
hinein. Der Name derselben soll von dem arabischen Stamme Albu Chalaf
el Isa kommen, -welcher hier wohnt. Wir erreichten sie erst nach 4 Uhr;
sie ist auf Sandhügeln erbaut, die von dem Tigris aus in nordöstlicher Richtung
in das Land hineingehen. Eski Bagdad erreichten wir erst später, obgleich
wir es lange vorher sahen, da der Strom, wie überall, so auch hier,
gewaltige Krümmungen macht. Ob die genannten Araber ihren Namen von
der Festung, oder diese von ihnen erhalten, vermag ich nicht zu sagen;
genug, sie sollen sich nur hier befinden. Ih r Scheich heisst Qädhi Medsch-
mät. Sie haben bei ihren Zelten Rinderheerden, und treiben Fischfang; die
Fische bringen sie nach Imam Sämera zum Verkauf. Ein Araber kam, um
uns Butter anzubieten, ein Anderer bettelte Brod, und wieder Andere
schwammen quer über den Fluss von einem Ufer zum ändern. Diess geht
sehr leicht; die Fahrzeuge, deren sie sich dabei bedienen, haben sie immer
bei sich. Sie bestehen aus 1 oder 2 aufgeblasenen Ziegenfellen, welche sie
unter den Bauch legen, wobei sie mit Händen und Füssen rudern; oder,
und diess ist die gewöhnliche Art, sie legen die Ziegenfelle unter die Brust,
rudern bloss mit den Füssen, und halten ihre Verkaufsgegenstände mit beiden
Händen in die Höhe. Da sie meist ausser ihrem weiten Mantel keine
weitere Bekleidung haben, so sind sie auch jeden Augenblick zu der Ueber-
fahrt bereit, indem sie den Mantel zusammengewickelt sich auf den Rücken
binden. Ich sah hier auch einen Dsehenkele, einen schneeweissen Wasservogel
von der Grösse einer Ente, der zu Anfang des März sich in grossen
Schaaren in Damascus plötzlich zeigt, und von dem man nicht weiss, woher
er kommt, und wohin er geht.
Um 41/2 Uhr kamen wir bei einer Hügelkette vorbei, Dschebel Abu
Terdea genannt, welche am linken Ufer sich hinzieht, und erreichten erst
1 Stunde später Eski Bagdäd. Diess besteht aus einer Reihe alter verlassener
Bauten, Fortifikationen und Häuser, die sich auf einer Hügelkette bis
nahe an den Tigris erstrecken. Das Bette des Stroms scheint früher bis an
die Hügel gegangen zu sein, da bis dahin sandiges, flaches Ufer ist. Nur
Mauern sieht man noch, aber in grösser Ausdehnung; nahe dem Ufer ist
ein vollständiges Quadrat von Mauern, die aber, wie es scheint, ganz von
Lehm, oder von Backsteinen erbaut sind. Weiterhin erblickt man eine
lange Lehmmauer, die von dem Lande aus in gerader Linie bis an den
Tigris läuft. Eine Viertelstunde weiter sieht man wieder Mauern, die ebenfalls
zu Eski Bagdad gehören. Das jetzige Bette des Tigris hat sich aber
von ihnen mehr entfernt. Die Mauern schlossen ein Viereck ein, welches
eine Festung gewesen sein soll, die den Namen el Basât hatte; noch je tz t
wird sie so genannt. Nur 2 Seiten mit Vorsprüngen, Gegenmauern,
stehen noch. Damit ist die Hügelreihe und Eski Bagdäd zu Ende. Eine
halbe Stunde später sahen wir am linken Ufer Zelthütteü von Arabern,
welche unsere Kelekdschi’s el Hâwi mäl Sämera nannten. Hier fanden
wir die ersten Ziehbrunnen. Dazu werden Einschnitte an dem Ufer des
Tigris gemacht, welche von oben bis unter das Flussbette gehen, so dass
das Wasser hineinläuft. Ueber denselben ist eine Welle angebracht, von
welcher an einem Seile ein Schlauch von Büffelfell hinuntergelassen, und,
wenn er gefüllt ist, durch Ochsen oder Pferde wieder heraufgezogen wird.
Das oben ausgegossene Wasser fliesst durch Rinnen in die verschiedenen
Abtheilungen der Felder oder Baum- (hier meist Palmen-)gärten. Dergleichen
Ziehbrunnen gewahrt man von da an unzählige, namentlich an dem
weit mehr angebauten linken, weiterhin aber auch an dem rechten Ufer.
Diesem Dorfe liegt am rechten Ufer gegenüber Qal’at el ’Aschiq („Festung
des Liebenden“), von welcher die Ringmauern, und auf denselben noch viele
Pfeiler erhalten sind. Diese Festung, oder vielmehr dieses Schloss, von
Quadersteinen schön erbaut, an dessen Südostende vorn noch eine Säule
mit viereckigem Pilaster steht, soll ein Chalif für seine Geliebte, die er
dort verwahrt hielt, haben erbauen lassen. Am linken Ufer gegenüber,
jedoch ziemlich weit entfernt, hatte derselbe seinen Palast, von welchem
ebenfalls noch Ruinen zu sehen sind, Qal’at el Chalifa (Festung oder Schloss
des Chalifen) genannt, so dass er von den Zinnen desselben zu seiner Geliebten
hinüberschauen konnte. Einige Hundert Schritt von Qal’at el
’Aschiq ist ein kleiner Mauerrest, und wieder einige Hundert Schritt weiter
nach Süden die Festung Qal’at mâ ed Delîm*), von deren Ringmauern noch
3 Seiten sich erhalten haben. Erst kurz vor 7 Uhr kamen wir in die Nähe
von Qal’at el Chalifa. Nach 7 Uhr fuhren wir an einem spiralförmig gebauten
Thurme, der am linken Ufer lag, vorbei, Minâret el Melwije genannt.
Er hatte eine Wendeltreppe von aussen, daneben waren Mauern, die sich
eine Strecke weit hinzogen. Dieser liegt i/j Stunde ungefähr von dem
ziemlich bedeutenden Städtchen Imam es Sämera (in frühem Zeiten Ser-
*) Ich schreibe die Namen, wie ich sie von u n se rn K e lek d sch i’s g eh ö rt h a b e , und
will d ah e r n ich t für die N ich tig k e it, n am en tlich in B e tre ff d e r O rth o g rap h ie , einstehen.