
Solche, welche an alten Krankheiten leiden, höchst verderblich sein muss, und
diess namentlich, wenn sie nicht im Stande sind, sich die nöthigen Bequemlichkeiten
dabei zu verschaffen; die Krankheit verschlimmert sich, und rafft sie
schnell hinweg. — Im Sommer und Herbst ist es bei der mehr als lOOtägigen
Reise die unerträgliche Hitze der zwischen dem 34. und 22. Grad nördlicher
Breite gelegenen Wüste, welche viele Krankheiten erzeugt, insbesondere Angina
(Bräune), heftige Kopfleiden, Hirnentzündungen, Affectionen des Hautsystems,
Magen-und Darmentzündungen, Koliken aller Art, Wechselfieber, und
die furchtbarsten Dysenterien. Im Winter erzeugen sich durch den plötzlichen
Wechsel der Temperatur und den schnellen Uebergang von der Wärme des
Tages zu der empfindlichen Kälte der Nacht rheumatische Schmerzen, -Gicht,
Schnupfen, Katarrhe, Seitenstechen, Lungenentzündungen, Blutspeien und
Affectionen des lymphatischen Systems. Die Mittagsstunden sind zu allen
Jahreszeiten sehr heiss, es sei denn, dass die Reisenden mit tropischen Regengüssen
überschwemmt werden, deren Folgen gleich verderblich sind. Im Frühling
kommen zu dem Wechsel der Temperatur, welche noch nicht völlig geregelt
ist, überdiess auch die glühenden Stosswinde des Chamsin hinzu, welche in
ihren Wirbeln die Pilger mitten in eine brennende Sandwolke hüllen, die Ophthalmie
bei den Einen erzeugt, Andere versengt, und die ganze Karawane, selbst
die Thiere nicht ausgenommen, äusserst belästigt. Die, welche an einer vorgeschrittenen
Lungenschwindsucht leiden, müssen 'nothwendig während dieser
Reise abnehmen und abmagern, nicht zwar, weil die Temperatur dieser Gegenden
die Entwickelung des Uebels begünstigt — denn man findet es nuy sehr
selten bei den Beduinen der Wüste — sondern, weil sie plötzlich Strapazen und
Uebergängen ausgesetzt werden, welche ihre Schwäche nicht verträgt. Dasselbe
gilt auch von den Krankheiten des lymphatischen Systems, wenn sie schon zu
einem ,hohen Grade von Intensivität gelangt sind. Personen, welche an inter-
mittirenden Fiebern ohne schwere Desorganisationen leiden, können, sofern sie ’
reich sind, die Pilgerreise ohne Gefahr unternehmen, weil sie sich die nöthigen
Bequemlichkeiten verschaffen können. Ja, .man kann ihnen sogar die Versiche-
rung geben, dass die Zerstreuungen des Marsches, der Tumult der Karawane*
die Thätigkeit und Bewegung in derselben, ihre Genesung herbeiführen wird,
noch ehe sie die Hälfte des Weges erreicht haben werden; je weiter sie sich entfernen,
desto mehr wird auch ihr Appetit und ihre Stärke zunehmen. Dieselbe
Besserung darf man auch hoffen für Personen, die an Hypochondrie, Hysterie,
und an Krankheiten leiden, welche von moralischen Einflüssen herrühren. Für
viele Andere ist jedoch diese Reise aus den oben angeführten Gründen sehr
verderblich. Im Jahre 1844 starben von den etwa 8000 Pilgern 300 unterweges;
im Jahre 1846 wurde die Karawane, welche zu Anfang des October abreiste, und
zu Anfang des Februar 1847 zurückkehrte, von der Cholera ergriffen, welche
Viele hinwegraffte, und in Mecca selbst eine unberechenbare Zahl v o n Opfern
forderte. — Die Reichen leben auf der Reise, wie zu Hause; sie essen Reis, Geflügel,
Hammelfleisch, Backwerk und allerhand Leckereien, da sie ihre Köche
mit dem nöthigen Geschirr und grossen Vorräthen bei sich haben; die Mittelklasse
lebt etwas kärglicher, und die Armen werden gewöhnlieh von den Reichen
unterhalten, es sei denn, dass Kameele krepiren, deren Fleisch für sie bestimmt
ist. Die Karawane wird stets von einer Unzahl von Leuten begleitet,
welche die Pilger mit Allem, was sie auf der Reise bedürfen, versehen. Viele
Kaufleute benutzen diese Gelegenheit, um zugleich Vortheil aus ihrer Pilgerfahrt
zu ziehen; sie nehmen Erzeugnisse von Damascus mit nach Mecca, und
bringen von da Moccakaffee, Sclaven, indische Musseline, Straussfedern, Datteln,
Essenzen und allerlei Arten von orientalischen Wohlgerüchen mit. Auf
der Reise verkaufen sie Tabak, Mäntel für die Beduinen, Kopftücher, Sliawls,
Gürtel und Leinenzeug zu Hemden für die Frauen der Wüstenbewohner. Diese
dagegen verkaufen den Pilgern Gerste, gestossene Körner für die Kameele,
grüne Kräuter, und Stricke, um die, welche zerrissen sind, zu ersetzen, -a--Die
Rückkehr der Karawane bringt noch mehr Thätigkeit in den Handel von Damascus,
als die erste Ankunft der Pilger. Die Kaufleute kaufen leinene, seidene
und baumwollene Zeuge, Gewebe von Europa, die sie in ihf^ Heimath bringen
Die Ändern nehmen, je nachdem ihre Umstände es ihnen gestatten, mehr odei
minder werthvolle Geschenke für ihre Angehörigen mit. — Tausend Soldaten,
befehligt von einem kurdischen Anführer, decken die Karawane, um sie vor den
Angriffen der Beduinen zu schützen; aber trotzdem muss sie den Scheichs der
mächtigsten Stämme, bevor sie Messarib verlassen, einen bedeutenden Tribut
zahlen**-^ So wie die Karawane an eine Station kommt, wird es durch einen
Kanonenschuss verkündigt, damit man die Zelte sogleich aufschlage, und Jeder
sich so gut als möglich einrichte, um der Ruhe zu pflegen. Da sie stets sehr
früh wieder aufbrechen muss, so wird sie durch einen Kanonenschuss wieder
geweckt. Eine Stunde ist ihr verstattet, um sich zu der Abreise fertig zu machen,
und diese wird wieder durch einen Kanonenschuss angezeigt. — Im Jahre 1841
belief sich die Zahl sämmtlicher Pilger an dem Berge Arafat auf 72,000 Seelen.
— Es ist nicht möglich, in der Türkei eine genaue Zählung zu erlangen. So
sollten im Jahre 1844 nicht mehr als 4000 Pilger von Damascus abgegangen
sein, und doch hatte der Sanitätsbeamte dieser Stadt 5695 Tezkere s fl- >•
eine Art Passkarte) ausgestellt. Aber auch diese Summe ist nicht massgebend,
da Viele sich von der Karawane trennen, ehe sie Damascus erreichen, kein einziger
Bewohner von Syrien dabei mit gezählt ist, und die Kurden keine Tez-
kere’s nehmen. So kann man mit Sicherheit annehmen, dass sie wenigstens
8000 Personen fasste.
24) zu S. 112. Der mehrerwähnte melchitische Priester, Anton Bulad, basilianischer
Mönch des Klosters des Erlösers tjajLssJf »Der el Muchallis“
bei Saida, jetzt Vikar daselbst, welcher viele Studien über seine Vaterstadt
Damascus und die christlichen Bewohner Syriens, namentlich die griechischen
Christen, gemacht hat, und dem ich nächst dem Dr. Lautour die meisten Nachrichten
über die Chi’isten von Damascus verdanke, hat mir eines seiner arabischen
Manuscripte zur Benutzung überlassen, aus welchem ich die folgenden
Notizen über die antiochenischen Patriarchen seit der muhammedanischen Eroberung
entnommen habe.
Als im Jahre 14 d. H., 635 n. Chr. G., unter dem Chalifen Omar die Araber
Damascus und Antiochien in Besitz genommen hatten, verstatteten sie den Patriarchen
nicht, ihren Stuhl dort einzunehmen, daher der damalige Patriarch
Theophanes, der 56. der Reihe nach, bis zu seinem im J. 686 n. Chr. G. erfolgten
Tode in Konstantinopel blieb, ebenso seine Nachfolger Alexander, Thomas und
Georgius II., mit dem Beinamen des Orthodoxen, welcher zu der Zeit des Con-
cilium Trull. lebte, und im J. 700 n. Chr. G. starb. Endlich kehrte der 60. Patriarch,
Stephanus III., mit Genehmigung des Chalifen Heschäm nach Antiochien
zurück, wo er im J. 744 n. Chr. starb. Auch seine Nachfolger wurden
von den Moslemen nicht verhindert, in Antakia zu wohnen.