus, in der Nähe
aber wurden wir gewahr, dass sie sehr unwohnlich und verfallen war, wess-
halb w ir uns ausserhalb derselben an der Mauer im Schatten lagerten. Auf
der Anhöhe darüber lagerte eine ziemlich grosse Karawane von Kerindern
mit Waaren aus Bagdäd, die sie nach Kermanschäh brachten. Das Dörfchen
neben der Karavanserai besteht aus höchstens 20 Hütten. Antiken waren
trotz aller Mühe hier nicht aufzutreiben; man sagte uns, sie fänden deren
nicht selten, beachteten sie aber nicht, und zerbrächen sie, oder verkauften
sie gleich. Hinter der Karavanserai, auf der Spitze eines Hügels, sieht man
einige Grundmauern, die einem ehemaligen Zollhause- angehören sollen.
Auf dem Begräbnissplatz darunter sind viele hohe Steine als Denkmäler
und 2 Grabstätten mit Kuppeln von Vornehmen oder Wely’s (muhammeda-
nischen Heiligen). Gegen Abend machten wir einen Spaziergang nach dem
eigentlichen Qasri Sehirin. Bis an den Hügel vor der Karavanserai erstrecken
sich Ruinen von Gebäuden aus Pflastersteinen aufgeführt. Von
dem Qasr, welches bedeutende Ausdehnung gehabt haben muss, stehen noch
viele Mauerreste. Ein grosses Gebäude, dessen Dach gewölbt, mit 4 bogigen
Eingängen nach allen 4 Weltgegenden und Fensterlöchern darüber, steht an
dem Nordende. Die dicken Mauern sind unten von Pflastersteinen, oben von
Backsteinen aufgeführt, und unten ziemlich 4 Ellen dick. Von diesem Gebäude,
neben welchem noch mehrere Ruinen sind, zieht sich eine lange
Mauer von Westen nach Osten, die einen grossen Raum vor dem Palaste
einschloss, theilweise aber verfallen ist. Inschriften sind nirgends zu bemerken.
Wir schliefen ziemlich gut, und brachen Donnerstag, den 5. October,
gegen D /2 Uhr Morgens wieder auf. Der Weg sollte sehr unsicher sein,
daher dort 2 Sultane (d. i. Hauptleute) postirt sind, deren Einer Cavallerie,
der Andere Infanterie unter sich hat, lediglich um die Reisenden bis an die
Gränze zu escortiren. Unser Qatirdschi bestellte 30 Mann zu unserer Bedeckung;
es kamen aber nur 6 Cavalleristen und 6 Mann Infanterie. Dei
Weg ging von Qasri Sehirin aus südlich, dann wendete er sich allmälig mehr
nach Westen, anfangs an dem Bergabhange hin, unter welchem der Alwän
(Holwän) fliesst, dann bergauf und bergab, bis wir gegen 8 Uhr Morgens nach
Chänekin kamen, oder vielmehr in die Nähe dieses Ortes, wo wir sogleich
in Beschlag genommen, und veranlässt wurden, unser Zelt im Freien aufzuschlagen,
da die Karavanserai, wie wir hörten, alt und schlecht war. Wir
waren nämlich nun wieder auf türkischem Grund und Boden, und die tü rkische
Regierung hatte seit einem Jahre, theils um die Perser zu chicaniren,
theils um die Beamten unterzubringen, welche in Aintäb gewesen waren, wo
die Quarantaine wegen des Krieges aufgehoben worden, hier eine solche eingerichtet,
welche uns höchst unangenehm war. Wir hatten daher anfangs die
Absicht, dieselbe zu umgehen; allein nach reiflicher Ueberlegung fanden wir
es doch gerathener, direct dahin zu ziehen, und lieber auch diesen Aufenthalt
zu ertragen, als uns vielleicht grössern Unannehmlichkeiten auszusetzen.
Wir waren nun in Arabistan, und Bagdäd sehr nahe gekommen. Die persische
Gränze war dicht hinter dem Orte, wo wir mit mehrern ändern Karawanen
in Quarantaine lagen, und ward durch einen Kanal gebildet. Ueber-
haupt aber ist sie noch lange nicht gehörig regulirt, und die russisch - englische
Commission, welche,2 Jah re vorher die ganze türkisch-persische
Gränze in der Absicht, die Streitigkeiten zu schlichten; bereist hatte, hat bis
jetzt noch trotz des grossen Aufwandes, den sie verursacht, zu keinem Resultate
geführt. Jedoch sagte uns der Quarantainearzt, die persische Regierung
habe in Folge dieser Commission schon eingewilligt, ihre Gränze noch
bis Zohab, welches 10 Stunden weiter östlich liegt, zurück zu schieben.
Bevor ich Persien verlasse, welches wir den 1. Juni, 4 Monate vorher
bei Buschihr betreten hatten, sei es mir vergönnt, noch einige Characterzüge
aus dem Leben von Feth ’Aly, Schah, dem Grossvater des jetzt regierenden
Königs Nasred din Schah, welcher durch seinen schönen, langen schwarzen
Bart sich auszeichnete, und nicht wenig eitel auf denselben war, mitzutheilen.
Er war ausserdem berühmt, (oder berüchtigt) durch seinen übertriebenen
Geiz, welchen folgende Anecdoten, die man sich von ihm erzählt, beweisen
mögen. Er hatte in seiner frühem Stellung als Gouverneur einen Kaufmann
näher kennen gelernt, welcher später verarmte, und in Teherän eine kleine