
gefunden. Ich verdanke diess, wie ich glaube, dem Studium ihrer Sprache;
denn, sobald sie sahen, dass mir dieselbe bekannt war, und dass ich mich
für ihre Litteratur interessire, verklärte sich ihr ganzes Gesicht, und ihre
Freundlichkeit ging in offene Herzlichkeit über. So wurde auch Agha
Chatschik nicht müde, mir allerhand Dienste zu erweisen. E r führte mich
zuerst hei dem Pascha von Bagdad ein, und erwirkte mir von demselben
ein Bujuruldü, übergab mir selbst einen Empfehlungsbrief an den Priester
der Johannisjünger in Süq esch Schiuch, und machte mich endlich mit einem
reichen Schiiten in Bagdad bekannt, dessen jüngerer Bruder, Namens Hadschi
Homeidi es S6s in Süq esch Schiuch lebte. Diesen vermochte er, mir einen
Empfehlungs- und zugleich Creditbrief an seinen Bruder mitzugeben, wo-
, durch ich der Sorge für das Erlangen von Zuschüssen zu meiner Kasse aus
Bagdäd überhoben wurde.
Als ich in Süq esch Schiuch ankam, ging ich sogleich zu dem genannten
Hadschi Homeidi es S6s, dem angesehensten und reichsten Manne des
Orts, um ihm den Brief seines Bruders zu übergeben, mich ihm vorzustellen,
und ihn zu bitten,, mir eine Wohnung zuzuweisen. Mit erzwungener und
gemessener Freundlichkeit empfing der fanatische Schiit, ein hagerer, schon
bejahrter Mann, der seinen grauen Bart nach persischer Sitte mit Henna
roth gefärbt hatte, den verhassten Gjauren, dem er doch in Folge seiner
Empfehlung höflich entgegen kommen musste. Mehrere seiner Glaubensgenossen
kauerten in ehrerbietiger Entfernung um ihn herum, er, als der
Hausherr, sass nach orientalischer Sitte in der Mitte des Divan; ich setzte
mich, um ihm zu verstehen zu geben, dass ich mich keinesweges geringer
achte als ihn, dicht neben ihn. Nach den gewöhnlichen Begrüssungsformeln
übergab ich ihm den Brief — er hatte schon Kunde erhalten von meiner
bevorstehenden Ankunft und eröffnete ihm meine Bitte. E r fragte mich,
ob ich in einem steinernen oder in einem Hause von Lehm meine Wohnung
aufschlagen wolle? Da ich das Erstere vorzog, so meinte er, dass ich am
Besten in einem Chan wohnen würde. Ich nahm diess an, und, nachdem
er mir noch die Versicherung gegeben hatte, dass er Alles, was ich wünsche,
für mich thun wolle, entfernte ich mich, und liess mich von Einem seiner
Diener in den Chan geleiten. Dieser war von Ziegelsteinen erbaut, nur
klein, der Grösse des Orts angemessen, und hatte nur zu ebener Erde
6 — 8 dunkle Gemächer, ohne alle weitern Oeflhungen als die hölzernen
Thüren, durch welche Luft und Licht hinein kam. Vor denselben war eine
bedeckte Gallerie, deren längere Seite ein Seiler aus Kerkük zur Verrichtung
seiner Arbeit benutzte. Mehrere der Gemächer waren zu Dattelmagazinen
benutzt, die einem ebenfalls in dem Chan wohnenden Kaufmann gehörten.
Ich nahm 2 in Beschlag, das eine für mich an der breiten Seite,
als der, welche mehr Licht hatte, das andere auf der schmalen für meinen
Diener. Da aber das Licht nur spärlich in mein Gemach drang, und ich
überdiess durch die Fremden in meinen Arbeiten hier gestört wurde, so
fragte ich, ob es mir nicht verstattet sein würde, auf dem Dach mein Zelt
aufschlagen zu lassen. Man gestand mir diess sogleich zu; ich liess nun
meine Sachen dahin bringen, und ging zum zweiten Male zu dem Hadschi
damit bezeichnet man bekanntlich einen Pilger, und zwar bei den Muhammedanern
im Allgemeinen einen Solchen, der die Pilgerreise nach Mecca,
bei den Schiiten, denen Aly höher steht als Muhammed, den, der nach
Meschhed Aly zu dessen Grahe, bei den Christen endlich Einen, der nach
Jerusalem gewallfahrtet ist — um mich weiter mit ihm zu besprechen, und
namentlich über den Zweck meines dortigen Aufenthalts mit ihm zu reden.
Diessmal liess ich mir durch meinen Diener die Pfeife nachtragen, was ich
das erste Mal unterlassen hatte, daher ich auch keinen Kaffee bekommen.
Bei den Schiiten nämlich erhält man keine Pfeife, sie würde durch den Gebrauch
eines Fremden verunreinigt und ferner unbrauchbar werden. Er
sagte mir, dass Scheich Ja h ja , so hiess der Priester der dortigen Johannisjünger,
täglich nach der Stadt komme, und liess ihn aufsuchen. E r war
aber nirgends aufzufinden; und ich begab mich daher wieder nach dem
Chan, um mich in meiner Wohnung, so gut es sich thun liess, einzurichten.
Der Salon, den ich mir genommen, war gerade so breit, dass ich mein Bette
darin aufschlagen konnte, den Fussboden bildete die platte Erde, die Wände
zeigten die rohen Ziegel, ohne übertüncht zu sein, und Ratten und Mäuse
hatten sich durch dieselben aus dem dicht anstossenden Dattelmagazin einen
Weg gebahnt, auf welchem sie mir jede Nacht schaarenweise nicht gerade
sehr willkommene Besuche ahstatteten, indem sie, so wie ich das Licht auslöschte,
auf das Bette sprangen, und auf demselben sich herumjagten; ich
muss aber zur Steuer der Wahrheit und zu ihrer Ehre ihnen nachrühmen,
dass sie so anständig waren, mir nie über das Gesicht zu laufen, oder überhaupt
an meinen Körper zu kommen. Doch von diesem und anderm Ungeziefer
werde ich später mehr Gelegenheit haben zu sprechen.
Ein abyssinischer Sclave und ein anderer Diener des Hadschi aus