
fortlaufende Gärten und Wälder von Dattelpalmen, welche durch die früher
erwähnten Schöpfanstalten bewässert werden. Man versicherte mir, dass
nur auf salzigem Boden diese Palme gedeihe, und Früchte bringe. Der
grösste Theil der Stadt liegt auf dem linken Ufer, ist mit einer hohen, aber
schon mehrfach defecten Mauer, wie mit einem tiefen, trocknen Graben umgeben
und hat nur 3 Thore, das östliche, mittlere und westliche. E r hat
viele schöne Moscheen, deren Kuppeln und namentlich Minarets mit buntfarbig
verglasten Ziegeln geschmückt sind. Unter diesen ist die des Abd ul
Qäder die berühmteste, zu welcher namentlich viele Moghrebiner wallfahrten.
Ursprünglich war Bagdäd nur an dem rechten Ufer erbaut, erst seit den
Barmekiden, und zwar seit Dschäfar, dem Vezier von Harun el Raschid,
welche auf dem linken zuerst Gärten anlegten, erstand dieser Stadttheil,
welcher- allmälig den ändern überflügelte. Man muss sich wundern, dass
aus der Zeit der abbasidischen Chalifen so wenig Ueberreste geblieben sind. *
Diess erklärt sich jedoch vollkommen aus der Bauart der Häuser, welche
gleich denen in Damascus fast durchgängig aus Lehmziegeln erbaut sind.
Steine sind in der ganzen Umgegend nicht zu finden, und selbst der Tigris
führt nur Schlamm mit sich, daher wahrscheinlich auch die Paläste von
gleich vergänglichem Material aufgeführt wurden, welche dem Zahne der
Zeit nicht zu trotzen vermochten. Das einzige bedeutendere Denkmal aus
jener Zeit ist das Grabmal der Sobeide, Gemalin von Harun al Raschid,
welches in Pyramidalform ausserhalb der Stadt am rechten Ufer des Tigris
noch zu sehen ist; aber auch dieses ist von Lehmziegeln erbaut. Von der
Sobeide fabelt man, dass sie ausser dem früher erwähnten Kanal auch eine
Mauer von Meschhed ’Aly bis Mecca, damit auch Blinde den Weg dahin
finden könnten, habe erbauen, und von Strecke zu Strecke Brunnen graben
lassen, welche theilweise von den Beduinen verschüttet sein, theilweise aber
noch existiren sollen.
Bagdäd ist in verschiedene Stadtviertel getheilt, deren 18 von sehr ungleicher
Grösse — eines umfasst an 2000, ein‘anderes nur 50 Häuser —-
durch Nedschib Pascha dem Stadttheil am linken Ufer des Tigris zuertheilt
sind. In jedem Stadtviertel, Mahalle genannt, ist ein Imäm und 2 Muchtär.
Reschid Pascha, der damalige Gouverneur dieses grössten aller Paschalik’s,
versicherte mir, dass die Häuserzahl, von denen ein grösser Theil innerhalb
der Mauern in Ruinen liegt, 9000, die Zahl der Einwohner aber nicht über
36,000 betrage, da man auf jedes Haus nicht mehr als 4 Bewohner rechnendürfe.
E r meinte, eine ganz genaue Berechnung davon geben zu können,
weil er in dem vorhergehenden Jahre zum Behufe einer Steuer eine Zählung
hatte veranstalten lassen, bedachte aber nicht, dass die damit beauftragten
Beamten vielfach bestochen worden waren, und einen viel zu geringen
Anschlag gemacht hatten. Der gewöhnlichen Annahme zufolge beträgt
die Bevölkerung der Stadt an 6 0 - 8 0 ,0 0 0 .Seelen, von denen die Meisten
Muhammedaner und zwar Sunniten, aber auch viele Schiiten sind.*) Bei
Weitem geringer ist die Zahl der Christen und Juden. Die ältesten jüdischen
Familien stammen aus Ana am Euphrat. Von Erstem sind nach
glaubhafter Angabe 8 griechisch-katholische Familien ohne eigne, Kirche,
30 armenisch-katholische, 80 armenische alten Glaubens, 60 syrisch- (jakobitisch)
katholische, und 120 chaldäische; die Zahl der Juden wird auf
1300 Familien angeschlagen, von denen 2300 den Charädsch (die Kopfsteuer)
zahlen. Die älteste christliche Kirche ist die chaldäische, da Bagdäd
lange Zeit der Sitz des Patriarchen der Nestorianer war, aus denen die
Chaldäer hervorgegangen sind; aber es ist kein Datum vorhanden, aus dem
man ihr Alter ersehen könnte. An dieser Kirche sind 3 Priester. Armenier
sind erst seit 200 Jahren in Bagdäd, und stammen wahrscheinlich von denen
ab, welche Schah Abbas der Grosse nach Persien verpflanzte. Denn sie sind
aus Dschulfa undHamadän, einige Wenige aber auch aus Diarbdkir gekommen.
Sie haben 2 Kirchen, eine ältere, und eine neuere, grössere. An der
Stelle der letztem stand früher das Haus der englischen Missionare* welche
es an die armenische Gemeinde verkauften; und diese erlangte durch den
armenischen Patriarchen von Konstantinopel unter Mitwirkung des englischen
Gesandten Lord Redcliffe einen Fermän zum Bau einer Kirche um
das J ah r 1838. Für beide Kirchen sind nur 1 Wardapet und 2 verheira-
thete Priester angestellt. Am Epiphaniasfeste, den 18. Januar sie rechnen
nach dem alten Stil -gewohnte ich in der neuen Kirche dem Gottesdienste
bei, an welchem sie die Geburt Jesu nach ihrer ursprünglichen
Gewohnheit zugleich mit feierten. Die katholischen Armenier haben nur
eine Kapelle und 1 Priester. In Bagdäd haben alle katholischen Christen
den gregorianischen Kalender angenommen, in ihren Kirchenbüchern rechnen
aber alle Orientalen nach der seleucidischen Aera, nur im gemeinen
Leben nach Jahren Christi.
*) F rü h e r muss Bagdäd viel g rö sse r gewesen sein, da b e i der E ro b e ru n g durch
Hulagu Chsui an 700,000 E inwohner g e tö d te t worden sein sollen.