
nach sich auch von den beiden Muchtär’s des Stadtviertels untersiegeln.
Diesen Contract trägt er in die Melikeme-, den Gerichtshof, zu dem Qadhi
oder dessen Stellvertreter, und mit ihm gehen die beiden Vormünder dahin.
Sie legen die beiden Daumen der rechten Hand in einander, darüber wird
ein Tuch gelegt, und dann ein Gebet, eine Art Einsegnung, darüber gesprochen.
Hierauf wird eine gedruckte, mit dem Siegel des Sultans v e rsehene
Formel ausgefüllt, und damit ist die Ehe geschlossen. Der Bräutigam
macht sein Haus zurecht, und holt die Braut, wenn es fertig ist, aus dem
Harem, wo eine Frau seine Hand in die ihrige legt, und sie ihm dann über-
giebt. — Wenn der Vater nicht Vormund sein, und nicht einwilligen will,
so kann diess der Oheim oder der Bruder der Braut gegen des Vaters Willen
thun; wollen aber Alle diese nicht, so können sie, sofern kein Verbrechen
von Seiten des ändern Theils obwaltet, nach der Lehre der Hanefiten dazu
gezwungen werden, nicht aber nach der der Schafiiten und Malekiten. Man
sieht hieraus, dass doch auch bei den Muhammedanern eine vorherige gegenseitige
Bekanntschaft und Zuneigung vorausgesetzt wird. — Wenn ein
Beduine sich verheirathen will, So zieht er auf Raub aus, sucht Mehrere gefangen
zu nehmen, und verlangt von diesen je nach ihrem Vermögen ein
Lösegeld, wovon er die Hochzeit und die Mitgift bestreitet.
Von Allen diesen sahen wir natürlich nicl\ts bei der Feier, zu welcher
wir eingeladen waren. Die Hochzeit war vorüber, aber die Feier derselben
dauerte noch 14 Tage fort, begangen durch tägliches Schmausen und nächtliche
Umzüge mit Fackeln und Musik in den Gassen der Stadt. Den
Schlussstein bildete das den Engländern bereitete Festmahl. Der junge
Ehemann war englischer Protege, und Sohn eines der reichsten Muhammedaner
von Bagdad. Wir gingen, Col. Rawlinson an der Spitze, gegen Abend
in das Haus der Neuvermählten, und wurden, in einen Salon geführt, wo
Lehnstühle für uns bereit standen. Nach Landessitte hatte Jeder seinen
Tschubukdsehi d. i. Pfeifendiener, mit dem Tschubuk oder der Nargile
hinter sich. Kaum hatten wir uns niedergesetzt, so wurden diese in Brand
gesteckt, und uns gereicht. Wir bekamen dazu Citronat und dann Kaffee.
Dabei wurde fortwährend musicirt, und jämmerlich schön gesungen. Die
musikalischen Instrumente bestanden in 2 kleinen Pauken, einem Tambourin,
einem Hackebret, welches mit Holzstäbchen geschlagen wurde, und
einer Art Violine mit winzig kleinem Resonanzboden. Nachdem wir einige
Pfeifen geraucht und diskurirt hatten, wurden wir in einen ändern Salon
geführt, wo wir eine nach europäischer Weise servirte Tafel bereit fanden
mit Lehnstühlen zur Seite, auf denen wir uns niederliessen. Der junge
Ehemann und sein älterer Bruder sas'sen am Ende der Tafel, und liessen
sich, da sie mit Messer und Gabel nicht umzugehen wussten, das Fleisch
klein schneiden, so dass sie es mit Löffeln essen konnten. Sie tranken natürlich
auch keinen Wein, um den umstehenden moslemischen Dienern kein
böses Beispiel und keine Ursache zum Unwillen zu geben. Für uns war
Sherry, Portwein und Champagner, zu letzterem auch Champagnergläser —
denn alles Geschirr war aus dem Generalco'nsulate entlehnt auf dem Tische,
und ausserdem auch Scherbet. 'Nach beendigter Tafel zogen wir uns wieder
in den erstem Salon zurück, wo wir, wie bei dem ersten Eintritt mit einer
Art von Tusch empfangen wurden, worauf die Musik weiter spielte, während
wir unsere Pfeifen wieder rauchten, und Kaffee dazu tranken. Ein alter
Jude, welcher die Pauke spielte, machte dazu den Possenreisser, theils durch
Tänze, und allerhand Sprünge, theils durch meist sehr unanständige Spässe,
welche aber den anwesenden Muhammedanern sehr gefielen.
Am heiligen Abend v o r Weihnachten waren wir bei Col. Rawlinson
eingeladen, und am ersten Feiertage — die Engländer feiern bekanntlich
nur diesen — waren wir abermals bei Demselben, und zwar in grösser
Gesellschaft. Sämmtliche Europäer, die Verheiratheten mit ihren Frauen,
und die vornehmsten orientalischen Christen Bagdad s waren zugegen, das
Palais festlich erleuchtet, die türkische Musik des Pascha spielte europäische
Melodieh, und, als wir nach Hause gingen, zogen Fackelträger voran, welche
uns geleiteten. Das Mittagessen begann 8 Uhr Abends, das Abendessen,
z u dem-wir aber nicht blieben, gegen Mitternacht. Das Mahl war glänzend,
und die besten Weine Europa’s prangten auf der Tafel. Den folgenden
Tag fuhr Col. Rawlinson mit mehreren Engländern auf dem englischen
Dampfschiff nach Ktesiphon zur Eberjagd. E r that diess, um den vielen
Gratulationsbesuchen, welche'ihn sonst den ganzen Neujahrstag belästigen,
auszuweichen, und blieb desshalb bis zum 2ten Janua r dort. Auch wir
waren dazu eingeladen, aber theils die Witterung, theils und hauptsächlich
der Mangel eines ruhigen Pferdes, da man den Rückweg reiten musste, bestimmten
mich, zurück zu bleiben. Das Dampfschiff ging von da gleich
weiter nach Basra, um den für Teheran ernannten englischen Gesandten,
Murray, dort zu erwarten und abzuholen. Mr. Brühl ritt mit einigen ändern
Engländern 2 Tage später nach, kam aber schon den 30ten December wieder
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