
die Wüste, jenseits von Gog und Magog zu verscheuchen. — Chatschatur
ging darauf zu seinen Freunden zurück, wo er sich betrübt über den Erfolg
seines Wagestücks stellte. E r sagte ihnen, er habe sich ganz durch die
Bücher der Ungläubigen verunreinigt, und doch nicht seinen Zweck erreicht.
Denn er habe gehofft, hier die Handschrift Muhammeds zu finden, aber
ohne Zweifel haben diese die Engel nach dem Paradiese-getragen, was natürlich
seine Zuhörer bestätigten. Er verliess darauf Samarcänd, und begab
sich durch Persien, Syrien und Palästina nach Alexandrien, von wo er nach
Konstantinopel ging.“
Diese Erzählung findet sich in der französischenUebersetzung des armenischen
Geschichtschreibers Ëliséus, welche zu Paris 1844 erschien unter
dem Titel „Soulèvement national de l’Arménie Chrétienne au Ve siècle etc.
ouvrage écrit par Elisée Vartabed, traduit en français par M. l’abbé Grégoire
Kabaragy Garabed.“
In Ispahân bezweifelte man im Allgemeinen die Aussagen des Chatschatur,
und ein Molla aus Bockära, welcher uns besuchte, und selbst in Samar-
cänd gewesen war, versicherte mir zwar, dass die Bibliothek Timur’s noch
existire, der Eingang dazu aber vermauert sei.
Täglich erhielt auch Mr. Brühl Besuche von Juden, deren Gemëinde
in Ispahân gegen 100 Familien zählen soll. Sie werden weit mehr gedrückt
als die Armenier, denen es verstattet ist, auf Eseln, Maulthieren, und selbst
auf Pferden zu reiten. Nicht so den Juden, welche stets zu Fusse gehen
müssen, keine neuen Kleider tragen dürfen, und, namentlich von der jün-
gern muhammedanischen Bevölkerung, sehr maltraitirt werden. Sie wohnen
natürlich in einem abgesonderten Stadtviertel, tragen aber keine besondern
Abzeichen an ihren Kleidern, wie die von Jesd.
Nur Einmal, den 26. August, machte ich einen Spazierritt ausserhalb
der Stadt zu den „wankenden Minarets oder Thürmen“ Minarêi tschambân,
in Begleitung des jungen Armeniers, Stephan, 2ten Sohnes des englischen
Agenten Chodscha Petros Stephanos Aghanor, welcher sich uns sehr liebenswürdig
und dienstfertig zeigte. Wir ritten durch Dschulfa bis an die zweite
Brücke über den kleinen Fluss Ispahän’s. Hier endet Dschulfa, welches von
der durch Schah Abbas erbauten Brücke bis dahin sich erstreckt. Diese
Brücke ist ebenfalls von massiven Steinen erbaut, und hat ein niedriges Geländer
aus Backsteinen; aber nicht ein Schah, sondern ein reicher Armenier
des 17. Jahrhunderts hat sie auf seine Kosten aufführen lassen. Dann ging
der Weg im Zickzack zwischen vielen Gärten hin, wobei wir uns mehrmals
verirrten, so dass wir erst nach 11/2 Stunde zu dem-kleinen muhammedanischen
Dorfe Kaladün mit etwa 50 Häusern gelangten, zu welchem jene
Gärten gehören. Am Ende dieses Dorfes war das Ziel unsers Marsches.
Wir stiegen bei einer scheinbaren Moschee ab, traten ein, und fanden darin
ein Gewölbe, in dessen Hintergrund einem Altar ähnlich, so dass ich glaubte,
mich in einer christlichen Kapelle zu befinden, ein mit Lampen erleuchteter
marmorner Sarkophag stand; auf demselben war eine Inschrift aus dem
Qor’än, und an der Seite stand der Name: Abdullah ben Muhammed ben
Mahmud Asfelä (^JUut). Diess war das Grab eines muhammedanischen
Heiligen, und der Führer sagte uns, er sei einer von den 7 Baba’s (?) gewesen.
Wir stiegen dann eine schmale Treppe hinauf auf das Dach, an dessen
beiden Enden 2 oben abgebrochene Minarets sind. Auf jedes derselben stieg
ein Moslem, und sie bewegten die Minarets so stark, dass sie einen Ton von
sich gaben, und das ganze Gebäude zugleich mit erschüttert wurde.. Ich
stieg dann selbst die äusserst schmale Treppe hinauf, und oben angekommen
bewegte ein Moslem das andere Minaret von oben so stark, dass auch dieses
gewaltig hin und her wankte, und ich ihn aufzuhören bat, weil ich jeden
Augenblick den Umsturz beider befürchtete. — Man hat von oben eine
schöne Aussicht. Nur einige Tausend Schritt davon ist ein grösser Atesch-
gah auf der Spitze eines Felsen, darunter die Ruine eines Gebäudes;, und
dicht unter demselben eine einzeln stehende Säule. Auf der daranstossen-
den Felsenkette erblickt man auf dem Gipfel eines in der Mitte stehenden
Felsen die Ruine eines alten Schlosses, Tachti Rüstern genannt, südöstlich
von Dschulfa, und weiterhin in der Mitte eines Felsen, der den Vorsprung
bildet, ebenfalls ein Gebäude. Unterhalb dieser Felsenkette liegen die Ruinen
des die Länge von Ispahän enthaltenden Dorfes Ferhab, welches jetzt
ganz unbewohnt ist. Bei der Rückkehr schlugen wir einen ändern bessern
Weg ein, auf welchem wir nur etwa 1 Stunde brauchten. Auf dieser Tour
sahen wir eine ziemliche Anzahl von dicken, und, wie es scheint, zur Schutzwehr
erbauten Thürmen, welche aber nach der Versicherung Aller nur den
Zweck haben, den zahlreichen Tauben ein Asyl und Obdach zu gewähren.